Rivalen der Liebe
dachte darüber nach, auf der Stelle wegzulaufen. Die fragliche Frau jedoch drückte seine Hand, als könne sie seine Gedanken lesen. Verflixt, so wie er sie kannte, vermochte sie das vielleicht sogar.
Edward hatte immer geschworen, er werde niemals heiraten. Das Leben eines Mannes gehört allein ihm , das waren seine Worte gewesen, ehe er sich bei der Armee freiwillig gemeldet hatte, nach Frankreich einschiffte und in der Schlacht starb. Daraus folgte logischerweise, dass ein Mann sein Leben nicht länger im Griff hatte, wenn er es mit einer Frau und der Kinderbrut teilen musste. Dieser Augenblick war das Ende seiner unendlichen Möglichkeiten.
Einer der Gäste hüstelte laut. Brandon, der als sein Trauzeuge gekommen war, versetzte ihm mit dem Ellenbogen einen Stoß in den Rücken. Julianna hingegen schien ernsthaft darüber nachzudenken, ihm gegen das Schienbein zu treten.
Zum zweiten Mal fragte der Pfarrer: »Nimmst du diese Frau zu dem dir vor dem Gesetz und Gott anvertrauten Eheweib?«
Kapitel 31
Letztlich schaffte Roxbury es doch zu sagen: »Ja, ich will.«
Er überstand außerdem irgendwie den Hochzeitsempfang, den seine Eltern ausrichteten. Die Trinksprüche waren einfach nur peinlich, und Braut und Bräutigam gaben sich große Mühe, zivilisiert miteinander umzugehen. Julianna zeigte für seinen Geschmack ein allzu großes Interesse an dem Familienporträt, auf dem auch Edward abgebildet war. Es war ihm klar, dass er sich später ihren Fragen würde stellen müssen, auf die er nicht antworten wollte.
Es schenkte ihm auch ein gewisses Maß an Befriedigung, dass seine ach so anständigen und ehrenwerten Eltern die vier skandalösesten Frauen in ganz London zu Gast hatten und eine von ihnen sogar ihre zukünftige Schwiegertochter war.
Dass außerdem Derek Knightly, ein bürgerlich geborener Mann, der sich irgendwie hochgearbeitet hatte, zu den Gästen zählte, verbuchte er ebenfalls als einen kleinen Triumph, wenngleich ihre letzte Begegnung auf einem Duellfeld stattgefunden hatte und Knightlys Arm immer noch in einer Schlinge steckte. Unter seinem Jackett war auch Roxburys Arm noch verbunden. Insofern passten sie eigentlich ganz gut zusammen.
Seine Eltern gaben sich überaus höflich. Seine Mutter nahm die Frauen zum Tee mit, und sein Vater rauchte mit den Herren eine Zigarre.
Roxbury hatte sich bei seiner Eheschließung ihrem Willen und Zeitplan gebeugt (und er hätte auch keinen Tag länger warten dürfen), aber er hatte es nach seinen eigenen Bedingungen getan – und diese Bedingungen sahen vor, dass er einen ziemlich verzweifelten Handel mit seiner teuflischen Braut einging.
Seine junge Braut dazu zu bringen, sich seinen Bedingungen zu unterwerfen, würde noch ein ganz anderer Kampf werden.
Nach einem langen Tag und nachdem sich alle von ihnen verabschiedet hatten, stiegen sie endlich in die Kutsche und machten sich auf den Heimweg. Julianna strich über den Seidenrock und löste die Schleifenbänder ihrer Haube.
Er wünschte, sie würde das Ding endlich absetzen. Er wollte ihr Gesicht ohne den Schleier betrachten, und er wollte ihre üppigen, kastanienroten Haare lieber sehen als diese blöde Haube. Er wollte die ganze Julianna nackt, bloß und ohne einen Fetzen Stoff am Leib sehen.
»Zum Bloomsbury Place. Nummer 24«, sagte sie dem Kutscher. Peter schaute Simon misstrauisch an. Er wusste schließlich, wer seinen Lohn bezahlte. Aber er wusste auch, dass diese Lady durchaus in der Lage war, eine Waffe zu führen, und zwar mit einer geradezu beängstigenden Zielgenauigkeit.
»Es geht nach Hause, Peter. In die Bruton Street«, bestätigte Simon.
»Was meint Ihr damit, nach Hause?«, erkundigte sich Julianna.
»Wir fahren in unser neues Zuhause, Lady Roxbury. Das befindet sich in der Bruton Street Nummer 28.«
»Aber das kann ich nicht. Ich benötige meine Sachen.«
»Euer Dienstmädchen hat bereits alles gepackt und Eure Sachen während der Hochzeit und dem anschließenden Empfang in unser neues Heim gebracht«, antwortete er gleichmütig. Er hatte diese Gespräch schon lange vorausgesehen. Während sie sich ganz darauf konzentriert hatte, den kompliziertesten, vorteilhaftesten und großzügigsten Ehevertrag auszuhandeln, den je ein Anwalt ausformuliert hatte, war er damit beschäftigt gewesen, alle Vorbereitungen zu treffen, damit sie ihn auch wirklich heiratete.
Er hatte daher Pläne geschmiedet, damit sie zu ihm in sein schrill buntes Junggesellenheim zog. Denn wenn dieses
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