Rivalen der Liebe
die leckeren Brötchen aus der Bäckerei und Vollkornbrot zum Frühstück, vielleicht auch eine Flasche Riesling. Sie musste ihr gewohntes Leben weiterleben. Sie musste stark sein. Und dass sie stark sein konnte, hatte sie bereits nach ihrer Ehe mit Martyn bewiesen.
Wieder tauchte Brods Bild vor ihrem geistigen Auge auf, und der Kummer überwältigte sie.
Ally gab Gas, und ihr kleiner Sportwagen beschleunigte. Sie hatte fast einen Monat lang im Norden von Queensland gedreht, und als sie nach Hause gekommen war, hatten viele Nachrichten auf sie gewartet. Fee hatte sie um Rückruf gebeten, und sie hatte sich sofort bei ihr gemeldet und von den dramatischen Ereignissen auf Kimbara erfahren.
“Du machst Witze. Rebecca war mal verheiratet?” Sie, Ally, war schockiert und auch ein wenig wütend gewesen. “Warum hat sie es uns nicht erzählt? Was ist schon dabei?”
“Für Rebecca war es offenbar schwer”, hatte Fee trocken erwidert. “Brod leidet sehr darunter. Er liebt sie wirklich.”
“Sie kann ihn jedenfalls nicht lieben, wenn sie sich ihm nicht anvertrauen kann”, erklärte Ally scharf und fügte dann versöhnlicher hinzu: “Aber es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen. Schließlich habe ich mein Leben auch nicht im Griff.”
“Meinst du, du könntest Rebecca mal besuchen, mein Schatz?”, erkundigte Fee sich hoffnungsvoll. “Ich kann dir ihre Adresse geben.”
“Die habe ich.” Geistesabwesend blätterte Ally in ihrem Adressbuch. “Brod hat sich bestimmt sehr zurückgezogen, oder?”
“Du kennst ihn doch. Du kennst doch die Männer.”
“Nicht so viele wie du, liebste Fee.”
“Wie gemein von dir!”, rief Fee mit einem amüsierten Unterton. “Ich habe den Eindruck, dass Rebecca immer noch etwas verschweigt.”
“Über ihren Mann.”
“Ihren
Exmann
, mein Schatz. Im Gefängnis kann er jedenfalls nicht gesessen haben. Er arbeitet für Barry. Nein, das stimmt gar nicht. Er arbeitet nicht mehr für ihn. Ich glaube, Brod hat etwas damit zu tun.”
“Hast du mal überlegt, ob Rebecca vielleicht Gewalt in der Ehe erfahren hat?”
“Wer würde einer so schönen und zarten Kreatur wie Rebecca wehtun?”, hatte Fee entsetzt gefragt.
“Genau das werde ich herausfinden.”
Als Ally das Apartmenthaus erreichte, in dem Rebecca wohnte, ließ sie den Blick über die Namensschilder am hell erleuchteten Eingang schweifen. Hunt, R. Dritter Stock. Apartment Nr. 20. Ally drückte auf die Klingel. Niemand antwortete. Sie hätte Rebecca vorher anrufen sollen, aber sie wollte sie überraschen. Sie hatte sie vom ersten Augenblick an gemocht und sich darüber gefreut, dass ihr geliebter Bruder sich endlich verliebt hatte. Nun wollte sie ergründen, warum die beiden nicht zueinander kommen konnten. War Rebecca so voller Geheimnisse? Eine Frau, in die man sich besser nicht verliebte? Alles war möglich.
Ally warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und wollte gerade zu ihrem Wagen zurückkehren, als sie Rebecca die Straße entlangkommen sah, in jeder Hand eine Einkaufstüte. Sie war so elegant wie immer, wirkte jedoch sehr zerbrechlich.
“Rebecca!”, rief Ally fröhlich und winkte ihr zu. Dann eilte sie ihr entgegen, um ihr beim Tragen zu helfen.
Rebecca blieb stehen. Sie freute sich so darüber, Ally zu sehen. “Ich dachte, du steckst gerade mitten in den Dreharbeiten.” Vor ihrer Abreise hatten sie beschlossen, sich zu duzen.
“Das ist vorbei.” Ally lächelte strahlend. “Komm, gib mir eine Tüte.”
“Ist alles in Ordnung?” Rebecca war plötzlich ganz blass.
“Du meine Güte, ich habe dir einen Schreck eingejagt!”, erwiderte Ally. “Nein, es ist alles in Ordnung, aber ich muss mit dir reden. Was hältst du davon, wenn wir die Tüten nach oben bringen und dann irgendwo essen? Hier in der Gegend gibt es bestimmt Dutzende von Restaurants.”
“Ich kann uns doch etwas zu essen machen”, erbot sich Rebecca. “Ich habe Hähnchen, Räucherlachs und Salatzutaten gekauft. Sogar frische Brötchen und eine Flasche Wein.”
“Prima!”, stimmte Ally fröhlich zu. “Ich habe seit heute Morgen nichts mehr gegessen.”
Rebecca genoss Allys Gesellschaft. So gut war es ihr schon lange nicht mehr gegangen. Ally ermunterte sie, mehr zu essen. “Du hast ganz schön abgenommen”, bemerkte sie.
“Und was ist mit dir?”, konterte Rebecca lächelnd.
“Ich esse genug …” Ally füllte sich noch einmal Salat nach. “… aber ich stehe ständig unter Strom. Was macht eigentlich das
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