Rivalin der Götter erbin3
die weitläufige, gepfasterte Plaza, die zu dem Gebäude führte, und bemerkte, dass ich nicht der einzige Fremde war. Gruppen von Menschen liefen hier herum: Einige waren Einheimische, andere trugen ausgefallene Kleidung aus ihren Heimatländern. Diplomaten vielleicht … ah ja, sie waren gekommen, um die neue Macht der Region zu umgarnen und die Frau, die bald die Zügel in der Hand hielt, zu ergründen. Vielleicht waren sie sogar angereist, um die Möglichkeiten einer Allianz zu erkunden
– ganz diskret natürlich. Darr war immer noch sehr klein, und die Arameri waren immer noch die Arameri. Doch es war niemandem entgangen, dass sich die Welt veränderte, und hier lag eins der Epizentren der Verwandlung.
Das Glück war auf meiner Seite, als ich mich den Toren näherte. Die Wachen waren Männer. Zweifellos deswegen, weil viele der Fremden aus Ländern stammten, in denen Männer das Sagen hatten. Es handelte sich um unausgesprochene Diplomatie, damit die Besucher sich wohler fühlten. Doch in Darr wurden nur Männer Wachen, die nicht gutaussehend genug waren, um eine gute Partie zu machen, oder die nicht intelligent genug waren, um einem respektierten Beruf, wie beispielsweise Jäger oder Förster, nachzugehen. Aus diesem Grund entging den beiden, die die Tore Raringas bewachten, das, was klügere Männer wohl bemerkt hätten: mein temanisches Gesicht bei gleichzeitigem Fehlen der temanischen Haarstruktur sowie die Tatsache, dass ich schlichte Kleidung trug. Sie musterten mich einfach nur, um sicherzugehen, dass ich keine Wafen trug, und nickten mich dann weiter.
Sterbliche bemerken Aufälliges, also verhielt ich mich einfach unaufällig. Es war leicht, meinen Gang und meine Haltung an andere Fremde, die zu diesem oder jenem Trefen eilten, anzupassen. Oder an die Hilfskräfte, die sich durch die gewölbte Haupttüre der Raringa bewegten. Der Ort war nicht groß und ofensichtlich zu der Zeit entworfen worden, als Darr noch eine einfache Gesellschaft war. Damals konnten die Leute einfach ein- und ausgehen und sich mit ihren Anführern unterhalten. Ich fand den Hauptsaal des Rates hinter der größten Türe. Dann fand ich heraus, welche der Frauen auf der Ratsempore Usein Darr war: Allein ihre Anwesenheit genügte, um fast das ganze Gebäude zu erfüllen.
Sie war nicht unbedingt eine große Frau, auch nicht nach den Maßstäben der Darre. Sie saß im Schneidersitz auf einem niedrigen, schlichten Diwan von mir aus gesehen am anderen Ende des
Ratszirkels. Ihr Kopf schwebte über allen anderen Mitgliedern, da diese in sich zusammengesunken saßen oder sich in Kissen zurückgelehnt hatten. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätten ihre großen Gestalten sie verdeckt. Einige Fuß langes, geradezu herausfordernd glattes Haar umspielte ihre Schultern. Es war nachtschwarz. Ein Teil ihres Haars war um ihren Kopf herum in aufwändig gefochtene und geschlungene Zöpfe gelegt; der Rest hing ofen herunter. Ihr Gesicht war wie eine erdbraune Hochebene, die von Gletschern durchzogen war: einfach wunderschön, auch wenn kein Amn das jemals zugeben würde. Außerdem wirkte es stark, was sie auch für die Darre schön erscheinen ließ.
Auf der Ratsempore standen einige geschnitzte Bänke, auf denen es sich die Zuschauer während der Beratungen bequem machen konnten. Eine Handvoll Zuschauer, hauptsächlich Darre, saßen dort.
Ich wählte eine freie Bank, setzte mich hin und beobachtete alles eine Zeit lang. Usein sagte wenig und nickte nur ab und zu, während die Mitglieder des Rates der Reihe nach sprachen. Useins Hände lagen auf den Knien; die Ellenbogen waren nach außen gedreht. Zuerst dachte ich, das sei eine übermäßig aggressive Haltung, bis ich viel zu spät die Rundung ihres Bauchs über den gekreuzten Beinen bemerkte: Sie war hochschwanger.
Die Angelegenheit, über die Usein und ihre Ratsmitglieder so intensiv diskutierten, drehte sich darum, ob man einen Teil des Waldes roden sollte, um dort Kafee anzubauen. Spannend. Schnell wurde mir langweilig. Ich glaube, es war doch sehr vermessen gewesen zu glauben, dass sie in aller Öfentlichkeit über ihre Kriegspläne berieten. Da ich immer noch müde war und auch noch einen leichten Kater hatte, schlief ich ein.
Jemand schüttelte mich nach einer Weile und holte mich aus einem nebulösen Traum, in dem der überquellende Bauch einer Frau die Hauptrolle spielte. Als ich die Augen öfnete und einen Bauch vor mir sah, dachte ich natürlich, ich träumte immer noch,
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