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Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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ich nicht. Wenn Mutter das will …« Sie biss sich auf die Unterlippe und schaute weg. »Wir haben noch nie unsere Söhne oder Töchter zum Heiraten verkauft, Si’eh. Wir mussten das nicht, weil wir keinen Nutzen daraus ziehen konnten. Wir brauchten keine Bündnisse oder Geld oder Land. Aber jetzt … Ich glaube … Ich denke, Mutter begreift, dass die Temaner eine Schlüsselrolle spielen könnten, wenn man sich die zunehmende
Unruhe in Hochnord vor Augen hält. Ich glaube, deswegen hat sie mich die Sache mit Lady Hynno übernehmen lassen. Sie stellt mich auf den Präsentierteller.«
    Plötzlich sah sie zu mir auf. Ihr Ausdruck zeigte eine Grausamkeit, die mich wie ein Schlag traf. Wieso?
    »Ich will Mutters Nachfolge antreten, Si’eh«, sagte sie. »Ich will nach ihr Familienoberhaupt sein. Nicht nur, weil ich Macht will; ich weiß um das Böse, das unsere Familie angerichtet hat –  was sie dir und der Welt angetan hat. Doch wir haben auch Gutes getan, viel Gutes, und ich will, dass das unser Vermächtnis wird. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um das zu erreichen.«
    Sprachlos starrte ich sie an. Und traurig. Denn das, was sie wollte, war unmöglich. Ihr Kindheitsversprechen, sowohl eine gute Person als auch eine Arameri zu sein, mit der Macht ihrer Familie die Welt zu einem besseren Ort zu machen –  es war in höchstem Maße naiv. Ich hatte schon andere wie sie gesehen. Einige. Jede Handvoll Generationen kam einer in Itempas’ auserwählter Familie vor. Sie waren immer die hellsten Lichter, die wunderbarsten Seelen des schmierigen Haufens. Sie waren es, die ich nicht hassen konnte, weil sie etwas Besonderes waren.
    Doch sobald sie die Macht übernommen hatten, blieb nicht viel davon übrig. Sie zogen durchs Leben wie Sternschnuppen über den Himmel –  hell scheinend, aber füchtig. Die Macht tötete die Herrlichkeit, dämpfte das Besondere zu Verzweiflung. Es tat so weh, ihre Hofnungen sterben zu sehen.
    Ich konnte nichts sagen. Wenn ich ihr meine Trauer zeigte, würde der Prozess vorzeitig beginnen. Also seufzte ich und drehte mich auf die Seite. Ich gab vor, gelangweilt zu sein. Dabei versuchte ich nur mit aller Kraft, nicht zu weinen.
    Ihre Frustration loderte wie ein angezündetes Streichholz auf. Sie begab sich auf alle viere und kroch zu mir. Dann stemmte sie die Arme beidseits meines Körpers auf, damit sie mir ins Gesicht
sehen konnte. »Hilf mir, verdammt nochmal! Du bist doch angeblich mein Freund!«
    Ich unterdrückte ein Gähnen. »Was soll ich deiner Meinung nach denn tun? Dir sagen, dass du einen Mann heiraten sollst, den du nicht liebst? Dir sagen, dass du ihn nicht heiraten sollst? Das ist keine Gutenachtgeschichte, Shahar. Menschen heiraten ständig andere Menschen, die sie nicht lieben, und es ist nicht immer schrecklich. Er ist bereits dein Freund –  du könntest es also schlimmer trefen. Und wenn es etwas ist, das deine Mutter will, hast du sowieso keine andere Wahl.«
    Ihre Hand, die sich vor mir in die Decken gegraben hatte, zitterte. Meine Sinne pulsierten aufgrund ihrer widerstreitenden Sehnsüchte. Das Kind in ihr wollte seinen Kopf durchsetzen und sich an unmögliche Hofnungen klammern. Die Frau in ihr wollte Entscheidungen trefen und Erfolg haben, auch wenn das Opfer bedeutete. Die Frau würde gewinnen, das war unvermeidlich. Doch das Kind würde nicht klein beigeben.
    Mit der gleichen zitternden Hand berührte sie meine Schulter und schubste mich, bis ich meinen Körper umdrehte und sie ansah. Dann beugte sie sich herunter und küsste mich.
    Ich ließ es zu; mehr aus Neugierde als aus anderen Beweggründen. Diesmal war der Kuss ungeschickt und dauerte nicht lange. Sie war seitlich an meinem Mund und bedeckte hauptsächlich die Unterlippe. Ich wollte mich nicht mit ihr teilen. Sie setzte sich stirnrunzelnd auf.
    »Geht es dir jetzt besser?«, fragte ich. Ich wollte das wirklich wissen. Shahar sah zerknirscht aus. Sie drehte sich weg und legte sich mit mir zugewandtem Rücken hinter mich. Ich spürte, wie sie mit den Tränen kämpfte.
    Verstört und besorgt, ob ich sie irgendwie verletzt hätte, wandte ich mich ihr zu und setzte mich auf. »Was genau willst du?«
    »Dass meine Mutter mich liebt. Meinen Bruder zurück. Dass die Welt uns nicht hasst. Alles.«

    Ich dachte darüber nach. »Soll ich ihn für dich holen? Deka?«
    Sie spannte sich an und drehte sich um. »Könntest du das tun?«
    »Nun ja, genau weiß ich es nicht.« Ich konnte meine Form

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