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Riven Rock

Riven Rock

Titel: Riven Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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einem Händedruck und einer witzigen Bemerkung.
    Er erreichte Dolores am Buffet, auf dem sich die guten Sachen aus Diehls Feinkostladen nur so türmten, und zwei von Diehls besten Leuten standen schick herausgeputzt hinter dem Tisch, um sie zu servieren. Sie hatte bereits einen Jack-Rose-Cocktail in der Hand, um die sich ein langer schwarzer Samthandschuh schmiegte wie eine zweite Haut, und sie lachte über etwas, was eines der schnurrbärtigen kleinen Wiesel gesagt hatte, dabei warf sie den Kopf zurück und legte die feingeäderte, küssenswerte weiße Kehle für jedermann frei. Es war drei Tage her, daß er sie auf die Art kennengelernt hatte, die am meisten galt, die Art, die zählte, und seither hatte er nichts mehr von ihr gesehen oder gehört – ihre Telephonnummer wußte er nicht, und er hatte kein Auto, um zu ihrem Haus zu fahren und herumzuschnüffeln. Aber das war ihm egal. Was er ihr gegenüber empfand, war keineswegs Liebe, nur ein gesunder, kräftiger Appetit auf einen Nachschlag, und allzu erpicht wollte er auch nicht erscheinen. Lässig, das war seine Art, lässig und locker.
    Trotzdem, als er jetzt zusah, wie sie lachte und der Kerl ihre Hand ergriff, um seinen Witz noch zu unterstreichen – was war daran bloß so lustig? –, stellten sich ihm unwillkürlich die Nackenhaare auf, obwohl er wußte, er sollte es lassen, dies war absolut nicht der richtige Ort dafür, und er hatte nicht mehr Anrecht auf sie als ein halbes Dutzend anderer Burschen, zu denen nicht zuletzt auch ihr Mann gehörte. »Dolores«, sagte er mit leicht belegter Stimme, »wie ich sehe, hast du es auch zu unserer kleinen Feier geschafft.«
    Das Gesicht, das sie ihm zuwandte, war wie eine Maske. In seiner Hand pulsierte es. Würde sie ihn schneiden, einfach so? War die Gesellschaft zu begütert für ihn? War er gut genug im Bett für sie, aber nicht hier unter all den feinen Pinkeln und Kapitalisten? »Eddie«, sagte sie leise und kehlig, beinahe tonlos, »wie nett, dich wiederzusehen.«
    Er legte mit einer kleinen Rede über Mr. McCormick los, daß dieser leider indisponiert sei und bedauerlicherweise nicht zu seiner eigenen Party kommen könne. Er betonte seine Rolle als Mr. McCormicks Vertrauter und plusterte sich auf, als wäre er selbst der Gastgeber, dem all dies gehörte, bis ihn der schnurrbärtige Kerl unterbrach. »Sind Sie ein Freund von Stanley?« fragte er. »Ich kenne ihn noch aus Princeton.«
    »Also, ich...« stammelte O’Kane und spürte, wie er im Boden versank, ins Trudeln kam, den Grund unter den Füßen verlor, was hatte er sich bloß dabei gedacht?
    Dolores rettete ihn. »Meine Güte, Eddie!« rief sie in die Pause hinein. »Was ist mit deiner Hand passiert?«
    Dankbar hielt er sie in die Höhe, der weiße Wickelverband wurde plötzlich zum Mittelpunkt der ganzen Party, und erfand eine komplizierte Geschichte, wonach er Mr. McCormick vor einem wahnsinnigen Avocadobauern hatte schützen müssen, der ihnen bei einer Spazierfahrt die Überquerung seines Grundstücks verweigern wollte, dabei fuchtelte er dem Schnurrbart mit der Hand im Gesicht herum, wie um ihn zum Widerspruch herauszufordern. Und er fühlte sich auf einmal hervorragend, es kümmerte ihn nicht, was der Kerl dachte, wer er war oder wieviel Geld er besaß: Dolores war auf seiner Seite, was wohl heißen mußte, daß auch sie einen Nachschlag wollte. Und zwar von ihm, dem gutaussehenden Eddie O’Kane, nicht von dieser halben Portion mit dem Bleistiftbärtchen und dem schicken Anzug.
    »Was für ein Jammer«, sagte sie, »das mit deiner Hand, meine ich.« Und dann stellte sie den Mann mit dem Schnurrbart vor: »Das ist mein Schwager, Jim – Toms Bruder. Er ist eine Woche bei uns zu Besuch, und er kommt gerade zurück aus Italien, wo er Tom getroffen hat...«
    Und schon wechselte die Unterhaltung zu den Neuigkeiten vom Krieg in Europa und all den amerikanischen Freiwilligen dort drüben, jemand bemerkte, daß die USA sicherlich über kurz oder lang auch mit hineingezogen würden, und O’Kane, den das Thema langweilte, entschuldigte sich und ging sein Glas nachfüllen, da er meinte, Dolores werde ihn schon finden, wenn sie wollte. Mart stand immer noch an der Bar, er debattierte mit einem älteren Mann, dem die Backen zu beiden Seiten der Nase herunterhingen wie rote Wärmflaschen, über die Red Sox. »Dieser Ruth ist ein verteufelt guter Werfer«, sagte der Alte gerade und hob ein Glas an die Lippen, »und wenn Leonard und Mays ihre Form halten,

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