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Riven Rock

Riven Rock

Titel: Riven Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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die Krawatte band und langsam ernsthaft ans Frühstück dachte, an Sam Wahs Haferkuchen und drei Spiegeleier, in Butter gebraten und mit einer Scheibe Schinken, dazu das frischgebackene Brot, das er bereits riechen konnte, und dann fiel sein Blick auf den Brief auf dem Schreibtisch. Er war von Rosaleen, vor zwei Tagen gekommen, und obwohl er ihn schon sechsmal gelesen hatte, konnte er in seiner augenblicklichen Geistesverfassung nicht umhin, ihn aufzuheben. Und sobald er ihn in der Hand hatte, entfaltete er ihn beinahe unwillkürlich und strich ihn auf der kühlen Marmorplatte glatt:
    Liber Eddie:
    Die Sone schaint ich hab für Eddie Junjor ein neues paar kurtze Hosen gekauft Vielen dank für das Geld. Er is so süs und ich will jede nacht das du mir dein Ding reinschtekst ich bin wie eine frau die fahungat und fon irngwo weet der geruch von gebratnen schpek durch die luft und desweegen bitte Eddie schik uns bald die farkarten weil Mildred Tompsn und Ernestine sind schon seit zwei wochen weg mit ihren Jungs und ich fermis Dich so.
    In Libe & Lust
Deine Rosaleen
    Er hörte ihre Stimme und sah sie vor sich, in einer zuckenden Serie von Posen, größtenteils sexuellen, so wacklig und vergänglich wie eines von Edisons bewegten Bildern, und er wurde weich. Dann aber sah er nochmals auf ihre ungelenke, nach hinten kippende Krakelschrift und diese Rechtschreibung, die nie über die dritte Klasse hinausgekommen war, und er fragte sich, was in ihn gefahren war, sie je zu heiraten. Als sie ihm damals im September sagte, sie sei schwanger, sie kamen gerade Hand in Hand von »Brophy’s Bar & Grill« nach Hause, der Himmel hing voller Sterne und ihre Lippen waren prall wie Schwämme und so süß, als leckte er den Deckel eines Honigglases ab, da hätte er abhauen sollen, ohne sich umzusehen, nach Alaska, Sibirien, sonstwohin. Aber er tat es nicht. Er heiratete sie. Stand vor dem Altar und schwor vor Gott und Pater Daugherty, für den Rest seines Lebens bei ihr zu bleiben. Ja. Aber jetzt war sie in Waverley, daheim im Schoß ihrer Familie, bei ihren Eltern und ihren glotzäugigen Halbidioten von Brüdern, und er war hier, in Kalifornien, ohne irgendeine Sorge auf der Welt. Was konnte man dem entgegenhalten?
    Mart war im Eßzimmer, saß über den Teller gebeugt und kaute mit hirnloser Unentwegtheit, als O’Kane zum Frühstück hereinkam. Der Doktor und Mrs. Hamilton waren noch nicht auf. Sie wohnten mit ihrem plärrenden Baby in einem der Gästeräume im Ostflügel, bis sie ein passendes Haus in der Gegend gefunden hätten. Die Dienstboten aßen in der Dienstbotenküche hinten im Haus, und Mr. McCormick wurde von seinen Pflegern mit einem Schlauch gefüttert, um Punkt neun Uhr. Deshalb war an diesem Morgen, an dem die Sonne fahl, weiß und geradezu gespenstisch in einem Äther von Dunst hing, der jeden Hintergrund verschwimmen ließ, so daß das Haus ebensogut ein Schiff auf hoher See sein konnte, Mart mit O’Kane allein beim Frühstück. »Schönen guten Morgen, Mart«, krähte Ound klappte den Deckel der Servierschale auf, umschwirrt vom Hausmädchen, einer geschlechtslosen Jungfer von Mitte Dreißig namens Elsie Reardon, mit einem großen Krug voll frisch gepreßtem Orangensaft in der einen Hand und einer funklenden Silberkanne mit Kaffee in der anderen.
    Martin knurrte eine Antwort. Er hatte sich das Haar gewaschen, das er nach vorn kämmte, um die riesige schimmernde Fläche seiner Stirn zu vertuschen, und die nassen Haarsträhnen sahen aus wie auf eine Glühbirne gepappte Holzwolle. An seinem Kinn klebte Ei.
    »Ich weiß nicht, wie du das aushältst«, seufzte O’Kane und sank auf den Stuhl neben ihm nieder. »Ich meine, ohne Frau hier draußen in dieser Einöde, wo deine Brüder jeden Abend mit ihrer Alten ins Bett hüpfen, sogar Dr. Hamilton hat seine Frau dabei... und die Itaker, die vögeln da draußen in ihren Hütten wie die Karnickel. Ich halt das nicht mehr aus. Ich werd noch verrückt hier.«
    Mart wirkte interessiert. Er legte die Gabel weg und tupfte sich das Kinn mit der Serviette ab. Elsie goß mit entrüsteter Miene Kaffee ein und stampfte dann aus dem Zimmer. »Was ist denn mit Rose?«
    O’Kane winkte ab. »Ich meine heute, jetzt, diese Nacht. Ich bin dran gewöhnt, es besorgt zu kriegen, verstehst du? Aber klar, mit wem rede ich denn hier – du hast ja wahrscheinlich noch nie im Leben ordentlich gebumst, oder?«
    Mart protestierte, aber nur sehr matt, und O’Kane wußte, daß er ins Schwarze getroffen

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