Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
über Jesu Worte zu Tode erschrocken. Du weißt, was ich meine: … und ein Feuer wird aus den Steinen hervorkommen und euch verbrennen. “
„Du glaubst also, diese indische Schrift könnte noch immer dort oben sein?“
Wieder zuckte Simon mit den Schultern.
„Heute wohl nicht mehr. Der Papst hat den Abriss der Burg verlangt. Sie haben alles gründlich durchsucht. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist sie tatsächlich Rom in die Hände gefallen.“
„Und was geschah mit den beiden anderen Pergamenten?“
„Lass dir sagen, Schwester, dass unsere Familie seit Jahrzehnten mit dem Schutz katharischer Schriften betraut ist. Schon der Großvater hat sie gehütet und dann unser Oheim Guillaume. Wenige Tage vor der Kapitulation des Montségur hat man unserem Vater die persischen Worte anvertraut, er hat die Hülse hierher in diese Höhle gebracht, und vor seinem Tod hat er mich zum Hüter bestimmt.“
„Und das andere Schriftstück, das ägyptische?“
„Ein weiterer parfait , der mit Vater vom Montségur abgeseilt worden war, hat es nach Damaskus in Sicherheit gebracht. Die Inquisition war dem Mann auf der Spur, und er hatte Hals über Kopf das Land verlassen müssen. Dort liegt es in einer ähnlichen Goldhülse neben einem Brunnen vergraben.“
In Damaskus! Sofort hatte Rixende Ibrahim vor Augen, den Sammler seltener Kostbarkeiten.
Simon seufzte. „Nun ja, mit der Zeit reift das Korn. Solange sich die Indien-Schrift in Rom befindet, ist es besser wenn auch die beiden anderen Dokumente an unterschiedlichen Orten aufbewahrt werden.“
„Aber warum? Wenn die Möglichkeit besteht, durch die Zusammenführung der drei geheimnisvollen Worte die Wahrheit herauszufinden, die den Menschen den Weg zum ewigen Leben weist, warum fügt man sie dann nicht zusammen? So schrecklich können Jesu Worte doch nicht gewesen sein!“
„Das kann ich dir erklären. Rom ist an der Aufdeckung der Geheimen Worte nicht interessiert. Diese Kirche hat sich der Wahrheit schon zu lange verschlossen. Sie will die Lehre, die vom Großen Meister zu uns gekommen ist, nicht hören. Rom beharrt noch immer darauf, dass Jesus zur Sühne auf die Erde kam. Doch er war nicht Opfer, sondern Lehrer. Er ist nicht gekommen, um am Kreuz für uns zu sterben, sondern um die Wahrheit zu verkünden.“
„Weshalb sträubt man sich so, die Wahrheit zu erfahren?“
„Wohl aus Angst, die seit Jahrhunderten erklärten Dogmen könnten sich als falsch herausstellen. Wenn Rom weiß, dass wir Katharer im Besitz zweier Pergamente des Herrn sind, ist das der wirkliche Grund, weshalb man uns noch immer so gnadenlos verfolgt. Die Geheimen Worte an sich zu bringen, sie dann für alle Zeiten in den tiefsten Kellern des Vatikans zu verbergen, ist das Ziel der katholischen Kirche.“
„Aber ... ist es letzten Endes nicht gleich, wer die Pergamente zusammenbringt, ob ihr Katharer oder Rom, wenn dadurch nur endlich die Wahrheit erkannt wird?“
„Nein, das ist es nicht. Rom kann die Bedingungen zur Zusammenführung gar nicht erfüllen, weil ihm wie der Geist, auch die Reinheit abhanden gekommen ist. Die Heuchelei, die von Rom ausgeht, all der Prunk, die schreckliche Gier, das Blutvergießen …
Wer die Bedeutung dieser Worte findet, wird den Tod nicht schmecken“, zitierte Simon ein weiteres Mal. „Das ist ein Versprechen, Schwester. Sie jedoch werden ihren Tod schmecken, denn sie haben Jesus gründlich missverstanden, und sie weigern sich noch immer, ihn zu verstehen. Denk nur an das Abendmahl, die Eucharistie, die Wandlung …“
„Was meinst du damit?“
„Nun, Jesus war ein Jude. Die Vorstellung, das Fleisch eines Menschen zu essen und sein Blut zu trinken, hätte ihn schaudern lassen. Das Passahmal war ein Festessen, das die Juden an den Auszug aus Ägypten erinnern sollte, nichts weiter. Das meine ich, wenn ich von der verlorenen Reinheit spreche. Jesus hat keine sogenannten Sakramente eingesetzt, wie Rom behauptet.“
Simons Augen funkelten jetzt wütend.
„Für die Geheimen Worte also mussten die Eltern ihr Leben lassen.“
„Nein, Schwester, nicht für die Worte, für die Wahrheit“, sagte Simon. „Für das, was unser Herr uns aufgetragen, gelehrt und mit auf den Weg gegeben hat. Jesus, die Säule der Herrlichkeit, durch welche die Seelen in den Himmel wandern, gibt uns mit seiner Hinterlassenschaft einen kleinen Einblick in sein umfassendes Wissen. Er öffnet einen winzigen Spalt hin zum blauen Himmel und sagt: Wer Ohren hat zu hören, der
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