Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
äußert.“
Bevor Délicieux aufbrach, gab er Rixende noch den Rat, sich hinter ihrer Trauer zu verstecken, wenn sie verhört würde und, für den Fall, dass man den Ausgang im Berardturm entdeckte, zu erzählen, dass ihr der Schlüssel abhanden gekommen sei.
Als Rixende den Lektor hinausbegleitete, fühlte sie, wie sich nach den trüben Erfahrungen ihrer frühen Kindheit erneut Angst und Einsamkeit in ihr breitmachen wollten. Auf die verlässliche Sicherheit, die ihr Castel Fabri und auch Aimeric vermittelt hatten, konnte sie nach dem Tod der beiden nicht mehr zurückgreifen. Im Schutz der Fabris war es leicht gewesen, mutig zu sein, doch jetzt war sie auf sich gestellt und trug obendrein die Verantwortung für die Menschen, die von ihr abhängig waren. Doch sie würde ihr Leben schon meistern, was angefangen wurde, musste auch zu Ende gebracht werden!
„Und was geschieht mit denen, die zurückbleiben müssen, Pater Bernhard“, fragte Rixende, als Délicieux schon unter der Tür stand.
„Liebe Frau“, Délicieux drehte sich noch einmal um und seufzte, „wir holen heraus, wem immer wir helfen können. Den anderen kann nur der Herr beistehen.“
Rixende war frei. Das war das erste, was Fulco von Saint-Georges durch den Kopf schoss, als er vom Tod Aimerics hörte. Doch was bedeutete das für ihn? Auch wenn es beim Prediger Salomo hieß: Genieße das Lebens mit dem geliebten Weibe all die Tage des flüchtigen Daseins, würde er nie um Rixende Fabri werben können. Schließlich war er Mönch und Inquisitor. Weshalb dann dieses Frohlocken in seinem Herzen? Wenn er sie aufrichtig liebte, und das tat er wohl, musste er dann nicht mit ihr traurig sein? Doch was war, wenn er die Frau nur begehrte?
Kopfschüttelnd zog er die Kukulle über, um die Sonntagsmesse aufzusuchen, in der auch für Fabri und Aimeric gebetet werden sollte. Abbéville war dagegen gewesen. Doch Saint-Georges hatte sich wieder einmal heftig widersetzt und entgegnet: „Man könnte es uns als Feigheit auslegen, wenn wir nicht erscheinen“, worauf Abbéville zähneknirschend nachgegeben hatte.
Als Fulco von Saint-Georges hocherhobenen Hauptes mit dreien seiner Brüder in die Kathedrale einzog, schlug ihm eisiges Schweigen entgegen. Rixende versagte es sich ganz, zu ihm aufzublicken. Sie gab nicht zuletzt ihm die Schuld an Aimerics Tod. Die Trauer und die Wut, die sich seit Tagen wie ein eisernes Band um ihr Herz gelegt hatten, ließen keine Vergebung zu. Sie selbst warf sich vor, Aimeric nicht genug geliebt zu haben in der kurzen Zeit, die sie mit ihm verbracht hatte. Auch dies war unverzeihlich.
Als Fulco einmal neugierig zu ihr hinuntersah, kam ihm ihr schönes Gesicht ernst und klein vor.
Bevor die Gläubigen vom Bischof mit dem apostolischen Segen Pax Dei, quae exsuperat omnem sensum - dem Wunsch nach dem Frieden Gottes, der höher ist als alle Vernunft - verabschiedet wurden, stand Elias Patrice auf, um eine Lobrede auf Castel Fabri zu halten. Er trat vor den Altar und sagte mit getragener Stimme:
„Man ist versucht, an dieser Stelle zu klagen: Armer Castel Fabri. Armer Aimeric Fabri. Arme Rixende Fabri. Doch ich rufe hier in unserer schönen Kathedrale aus - zu deren Ausgestaltung das Haus Fabri Wesentliches beigetragen hat: Arme Stadt Carcassonne. Du hast im Kampf um deine Freiheit zwei deiner würdigsten Bürger verloren!“
Man hätte eine Nadel fallen hören, so still war es in der Kathedrale. Einzig die Dominikaner waren unruhig geworden. Doch Fulco hatte seine Brüder mit einem scharfen Blick zurückgehalten und dann mit ihnen das Gotteshaus verlassen.
Rixende sank nach seinem Weggang ein weiteres Mal auf die Knie, betete still und gelobte, Aimeric über den Tod hinaus die Treue zu halten. Nachdem sie sich dieses Versprechen abgerungen hatte, fühlte sie sich besser.
Noch am gleichen Abend – Benete hatte ihr eine kräftige Hühnersuppe gekocht - nahm sie sich vor, sich vom morgigen Tag ab wieder um den Tuchhandel zu kümmern und des Abends das Studium der arabischen Sprache fortzusetzen. Das würde sie ablenken von ihrem Kummer und ihr die Begegnung mit dem ihr noch unbekannten Muselmanen erleichtern, vor dem sie sich nicht wenig fürchtete. Denn nie zuvor hatte sie mit einem fremdländischen Menschen zu tun gehabt.
Es dauerte ganze vier Tage, bis Polignac feststellte, dass drei der Gefangenen nicht mehr da waren. Nachdem er höchstselbst mit einer Leiter ins Loch hinabgestiegen und mit einer Fackel in sämtliche Ecken
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