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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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könnte? Soweit ich weiß, hat man seinerzeit alle katharischen Auserwählten dem Feuer überantwortet.“
    Abbéville schob wieder seine hässliche Unterlippe vor. „Alle? Dass ich nicht lache! Was Ihr nicht zu wissen scheint, ist folgendes: In einer der Nächte, kurz vor der Übergabe des Montségur, haben sich vier parfaits mit dem wahren Schatz der Katharer an Seilen eine hohe Steilwand hinuntergelassen. Drei von ihnen waren uns namentlich bekannt: Amiel Aicart, ein gewisser Peytavi und einer, der sich Hugon nannte. Sie verschwanden spurlos und sind heute sicherlich längst tot. Der vierte allerdings - das hat man offensichtlich viel zu spät herausgefunden, denn ihn hätten wir seinerzeit fassen können - stammte aus der Burg von Montaillou, einem Nest, das noch heute voller Ketzer steckt, obwohl wir es schon einmal ausgeräuchert haben. Sein Name war Philippe von Planissoles. Ein kleiner Edelmann, unauffällig, aber er hatte es trotzdem faustdick hinter den Ketzerohren! Der Kerl hat uns jahrelang den Harmlosen vorgegaukelt. Noch als wir ihn seinerzeit verhört haben – es sind jetzt gut und gerne elf oder zwölf Jahre her –, hat er es meisterlich verstanden, uns zu täuschen. Sie halten eben zusammen, die ´Herren der Burgen`. Nun ja, wenn man ihre Zitadellen einmal gesehen hat, so hoch oben auf den Felsen - es kann einem allein vom Hinaufschauen schon schwindlig werden -, so versteht man ihren Stolz ...“
    Abbévilles Ton war bei seiner Schilderung ruhiger geworden, und sein Blick hatte einen nachdenklichen Ausdruck angenommen.
    „Doch zurück zu diesem Planissoles, dem Hüter. Ich war der einzige, der seinerzeit dagegen war, dass er mit den anderen aus Montaillou den Scheiterhaufen bestieg. Denn mit ihm ist der letzte Eingeweihte in Rauch aufgegangen – und die Geheimnisse der Ketzer sind noch immer unentdeckt. Übrigens genau wie Planissoles Gold. Er war reich, dieser Ketzer, was ja ein Widerspruch in sich ist. Ha! Alles Lug und Trug. In ihrer Kriegskasse befindet sich ein Vermögen!“
    Fulco hatte fasziniert beobachtet, wie sich beim Reden unentwegt Abbévilles Rechte geöffnet und wieder geschlossen hatte und wie eines seiner Augenlider heftig zuckte.
    „Aber, Bruder Nikolaus“, wandte er vorsichtig ein, um ihn nicht wieder aufzuregen, „nicht nur dieser Planissoles ist tot, auch die drei anderen braten bestimmt längst in der Hölle, weshalb beunruhigt Euch die Sache noch immer? Pierre Authié ist derjenige, der uns Sorgen bereiten sollte ...“
    Abbéville unterbrach ihn unwirsch. „Nein, nicht Pierre Authié. Jener Planissoles hatte einen Sohn. Das habe ich erst kürzlich erfahren. Er trägt den Spottnamen na mengo, der Finsterblickende, und könnte der neue Hüter sein. Hinter ihm bin ich her ... hinter ihm. Man muss das große Geheimnis der Ketzer endlich vernichten, damit es Ruhe gibt im Land. Damit wäre zugleich Authié der Wind aus den Segeln genommen. Also, wenn Ihr bei Euren Vernehmungen von einem hört, der der ´Hüter` genannt wird oder der ´Finsterblickende`, dann sagt mir auf der Stelle Bescheid! Handelt auf keinen Fall eigenmächtig! Die Sache ist zu wichtig. Zu wichtig! Habt Ihr mich verstanden?“
    „Ja, gewiss. Doch was beinhaltet das Geheimnis der Ketzer vom Montségur?“ fragte Fulco.
    Abbéville blickte ihn durchdringend an. Nach einer Weile sagte er leise:
    „ Wer Ohren hat zu hören, der höre , sagt der Herr. Die Katharer besitzen die Geheimen Worte, die Jesus der Lebendige sprach und die Didymos Thomas aufgeschrieben hat – die Kirchenväter haben sie noch gekannt. Auch Origines hat sie zitiert. Sie sind seit Hunderten von Jahren verschollen, doch es gibt immer wieder Menschen, die Einzelheiten daraus kennen und sie weiterflüstern. Jesus soll darin gesagt haben: Wer die Deutung dieser Worte findet, wird den Tod nicht schmecken; und wer sucht, soll nicht aufhören zu suchen, bis er findet; und wenn er findet, wird er erschrocken sein; und wenn er erschrocken ist, wird er verwundert sein, und er wird König sein über das All.“
    Gedankenverloren wiederholte Abbéville: „Ja, König über das All ...“

17
    Durch solch Gezücht des Grauens sah ich laufen
    angstvoll die Nackten, die kein Schlupfloch fanden ...
    Dante, Die Göttliche Komödie

    Nach dem Eintreffen des schriftlichen Urteils von Bonifatius wurde im Namen des Papstes über die ganze Stadt Carcassonne die Exkommunikation verhängt. Der Kirchenbann untersagte sämtlichen Bürgern die Teilnahme an

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