Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 2: Der dunkel glitzernde Weg: Fantasy (German Edition)
Gauklermädchens getan“, erklärte er. „Sandirilia ist wahnsinnig vor Zorn und Schmerz – gegen ihre Leidenschaft konnte sich dein Vater nicht zur Wehr setzen. Das alte Co-Lha musste untergehen ... doch mit Sandirilia droht nun das Land noch tiefer in Chaos und Zerstörung zu versinken. Auch jetzt noch wütet sie auf barbarische Weise und brennt alles nieder. Unversehrt ist von der ganzen Mondburg praktisch nur noch dieser Turm, und die halbe Stadt gleicht einer lodernden Fackel ...“
„Und all das ist meine Schuld“, flüsterte Riyala wie betäubt. „ICH habe das alles ausgelöst.“ Ihre Verzweiflung und ihr Selbsthass wuchsen ins Unermessliche.
Der alte Mann trat näher zu ihr und löste beiläufig ihre Ketten. Fürsorglich stützte er ihre schwankende Gestalt und half ihr, sich zu setzen. Er selbst ließ sich ebenfalls im Hexersitz auf dem Boden nieder.
Abwesend rieb sich Riyala die tauben, zerschundenen Hände. Ein Teil von ihr sehnte sich danach, wieder in Gleichgültigkeit zu versinken, dem frischen Schmerz der Schuld zu entfliehen – aber ein anderer Teil ihres Wesens rang nach Erkenntnis.
Zum ersten Mal in ihrem Leben sprach sie mit ruhiger Überlegung, als sie ihren alten Lehrmeister fragte: „In Wahrheit habt Ihr mich gar nicht verraten, oder?“
Mit einem leisen, schmerzlichen Lächeln antwortete er: „Ich tat nur das, was du im Grunde wirklich wolltest.“
Riyala nickte langsam. Ja, genau das entsprach ihrer tiefsten, innersten Wahrheit ... Sie hatte mit all ihren Lügen nicht mehr weiterleben können und diesen Weg gewählt, um sich auf schmerzhafteste Weise daraus zu befreien.
„Und nun habe ich alles verloren. Selbst meinen Falken und sein Auge ...“
„... dessen geheime Kraft dir Erkenntnis schenkte“, ergänzte der Magister.
Sie schwiegen.
Schließlich sprach der weise alte Magier: „Qual, Tod und Verlust sind nur Zeichen des Wandels – du löst dich vom Alten, um etwas Neues zu beginnen. Doch ich kenne dich gut, Riyala Falken – du wirst dich noch eine Zeitlang in Selbstvorwürfen und Schuld verzehren, ehe diese Wahrheit dich erreicht. – Ich wählte dich zu meiner Nachfolgerin, und anfangs dachte ich, du könntest deine Fähigkeiten rasch genug entwickeln, um Co-Lha zu retten. Ich glaubte, dies sei deine Bestimmung. Aber selbst mir bleibt vieles verborgen. Und du warst – und bist – noch nicht bereit. Nun kann ich dir nicht länger helfen. Für verzweifelte Menschen wie dich eröffnen sich manchmal andere Wege des Schicksals ... Sag mir, hast du je vom
Magischen Schatten
gehört?“
Sie schüttelte stumm den Kopf.
„Die Legende erzählt, dass an diesem geheimnisvollen Ort ein Stein gewachsen ist, von dem alle magischen Kristalle unserer Welt abstammen. Vom Willen der Götter gelenkt, gebar der Urmutterstein diese wunderbaren Geschenke an uns ... Aber dieses heilige Artefakt ist noch mehr als das. Wer den Schattenstein findet, so heißt es, findet sich selbst und seine wahre Bestimmung.“
Ein schwacher Funke des Interesses glomm in Riyalas Augen auf.
„Wo verbirgt sich dieses Artefakt?“, fragte sie.
„In einer anderen Sphäre, die gleichsam der Spiegelschatten unserer eigenen Welt ist“, gab der Magister zur Antwort. „Und den Weg dorthin findest du nur, wenn du drei Prüfungen bestehst ...“
Riyala sagte nichts darauf. Sie fühlte sich wieder kräftig genug, um aufzustehen.
„Bin ich dessen denn würdig?“, murmelte sie mehr zu sich, doch der Kristallhexer erwiderte mit klangvoller Stimme: „Das entscheidest allein du selbst. – Die erste dieser Prüfungen könnte bereits in den Tiefen der Unterwelt auf dich warten. In den STOLLEN.“ Mit diesen Worten ging er zum Mittelpunkt der Erde und drehte seinen Krückstock so, dass der Knauf nach unten wies. Er sammelte sich und beschrieb mit dem blaugrünen Stein einen Kreis auf dem Boden.
Riyala stellte sich an seine Seite – und starrte in einen runden, unergründlichen Schacht, der sich urplötzlich geöffnet hatte. Sei konnte auch eiserne Sprossen erkennen, die hinabführten.
„Die Unterwelt ist bereit, dich zu empfangen, Riyala“, sagte der Magister. Wieder einmal glitt jenes rätselhafte Lächeln über seine zerfurchten Züge.
„Doch sei auf der Hut vor den Höhlenschlangen. Sie sind zauberkundig und werden dich umschlingen und für immer bannen wollen. Aber auch du bist schließlich eine Magierin ...“
„Bin ich das?“, sagte sie tonlos. Erneut rollte eine graue Woge der Mutlosigkeit
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