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Road of no Return

Road of no Return

Titel: Road of no Return Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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zu erkennen und etwas, was vielleicht der Pflug oder ein Bär sein mochte – ich bin nicht so gut mit Sternen –, und da war ein breiter Bogen etwas hellerer Dunkelheit. Entweder war das die Milchstraße oder der Widerschein von einer Million Straßenlaternen. Ich sah hinauf ins Dunkle, und in Anbetracht des Universums brauchte ich Orla plötzlich so nötig wie die Luft zum Leben. Wie sonst konnte man es ertragen, so klein und vergänglich
zu sein? Nur indem man lebte, die Götter anschrie und sich, sobald sich die Gelegenheit ergab, vermehrte.
    Hm. Das mit der Vermehrung lassen wir fürs Erste noch …
    Spritzend richtete ich mich auf und bemerkte, dass der Strand ziemlich weit weg war. In diesem Moment hätte ich genauso gut irgendwo im All treiben und versuchen können, das Vakuum zu atmen, so schrecklich einsam fühlte ich mich.
    Und außerdem bekam ich Angst. Die hell brennende Zigarettenspitze war nicht mehr auszumachen, und vor der erleuchteten Promenade konnte ich auch keine Gestalt mehr hocken sehen. War sie nur zu weit weg oder war sie gegangen? Meine Glieder fühlten sich schwer und taub an, als ob sie sich mit Wasser vollgesogen hätten und mich in die Tiefe zogen, und ich spürte nicht einmal mehr das Brennen an meiner zerschrammten Seite.
    Ich schwamm ein paar Züge in den schwappenden Wellen und dachte, dass ich von selbst ans Ufer treiben würde, aber da irrte ich mich. Das Meer war zwar ruhig, aber gab es da nicht eine Strömung in dieser Bucht? Was ging hier unter der Oberfläche vor sich? Als die Kälte meine Knochen erreichte, begann ich zu zittern und geriet in Panik. Und immer noch konnte ich Orla nicht sehen. Was war mit ihr?
    Heftig trat ich Wasser, um mich aufzuwärmen. Natürlich gab es hier eine verfluchte Unterströmung, ich spürte sie nur nicht. Sie zog mich einfach immer weiter hinaus. Im letzten Jahr war hier ein Student ertrunken, erinnerte ich mich. Einer, der dumm genug war … Ich versuchte, nicht daran zu denken. Stattdessen blickte ich am Strand auf und ab und kniff wegen des hellen Lichts über der Mauer und
den dunklen Schatten darunter angestrengt die Augen zusammen.
    Dort sah ich jetzt eine dunkle Form, die sich bewegte. Sie war die Betontreppe hinuntergekommen, wie es jeder vernünftige Mensch tun würde, und bückte sich nach etwas am Strand. Ihre Figur sah irgendwie verzerrt aus, und ich brauchte eine Weile, um zu erkennen, dass sie die Arme voller Kleidungsstücke hatte. Meine Sachen. Sie war zum Strand hinuntergegangen, um meine Jeans und meine Unterhose zu holen. Ich glaubte, meine Turnschuhe erkennen zu können, in die sie zwei Finger gehakt hatte.
    Sie blieb stehen und sah zu mir. Das glaubte ich zumindest. Es schien so, aber ihren Gesichtsausdruck konnte ich nicht erkennen.
    Meine Beine wirbelten jetzt im Wasser. Mir war kalt, ich hatte Angst und war unglaublich wütend. Nicht so sehr auf sie als auf mich selbst. Der älteste Trick der Welt, Nick, der allerälteste. Wie sollst du denn jetzt nach Hause kommen? Oder besser gesagt: Wie sollst du nach Hause kommen, vorausgesetzt du vermeidest den Tod durch Ertrinken und Unterkühlung? Ich war stinksauer. Wie hatte ich mir nur einbilden können, sie wolle sich wegen meiner faszinierenden Persönlichkeit mit mir treffen? Ach was, warum nicht einfach ertrinken, Nick, und so die Schande vermeiden?
    Der dunkle Fleck, der Orla darstellte, bewegte sich, wandte sich um und ging zur Treppe. Sie hielt es sogar für unter ihrer Würde, mir auch nur den Finger zu zeigen. Für Orla Mahon, die die Treppe hinauflief und mich in meiner eigenen Dummheit versinken ließ, existierte ich nicht mehr. Ihr
Schatten stieg immer höher und höher, hinauf bis zur Promenade, und ich blieb allein im lichtlosen, sternlosen Meer.
    Am Geländer zögerte sie und drehte sich wieder zu mir um. Das glaubte ich zumindest. Es war schwer zu sagen.
    Sie legte die Sachen hin, dann richtete sie sich auf, wieder eine normale Gestalt vor den hell leuchtenden Straßenlaternen.
    Sie ging die Treppe wieder hinunter bis zum Rand des Wassers, bis ich ihre Gesichtszüge fast ausmachen konnte. Ihren Gesichtsausdruck konnte ich immer noch nicht erkennen, aber immerhin sah ich schwarz umrandete Augen in einem blassen, harten, schönen Gesicht. Ich glaubte sogar im Lichte dessen, was ich für die Milchstraße hielt, ein winziges Aufblitzen des Nasenrings zu erkennen. Aber sie war weit weg, so weit. Wahrscheinlich stellte ich mir nur vor, wie sie aussah. Meine imaginäre

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