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Road of no Return

Road of no Return

Titel: Road of no Return Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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dass in der Küche noch Licht brannte. Mum ging gerne früh ins Bett, und Dad blieb zwar lange wach, aber normalerweise hing er mit seinem Schlummertrunk im Wohnzimmer vor dem Fernseher rum. Ich wollte gar nicht wissen, was los war, deshalb ging ich leise zur Treppe, doch irgendein Geräusch musste ich gemacht haben, denn plötzlich wurde die Küchentür aufgerissen.
    Dad sah mich an, mit einem Shugs-Blick ohne die Brille, wobei er einen Punkt zehn Zentimeter hinter meinem Gesicht fokussierte. Sein Pferdeschwanz hatte sich aus seinem Gummiband gelöst, und ich stellte fest, dass das Aschblond seit den letzten Monaten von wirklichen grauen Strähnen durchzogen wurde. Seine Lippen waren fest aufeinandergepresst und zitterten, und er wirkte sehr dünn, sodass seine Jeans auf seinen Hüften hing und sein verblichenes Che-Guevara-T-Shirt lose um ihn herumschlabberte. Sein schlecht gezielter Blick war vorwurfsvoll.
    »Ihr Kinder«, begann er. »Ihr verdammten Kinder.«
    Ich spürte immer noch Orlas Lippen auf meinen, auf meinen
Wangen und auf meinem Hals. Ich wollte in mein Zimmer gehen, wie eine Leiche auf dem Bett liegen, unbeweglich, und in der Erinnerung an ihre Berührungen schwelgen. Ich wollte mir den wilden, ausschweifenden Sex vorstellen, von dem sie gesagt hatte, dass ich ihn nie bekommen würde.
    Aber Dad sah mich immer noch böse an. Mum war neben ihn getreten, aber er verstellte ihr den Weg, und nun griff er nach ihrer Hand, um elterliche Solidarität herzustellen. Oh ja. Die Zeichensprache, die sie für so subtil und geheim hielten, verstand ich locker.
    Mum hielt seine Hand fest. »Wo warst du, Nick? Was hast du gemacht?«
    »Was geht dich das an?«
    »Wie kannst du es wagen, deine Mutter …«
    »Nick, Liebes, ich will dich doch nicht ärgern, es ist nur …«
    »Ist etwas mit Allie?«, unterbrach ich sie. Mir war egal, was sie über mich dachten. Es war mir egal, was sie mir unterstellten, denn plötzlich wurde mir klar, dass das hier irgendetwas mit Allie zu tun hatte, und wir verschwendeten unsere Zeit. Ich dachte an Läden und Sicherheitsleute. Ich dachte an Gleise und Abkürzungen. Und dann, oh Gott!, fiel mir Mickey wieder ein, und mir kamen schnelle, brutale und beängstigende Gedanken. »Ist etwas mit Allie, Mum?«
    »Seit wann interessiert dich das?«, fragte Dad böse.
    » Was? «
    Die Ungerechtigkeit verschlug mir den Atem. Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich und mir schwindelig wurde.

    »Terence, das ist nicht fair. Du darfst nicht …«
    »Was hat sie denn getan?«, fragte ich.
    »Wer?«
    »Allie. Was hat sie getan?«
    »Allie?«, rief Dad wütend. »Allie? Allie hat gar nichts getan. Du bist es! Du. Du und deine verdammten Schläger! Ihr Rowdies. Find es raus oder geh und frag deine Kumpel, Nicholas . Geh und frag sie!«
    Ja, was für Kumpel denn, Vater ? Er wusste doch, dass ich ohne Gang und ohne Freunde war. Das hatte ich zumindest angenommen und stellte nun erschrocken fest, dass er es tatsächlich nicht wusste. Und Mum auch nicht, so wie es aussah. Sie schluckte und sah zwischen uns beiden hin und her.
    »Du Mistkerl!«, schrie ich plötzlich – unartikuliert, fantasielos. »Du Mistkerl !«
    Hatte er es vergessen? Oder war die komplette Vernichtung meines Lebens auf seinem auf Allie konzentrierten Radarschirm gar nicht aufgetaucht? Ich fragte mich, was es wohl war und warum er noch weniger über mich wusste, als ich angenommen hatte. Wie war das möglich?
    Aber in seinen Augen leuchtete weinerlicher Zorn, und ich bekam nicht die Gelegenheit, noch irgendetwas zu sagen, und Mum auch nicht, denn er knallte mir die Tür vor der Nase zu.
    Ich hieb meine Fäuste dagegen. Wieder und wieder. Ich schlug gegen die Tür, bis mir die Hände wehtaten – aber ich versuchte nicht, sie aufzumachen. Hätte ich sie geöffnet, hätte ich ihn umgebracht.
    Durch die Tür hörte ich Mums besorgten Protest und einen
halbherzigen Streit, aber Dad war extrem aufgebracht, und so zog sie es vor, seinen zerbrechlichen Stolz nicht zu verletzen oder Salz in seine verwundeten Gefühle zu reiben. Ich wusste, dass sie nicht herauskommen und mit mir reden würde, denn schließlich war ich robust und Dad nicht. Ich konnte es vertragen, Dad war älter und konnte es nicht. Ich verfügte über die Widerstandskraft der Jugend und hatte eine dicke Haut wie ein Rhinozeros, er brauchte seine Würde, etwas Respekt, er brauchte ihre Loyalität und Bewunderung als Stütze, denn wann bekam er das je von diesem

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