Robbers: Thriller (German Edition)
Lupe nehmen -, doch vorerst war ihm das ziemlich egal. Moline war zu nervös, und wenn er besoffen war, neigte er dazu, andere zu bedrohen, darum hielt er sich besser von ihm fern. Außerdem stand der Rothaarige jetzt ganz oben auf der Tagesordnung. Um den Abgleich der Videos mit DeReese und Wade konnte er sich später kümmern oder noch besser den Rothaarigen dazu befragen, das wäre am einfachsten.
An der Hauptverkehrsstraße checkte er im Best Western neben dem Cotton Patch, einem rustikalen Café, ein und rief Deputy Wright an. Noch hatte er nichts von den Matthews gehört, doch die Polizeistreifen waren wachsam. Die Dienststelle hatte ein paar zusätzliche Helfer zur Unterstützung angefordert. Rule nannte dem Deputy seine Adresse und ging dann nach nebenan, um zu Abend zu essen.
Als die Hilfskräfte erwähnt wurden, fiel es ihm plötzlich wieder ein: Das letzte Mal hatte er Lomax in Huston gesehen. Mit Handschellen in einem Streifenwagen, die schlaksigen Knochen angespannt vor Siegesgewissheit und unterdrückter Wut. Ein paar Stunden später ließ man ihn gegen Kaution allerdings laufen. Wieder ein freier Mann, Aufenthaltsort unbekannt. Ein Toter reichte vielleicht, um den Blutdurst eines Racheengels zu befriedigen. Auge um Auge, womöglich mussten es nicht beide sein. Aber unter Umständen hatte er Lomax in der ganzen Aufregung erst richtig wachgerüttelt. Ihm fiel das alttestamentarische Feuer im fahlen Gesicht des Mannes ein, die zusammengepressten Kiefer. Und er kam zu dem Schluss, dass der Bursche bald hier auftauchen würde, es war nur eine Frage der Zeit. Wie ein schlimmer Fall von Nesselsucht.
Er aß etwas Leichtes zu Abend, ein Sandwich mit gebratenem Hähnchensteak und Pommes frites, dann suchte er einen Supermarkt auf und kaufte eine Tüte Hundefutter für Lefty. Den Rest des Abends verbrachte er auf seinem Zimmer und las den Burke-Roman. Oder er versuchte es. Denn er schweifte immer wieder ab. Er überlegte, Eastland in Houston anzurufen, um sich nach dem Verbleib von Lomax zu erkundigen, ließ es dann aber bleiben. Er fragte sich, was er, wenn überhaupt, wegen Katie unternehmen sollte. Außer sie loszulassen, aber das betraf ihn und nicht sie. Also zerbrach er sich nicht weiter darüber den Kopf.
Für eine Weile stellte er sich Dana mit gespreizten Beinen im Bett vor, ihre glatten Beine und darüber der schmale blonde Streifen Schamhaar, wie sie sich streichelte und dabei aufbäumte. Er bekam eine leichte Erektion und spielte daran herum, doch dann ließ sie wieder nach. Er war nicht richtig bei der Sache. Seine Gedanken wanderten umher, versuchten Kontakt mit dem Rothaarigen aufzunehmen, in den Kopf des Jungen zu kriechen. Darüber dämmerte er schließlich weg; er schlief, ohne zu träumen, und wachte zeitig wieder auf.
Nachdem er geduscht hatte, betrat er erneut das Cotton Patch, um zu frühstücken. Eine Armada silbergrauer Regenwolken war über Nacht von der Küste her aufgezogen. Im Gegenlicht der Morgensonne erstrahlten sie in einem trüben, verschwommenen Neonglanz; die Wolkendecke hing so tief, dass sich die schwüle Luft darunter staute.
Das Café war voller Männer mit Polyesterhosen, kurzärmeligen Hemden und Ansteckkrawatten, die Uniform der Geschäftsleute aus der Provinz. Kiwanis- und Lions-Club-Typen. Die meisten von ihnen hatten einen Bauchansatz und meldeten sich lebhaft und lautstark zu Wort. Die Kellnerinnen machten Witze und tauschten mit den Männern im Vorübergehen neckische Blicke aus, während sie Tellerstapel auf ihrem Arm balancierten und die Bestellungen weitergaben. Aus der Küche drang das Zischen von brutzelndem Fleisch, begleitet von Bratenduft und Rauch und von den leisen, hektischen Anweisungen der schwarzen Köche, die dort zugange waren. Rule setzte sich in die Nähe der Tür und bestellte, dann nippte an seinem Kaffee.
Er machte sich gerade über ein paar Buchweizenpfannkuchen mit Würstchen her, als Jude Bevil das Café berat. »Mich laust der Affe«, blaffte Jude, »sieh mal an, wen’s hierher verschlagen hat.«
Rule erhob sich von seinem Platz, um ihm die Hand zu schütteln, und Jude setzte sich auf die andere Seite des Tisches. Er war schlank, hatte rosige Haut und über den Ohren ein paar weiße Haarbüschel; er war fast neunzig und hatte einen krummen Rücken, brauchte aber immer noch keinen Krückstock, und seine dunkelblauen Augen funkelten wie ein Kurzschluss in einem elektrischen Stecker. Er war Herausgeber, Redakteur und einziger Reporter
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