Robbers: Thriller (German Edition)
viel.«
»Richtig, bis jetzt nicht. Deshalb schlage ich vor, Sie fahren nach Hause. Wenn wir Sie brauchen, rufen wir Sie an.«
Wieder sah Lomax Rule direkt in die Augen. Eine seiner struppigen Brauen bebte. »Sie erfahren gar nichts, wenn Sie sich in einem Motelzimmer einmotten.«
Rule grunzte. »Sind Sie mal auf die Jagd gegangen, Mister Lomax?«
»Sicher.«
»Dann wissen Sie sicher eine Menge übers Warten.«
»Ich weiß’ne Menge übers Jagen.«
»Sie denken, ich packe es falsch an.«
Der Mann wandte sich ab. Sein Gesichtsausdruck war gelassen. »Wie Sie schon sagen, das geht mich nichts an.«
»Mister Lomax, ich wünschte nur, dass Sie es auch so meinen. Überlassen Sie diese Kerle mir. Das ist mein Job, und ich habe vor, ihn zu erledigen.«
»Nur zu. Es ist ein freies Land hier.«
Rule nickte einmal, dann drehte er sich um und überquerte mit großen Schritten das Feld. Lomax beobachtete, wie er sich dem Motel näherte. Der Mann war ein Ranger, vielleicht hatte er ja seine eigene Methode zu arbeiten. Eine merkwürdige Methode, die er, Lomax, nicht kannte. Andererseits waren ihm mehr als einmal irgendwelche Regierungsbürokraten über den Weg gelaufen, die Uniformen trugen und Waffen mit sich herumschleppten und sich doch nur an der Brust des Steuerzahlers ernährten. Dafür, dachte er, muss ich beim nächsten Steuertermin also auch noch bezahlen. So wie ich für diesen roten Dodge Pick-up bezahle. Und Gott weiß, wofür sonst noch. Für dieses Motelzimmer zum Beispiel.
Er fragte sich, ob er auch für die Hure bezahlen musste, die der Ranger angeschleppt hatte.
Während der hochgewachsene Mann aus seinem Blickfeld verschwand, dachte Lomax: Es gibt solche Gesetze und solche. Solche Eide und solche. Die eine Pflicht und die andere. Solange beide zusammenfielen, war alles in Ordnung. Aber wenn sie sich widersprachen, gab es für ihn keinen Zweifel, welche den Vorrang hatte. Es stand gleich hier, in der Schrift: Wenn du aber vom Geist geleitet wirst, stehst du nicht unter dem Gesetz.
Galater 5, Vers 18.
31
D as Shipwreck lag ein Stückchen abseits der Strandpromenade in einem überwucherten baumlosen Feld. Ein rustikaler niedriger Betonklotz ohne Fenster, dessen weißer Anstrich stellenweise abblätterte. Ansonsten besaß es keine charakteristischen Merkmale. Sein einziger praktischer Zweck schien darin zu bestehen, Wände und ein Dach zu bieten und das Geschäft, das sich drinnen abspielte, vor Sonne, Wind und Regen zu schützen. Das Geschäft selbst war denkbar einfach: Bargeld im Tausch gegen Hilfsmittel zum Vergessen oder Träumen, zum Erinnern daran, wie es einmal gewesen war oder wie es hätte sein können, wenn nicht Pech, Fehleinschätzungen oder die böswillige Einmischung anderer dazwischengekommen wären. In dieser seiner existenziellen Aufgabenstellung leistete das Shipwreck ganze Arbeit, andere Zwecke erfüllte es nicht. Es war eben eine Bierkneipe.
»Das ist der Sinn der Sache«, erklärte Ray Bob beinahe brüllend. »Kaltes Bier und Spaß. Sie haben das verdammt kälteste Bier hier am Strand. Es wird dir an den Zähnen wehtun!«
»Na, wenn das keine Empfehlung ist«, stellte Della auf dem Rücksitz fest.
»Wer hat dich gefragt?«
Sie gab keine Antwort. Sie war sich nicht sicher, warum sie sich überhaupt eingemischt hatte. Noch lag ihr Eddies Bemerkung auf der Seele, der sie eine Schwindlerin genannt hatte, eine Lügnerin. Da öffnete man sich einem anderen, und was hat man davon? Er riss einem die Eingeweide heraus. Schlug einem Wunden. Seine Worte hatten sie verletzt. Ein tiefer Schmerz, mitten im Herz, in seiner empfindlichsten Ecke. Ehrlich gesagt, wusste sie noch nicht, ob sie sich davon erholen würde. So was brachte einen auf Abstand und machte das Vertrauen kaputt. Seitdem hatte sie kaum ein Wort mit ihm gewechselt und ihm die kalte Schulter gezeigt.
Wie Ruby immer sagte, wenn LD auf ihren Gefühlen herumtrampelte: Lass den Scheißkerl in der Hölle schmoren.
Im Augenblick saß Eddie auf dem Vordersitz und quatschte mit Ray Bob. Sie waren zu dieser Kneipe unterwegs, die Ray Bob aufgetan hatte. Della wäre überhaupt nicht mitgekommen, wenn sie sich nicht so gelangweilt hätte. Jedenfalls hatte sie Eddie spüren lassen, dass sie nicht seinetwegen mitfuhr.
»Du hast doch gesagt, man soll die Dinge nicht unter dem Deckel halten, oder? Du hast gesagt, ich soll sie ansprechen, Schätzchen, ich soll sagen, was ich fühle. Das bewahrt einen davor, durchzudrehen, hast du das
Weitere Kostenlose Bücher