Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Robbins, Harold - Träume

Titel: Robbins, Harold - Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
dem Jungen?«
    »Er ist übel verletzt. Aber er wird durchkommen. Ich wollte gerade seinen Vater anrufen.«
    »Das habe ich bereits getan. Er ist schon auf dem Weg. Ich schicke einen Wagen, der dich nach Hause bringt.«
    »Ich habe den Rolls hier.«
    »Die Polizei sucht dich. Laß die Schlüssel dort, für Reverend Sam, und mach, daß du fortkommst.«
    »Ich hätte nicht gedacht, daß die so dumm sind, die Polizei zu verständigen.«
    »Du hast zwei Männer krankenhausreif geschlagen«, sagte er trocken. »Und die Polizei will ja immer alles ganz genau wissen. Ihren Fragen geht man besser aus dem Wege. Für den Augenblick hast du allerdings nichts weiter zu befürchten. Deinen Namen hat niemand genannt.«
    Mein Onkel verstand es immer wieder, mich zu verblüffen. Er schien überall Ohren zu haben. »Wenn du nach Hause kommst, dann bleibe dort, bis du von mir hörst. In der Frühe werde ich über diese Angelegenheit genauer im Bilde sein.«
    »Ich muß mit Reverend Sam sprechen und ihm erklären, was geschehen ist.«
    »Das kannst du morgen tun. Verschwinde jetzt dort von der Bildfläche.«:
    Ein Klicken: Seine Stimme war fort. Plötzlich hatte sie ganz und gar nicht mehr ruhig und gelassen geklungen - und das kam sonst bei ihm so gut wie nie vor.
    Der Collector streckte mir seine Hand hin. »Gib mir die Autoschlüssel.«
    Ich tat es und folgte ihm zum Pult, wo er die Schlüssel einer Krankenschwester gab. Wir verließen das Gebäude.
    »An der Ecke ist eine Cafeteria, die die ganze Nacht geöffnet hat«, sagte er. »Dort werden wir abgeholt.«
    Wortlos schritten wir die Straße entlang. Nichts war zu hören als das leise Scharren unserer Füße auf dem Gehsteig und, dann und wann, ein Auto auf dem Fahrdamm. Wir betraten das Restaurant. Die Uhr hinter der Theke zeigte auf Viertel nach vier.
    Der Kellner stellte dampfende Kaffeetassen vor uns hin. »Was darf’s denn sein, Leute?«
    »Sandwich mit Schinken und Ei«, sagte der Collector. Er sah mich fragend an.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nichts.«
    Der Kaffee war siedend heiß. Ich kramte in meinen Taschen, suchte nach einer Zigarette. Der Collector hielt mir ein Päckchen hin. Ich nahm eine, steckte sie mir an.
    Hungrig griff der Collector nach dem Sandwich, das der Kellner ihm brachte. Er biß ein Riesenstück ab, sprach mit vollem Mund. »Hast du all den Scheiß in der Army gelernt?«
    »Was für einen Scheiß?«
    »Den Judokram. Das mit dem Fußtritt, diesem Rückwärtskick und so.« Aus seiner Stimme klang ein Hauch von Bewunderung.
    »Das ist kein Judo. Und so etwas lernt man auch nicht in der Army.«
    »Kein Judo? Was dann?«
    »Savate. Eine französische Sache. Das habe ich mir von einem Ex-Serganten der Fremdenlegion beibringen lassen. Er war nach dem Abzug der Franzosen in Saigon geblieben.«
    Er biß wieder in sein Sandwich. In seiner Kehle war ein leises Glucksen. »Mann, ich wünschte, ich könnte das auch. Sah richtig graziös aus, wie bei einem Ballettänzer. Lonergan hat mir gesagt, daß die drei Stunden brauchen werden, bis sie ihm den Unterkiefer mit Draht zurechtgeflickt haben. Und mindestens ein Vierteljahr lang wird er durch einen Strohhalm Suppen schlürfen müssen oder so was Ähnliches.«
    »Der Schweinehund kann von Glück sagen, daß ich ihn nicht umgebracht habe.«
    Der Collector musterte mich ein oder zwei Sekunden stumm. Dann sagte er: »Du bist mir schon ein Typ, Gareth. Aus dir werde ich einfach nicht schlau. Die ganze Zeit schon bin ich bei dir total auf dem Holzweg gewesen. Konnte nie kapieren, weshalb Lonergan so viel persönliches Interesse für dich zeigte.«
    »Jetzt weißt du’s. Ich bin sein Neffe.«
    »Es ist nicht nur das. Familie und so, alles gut und schön, aber deswegen schmeißt Lonergan sich nun wirklich nicht gleich weg. Das ist bei dir noch was anderes für ihn.« Er blickte zum Fenster; stand dann auf, warf zwei Dollar auf die Theke. »Das Auto ist da. Gehen wir.«
    Als ich vor der Wohnungstür stand, fühlte ich mich knochenmüde. Schon wollte ich die Schlüssel hervorholen, doch dann sah ich, daß die Tür einen Spalt geöffnet war. Ich ließ sie aufschwingen.
    Denise, noch immer in Zofentracht, war auf der Couch eingeschlafen. Zum Schutz gegen das Licht hatte sie den rechten Unterarm über die Augen gelegt.
    Ich holte eine Decke aus dem Schlafzimmer und deckte sie damit zu. Sie bewegte sich nicht. Ich schüttelte den Kopf. Die Arglosen, die Unerfahrenen. So klug kamen sie sich vor. Doch sie wußten nichts.
    Denise

Weitere Kostenlose Bücher