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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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stattfindet. Machst du die Häppchen?«, fragte sie ihre Tochter.
    Jacques hatte zu einer Weihnachtsvernissage geladen, wenn er viele Bilder verkaufte, musste er weniger aus Empede abtransportieren.
     Auch Teresas Mutter war eingeladen, weil sie Jacques von ihren Besuchen in Empede kannte. Sie war angetan von seiner Kunst
     und stand auf seiner Verteilerliste. Teresa und Robert hatte Jacques nichts von der Veranstaltung gesagt. Sie würde doch in
     seinem Atelier, neben ihrem Haus, stattfinden.
    |276| Am nächsten Abend saßen Teresa und Robert in ihrer Küche und sahen sprachlos dabei zu, wie jede Menge fremder Leute selbstverständlich
     durch ihr Haus liefen und wissen wollten, wo denn die Toilette sei. »Was ist das jetzt?«, fragte Robert Teresa. »Ein schlechter
     Film? Oder der ganz normale Wahnsinn unseres Lebens?« Sie beschlossen zu lachen. Es brachte ihre Anfangszeit in Hannover auf
     den Punkt, sagt Teresa. »Es war eine schöne, aber wirklich schlimme Zeit.«

|277| FÜNFZEHN
Lara
    In einem Raum für 200 Leute waren sie die einzigen Gäste. Rote Plastikstühle standen an schlichten Holztischen, ein paar Topfpflanzen
     zwischen den Tischreihen zeugten vom vergeblichen Versuch, den Saal einladender zu gestalten. Teresa und Robert Enke verbrachten
     Weihnachten in der Krankenhauskantine. Manche Details vergisst man nie: Es gab Lachs mit grünen Bandnudeln.
    Ohne es zu beabsichtigen, hatten ihnen ihre Bekannten in den vergangenen Tagen mit einfachen Fragen wehgetan. »Und, wo fahrt
     ihr in den Weihnachtsferien hin?« Ins Krankenhaus.
    Draußen regnete es. Doch die Einsamkeit im Speisesaal, die sie eben noch an ihre traurige Situation erinnert hatte, gab ihnen
     Minuten später das Gefühl, besondere Weihnachten zu feiern. Sie hatten Lara, die nun auf Station 68b friedlich schlief. Sie
     hatten sich. Teresa fotografierte das Kantinenessen; ihr einzigartiges Weihnachtsmahl.
    Robert Enke machte Urlaub am Telefon. Die Gespräche mit Marco boten ein wenig Ablenkung. Seit Laras Geburt telefonierte auch
     Teresa wieder regelmäßig mit den Villas, die selbst eine Tochter bekommen hatten, Chiara. Und während Marco sich mit Robert
     über ganz unterschiedliche Kindersorgen austauschte, glaubte er zu begreifen, warum sein Freund in Hannover so großartig Fußball
     spielte. »Er fühlte sich wertvoller, weil er sich um Lara kümmerte. Aus diesem Selbstwertgefühl schöpfte er wahnsinnig viel
     Kraft und Stolz.«
    Zu erleben, wie souverän Robert seine schwierige Situation meisterte, war für Marco nicht nur eine große Freude. Es traf ihn
     auch ein bisschen. Denn er fragte sich automatisch, warum |278| er nicht auf ähnliche Weise mit dem Druck des Profisports fertig wurde. Er kam in Arezzo nur noch unregelmäßig zum Einsatz,
     in der Winterpause würde er zu Ferrara wechseln, wieder Dritte Liga. Marco Villa hatte sich vom ersten Tag an immer ein wenig
     wie Robert Enkes Beschützer gefühlt. Wechselten ihre Rollen?
    Als Marco nach Empede zu Besuch kam, sagte Robert: »Komm mal mit.« Er führte den Freund in sein Büro, die Regale gingen bis
     zur Decke, Kisten voller Fotos standen neben Spanischlehrbüchern und Ordnern mit der Aufschrift »Gewerbesteuer«. Robert griff
     zu einem dieser Hefter. »Hier, schau mal. Mein Depri-Ordner.« Er zeigte Marco seine Tagebücher, das Zwergengedicht. Er glaubte,
     lächelnd darauf zurückblicken zu können.
     
    Am Valentinstag 2005 kam Lara nach Hause. Die Eltern hatten seit ihrer Geburt vor fünfeinhalb Monaten ihr Zimmer für sie eingerichtet.
     Nun hielten sie ein Kind mit blauen Lippen in den Händen und sollten mal machen. Alle drei Stunden erhielt sie Flüssignahrung
     über einen Schlauch in der Nase. Wenn das Sättigungsgerät tutete, mussten die Eltern auf den Monitor schauen, ob der Sauerstoffgehalt
     nicht unter sechzig Prozent sank. Dann hätte Lara sofort in die Klinik gemusst. In den ersten vier Tagen schlief Robert wenig
     und Teresa gar nicht. »Er war froh, dass Lara zu Hause war, aber ich habe die Nerven verloren«, sagt Teresa. »Die Verantwortung,
     die Angst, etwas falsch zu machen, machte mich verrückt.« Die letzte der drei Herzoperationen stand Lara noch bevor.
    »Jetzt hat sie sich schon wieder übergeben!«, rief Teresa verzweifelt, nachdem sie Lara gerade die Nahrungslösung zugeführt
     hatte und von vorne anfangen musste, jede Zuführung dauerte anderthalb Stunden. Später saß sie endlich in Ruhe in der Küche,
     da hörte sie das Tuten des

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