Robert Enke
wiederholte Robert Enke.
»Zehn Millionen Euro netto, das ist so exorbitant, da unterschreibst du diesen einen Vertrag und musst danach nie mehr etwas
machen«, sagte Jörg Neblung.
Sie mussten Pinto da Costa zumindest einmal treffen, darin wurden sie sich einig.
Im Sommer zuvor hatte Manchester Uniteds Trainer Alex Ferguson Robert Enke angerufen, um für United zu werben. So direkt geht
es allerdings bei den wenigsten Spielertransfers zu. Gerade in südlichen Ländern ist eine Klasse der
intermediarios
entstanden, der Zwischenhändler. Pinto da Costa hatte seinen persönlichen
intermediario,
einen Spezialagenten, der beim FC Porto in keinem Amt stand, aber immer vorgeschickt wurde, um das Interesse einer potenziellen
Neuerwerbung auszuloten.
Der Präsident erwarte sie in einer, nun im Winter leer stehenden Sommervilla in Cascais, richtete der Zwischenhändler aus.
Das Einfahrtstor öffnete sich elektronisch und langsam, als Jörg Neblung und Robert Enke in dessen Opel die Villa erreichten.
Du musst dir ein größeres Auto kaufen, du bist doch ein Star, hatten ihm Fans oft gesagt. Warum sollte er sich ein Auto kaufen,
wenn er dieses von einem Sponsor gestellt bekomme, hatte sich Robert Enke immer gesagt. Wie gut, dass er so ein unauffälliges
Auto fuhr, dachte er zum ersten Mal.
Er wusste, ein Kapitän Benficas, der mit dem Präsidenten des FC Porto bei Verhandlungen gesichtet wurde, könnte sich am nächsten
Tag nicht mehr zum Training trauen.
Der Zwischenhändler öffnete ihnen die Tür. Der Präsident, randlose Brille, dunkler Anzug, saß in einem Plüschsessel. Es wurde
den Gästen nichts zu trinken angeboten, nicht einmal ein Glas Wasser. Eine Lampe brannte. Die Rollläden waren heruntergelassen.
In der Erinnerung von Jörg Neblung fand kein Austausch |127| von Nettigkeiten stand, kein höfliches Herantasten. »Es ist gut möglich, dass wir zwanzig oder dreißig Minuten in der Villa
blieben«, sagt er, »aber gefühlt dauerte das Treffen nicht länger als fünf Minuten. Ich kam mir vor wie bei einer Drogenübergabe.«
»Wir danken Ihnen für Ihr Interesse«, sagte Jörg Neblung, »dass wir bei der Summe, die im Raum steht, reden müssen, ist natürlich
klar. Zehn Millionen Euro netto für drei Spieljahre ist ein stolzes Angebot.«
Robert Enke übersetzte.
Pinto da Costa antwortete auf Portugiesisch, aber Jörg Neblung brauchte Roberts Übersetzung gar nicht. Er las schon alles
aus den Gesten des Präsidenten.
Wie kommen Sie auf diese Summe, zehn Millionen, davon war nie die Rede, wir haben überhaupt noch keine Summe genannt.
Der Zwischenhändler, der das angebliche Gehaltsangebot zwei Wochen zuvor übermittelt hatte, saß mit unbeweglichem Gesicht
daneben.
Robert Enke und Jörg Neblung versicherten sich mit einem Blick, dass sie dasselbe dachten. Man hatte Robert ein Scheinangebot
gemacht, um ihn erst einmal an den Verhandlungstisch zu bekommen.
»Wir haben wirklich großes Interesse an Robert Enke.«
»Aber wir sind unter der Voraussetzung erschienen, dass es hier um zehn Millionen Euro geht. Sie wissen, dass es für einen
Benficista wie Robert eigentlich unmöglich ist, zum FC Porto zu wechseln. Da erscheint es uns nur zwangsläufig, dass solch
ein gewagter Schritt finanziell entschädigt wird. Man könnte denken, Sie hätten uns unter falschen Vorzeichen eingeladen.«
»Bitte, lassen Sie uns jetzt nicht streiten. Wir werden Robert ein Angebot unterbreiten, das ihn höchst zufriedenstellen wird,
auch wenn es für drei Jahre sicher nicht zehn Millionen Euro netto sein werden.«
»Es tut uns leid, aber das sind nicht die Voraussetzungen, um weiterverhandeln zu können.«
Robert Enke und Jörg Neblung standen auf. Höflich reichten sie dem Präsidenten und dem Zwischenhändler zum Abschied |128| die Hand. Jorge Pinto da Costa sagte noch etwas auf Portugiesisch zu Robert.
»Wenn du zum FC Porto wechselst, halten wir das bis zur Saisoneröffnung geheim, und am Tag der Mannschaftspräsentation stehst
du plötzlich als Überraschung im Stadion des Drachens.«
In entscheidenden Momenten brauchten Robert Enke und Jörg Neblung oft nur einen schweigenden Blick, um sich zu verständigen.
Diesen Blick tauschten sie aus, als sich das Einfahrtstor surrend öffnete und ihnen den Weg freigab.
Das war’s, sagte der Blick. Porto können wir uns sparen.
Ein paar Tage später kam ein schriftliches Angebot des FC Porto. Von zehn Millionen Euro netto war wie erwartet
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