Robert Enke
rief aus
einem lauten Raum auf Jörg Neblungs Handy an und sagte, er sei am Flughafen Rom hängen geblieben, es tue ihm schrecklich leid.
Zur Vertragsunterzeichnung erschienen die Zwischenhändler normalerweise am pünktlichsten, denn hier wurde das Geld verteilt.
Barças Geschäftsführer kam, der Sportdirektor bat sie herein. Teresa nahm im Vorzimmer Platz. Als eine Stunde später die Bürotür
des Sportdirektors wieder aufging, suchte sie vergeblich Augenkontakt zu Robert. Er blickte zu Boden. Sie sah Jörg an. Er
schüttelte den Kopf.
Aus netto war im Vertrag auf einmal brutto geworden.
Jörg Neblung hatte in Pareras Büro einen langen Moment auf die Zahlen im Vertrag vor ihnen geschaut, dann wurde ihm jäh klar,
warum Gaby Schuster und Veiga nicht anwesend waren. Sie würden schon geahnt haben, dass diese Verhandlungen nicht an einem
Vormittag, nicht ohne einen Versuch des Klubs, das Gehalt zu drücken, über die Bühne gingen.
»Das ist nicht das Gehalt, auf das wir uns vorgestern geeinigt haben! Das ist unlauter«, sagte Jörg Neblung. Der Sportdirektor
lächelte freundlich. Jörg sah Robert an und er wusste, was dieser dachte.
Sie flogen noch am selben Abend zurück nach Deutschland.
»Enke-Transfer geplatzt«, schrieb
A Bola
.
|138| »Barça will Fabián Carini von Juventus Turin als neuen Torwart«, meldete
Tuttosport
.
»Macht es Barça mit Enke wie mit Köpke?«, fragte
Bild
.
Andreas Köpke, Nationaltorhüter der Neunziger, hat in seinen Ordnern zu Hause in Nürnberg noch heute einen unterschriftsreifen
Lizenzspielervertrag von Barça. Als er ihn 1996 unterzeichnen wollte, hatte Barça plötzlich die portugiesische Nummer eins
Vítor Baía eingestellt.
Auf dem Rückflug sprachen Robert und Teresa kaum ein Wort.
Zwei Tage nach der Brüskierung im Camp Nou stellte Robert Enke fest, es gab Torhüter, die waren deutlich schlimmer dran als
er. Wieder in Bad Windsheim bei Teresas Eltern, sah er im Fernsehen Mohammed Al-Deayea. Er verlor mit Saudi-Arabien 0:8 gegen
Deutschland. Die Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea hatte begonnen.
Bei der nächsten WM, 2006 in Deutschland, wollte er dabei sein. Und im Augenblick wusste er nicht einmal, wo er in einem Monat
im Tor stehen würde. Er war nervös, nicht zornig. Wenn Barça mit einem spielte, hielt man still und hoffte, dass es irgendwie
gut ausging.
Jörg Neblung telefonierte mit Barças Sportdirektor. Man sei selbstverständlich weiter an Robert Enke interessiert, sagte Parera.
Sie müssten nur noch einmal miteinander reden.
Barça wolle den Torwart Carini für die anstehende Saison von ihnen ausleihen, meldete Juventus Turin.
Ruf den Trainer an, sagte Jörg zu Robert.
Als sich die Vertragsgespräche in Barcelona angebahnt hatten, hatten sie den Sportdirektor um die Handynummer von Louis van
Gaal gebeten. Der niederländische Trainer war selbst erst vor einigen Wochen bei Barça eingestellt worden, Robert Enke wollte
wissen, ob van Gaal ihn als ersten Torwart oder Ersatzmann sah. Nun hatte der Anruf eine andere Dringlichkeit. Konnte ihm
van Gaal sagen, ob er bei Barça überhaupt noch ein Thema war?
Er erreichte den Trainer im Badeurlaub auf Aruba.
|139| »Ja, das ist sehr schlau von Ihnen, Herr Enke, dass Sie mich anrufen, das ist gut. Denn ich alleine entscheide, wer bei Barça
spielt.«
Er rufe nur einmal an, um zu hören, welche Rolle er in seiner Planung spielen würde.
»Also, ich bin nicht derjenige, der Sie verpflichten will! Der Sportdirektor will Sie. Ich kenne Sie nicht einmal. Aber bei
mir bekommt jeder der drei Torhüter in der Saisonvorbereitung dieselbe Chance, sich als Nummer eins durchzusetzen, auch Sie,
wenn Sie unterschreiben.«
Als er aufgelegt hatte, sagte Robert Enke zufrieden zu Jörg, es sei ein gutes Gespräch gewesen. Van Gaal schien seine Verpflichtung
zumindest zu akzeptieren und werde ihn fair behandeln.
Als Robert Enke mir Jahre später von dem Telefongespräch erzählte, betonte er, van Gaal habe ihn gleich angefahren: »Ich kenne
Sie gar nicht.«
Vier Tage, nachdem er die Vertragsgespräche abgebrochen hatte, war Robert Enke wieder auf dem Weg nach Barcelona. Er trug
Jeans und seinen graublau gerippten Lieblingspullover, eine Kleidung für Tage ohne Hoffnung auf besondere Anlässe. Um 19 Uhr
landete er mit Teresa, Jörg wartete bereits auf sie. Sie lernten gleich ein wenig über spanische Gepflogenheiten. 19 Uhr ist
noch Nachmittag in Spanien. Auf
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