Robert Enke
Umkleidekabine
Teresa an. Weder er noch sie konnten sich kurz darauf noch erinnern, was sie sprachen.
|165| Eigentlich liebte er die Momente nach dem Spiel in der Umkleidekabine, wenn die Anspannung langsam von ihm wich. Er hatte
sein Ritual. Er zog die Socken immer zuletzt aus, oft saß er vor dem Duschen noch eine Weile in der Umkleide, die Socken bis
zu den Knien und ansonsten nackt. In Novelda war kaum ein Mitspieler so schnell geduscht und aus der Kabine wie er.
Er beantwortete den Radioreportern zwei Fragen.
Robert, was ist hier passiert?
»Ich finde keine Erklärung für das, was hier passierte. Es ist hart, ins Tor zurückzukehren und dann drei Tore gegen einen
Drittligisten zu kassieren.«
Haben die Verteidiger und du den größten Teil der Schuld an der Niederlage?
»Es ist nicht der Moment, nach Schuldigen zu suchen, sondern jeder Einzelne sollte für sich seine eigene Leistung analysieren.«
Er riss sich los. Er setzte sich in den Bus und wartete darauf, dass sie abfuhren, dass ihn die Dunkelheit schluckte.
Toni Madrigal wollte mit Riquelme das Trikot tauschen, so wie sie es in der Halbzeit verabredet hatten. Riquelme ignorierte
ihn. An der Tür zu den Umkleidekabinen rang Madrigals Mutter unter Einsatz von Worten und Händen mit den Ordnern, sie hineinzulassen.
Sie insistierte, bis jemand Madrigal rief und der bestätigte, diese Frau zu kennen.
»In drei, vier Wochen wird sich niemand mehr an mich erinnern«, sagte Madrigal den Sportreportern. Er war sich nicht sicher,
ob er seine eigenen Worte glauben sollte.
Ein paar Meter weiter bat ein Sohn seinen Vater, er solle endlich aufhören, den dreifachen Torschützen vor den Reportern zu
preisen. »Man wird ihn uns sonst noch wegkaufen, Papa«, sagte der Sohn zu Juan Francisco Sánchez, Noveldas Präsidenten.
Das Flutlicht brannte noch, die weißen Sportplatzmauern, an denen der Putz bröckelte, leuchteten. Von den Sportreportern saßen
manche auf dem Boden in der zum Pressekonferenzraum umfunktionierten Turnhalle.
»Das alte Laster zeigte sich wieder, vor allem das unerklärliche Loch in der Abwehr, das de Boer und Reiziger öffneten; in |166| dem sie sich und Enke in seinem Debüt selbst begruben«, analysierte
El Mundo Deportivo
.
»Enke unterschrieb sein Urteil«, schrieb
Sport
.
Frank de Boer, als Barças Kapitän an diesem Abend beauftragt, für die Mannschaft zu sprechen, erschien auf dem Basketballplatz
hinter der winzigen Haupttribüne, wo die Reporter warteten. Er besaß die Erfahrung von über 400 Erstligapartien und 100 Länderspielen.
Er sagte: »Beim ersten Tor sah Michael Reiziger nicht gut aus, aber Enke muss rauskommen, um die Flanke runterzuholen, denn
er war doch quasi auf der Höhe des Balls.« Was Noveldas Siegtor zum 3:2 betraf, bei dem er tatenlos neben Madrigal stand,
befand de Boer, »den Ball muss Enke abfangen«.
Es ist ein Gesetz des Profifußballs: Kritisiere niemals deine Mitspieler öffentlich.
Am Flughafen Alicante warteten die Fußballer des FC Barcelona auf den Abflug der Chartermaschine, jeder Mann eine Insel, ohne
Verlangen zu reden und mit noch weniger Sehnsucht, irgendetwas zu hören. Aufgeregte Sportreporter verbreiteten die Nachricht.
De Boer hat sich unglaublich verhalten, das gab es noch nie, ist der schlechteste Mann von allen und fällt über seinen Kollegen
her, und das als Kapitän. Niemand traute sich, Robert Enke davon zu erzählen.
Es war nach ein Uhr, als er in Sant Cugat die Tür aufschloss. Er ging ins Bad, um die mit Shampoo gewaschenen Handschuhe sorgfältig
zum Trocknen auszulegen, wie immer.
In Novelda, an der Avenida de Elche, saß Toni Madrigal mit seinen zwei WG-Freunden am Küchentisch, Miguel Ángel Mullor, der
ihm die Vorlagen zu zwei Toren gegeben hatte, und Toni Martínez, der verletzt am Knie nicht mitspielen konnte, in diesem von
allen Spielen. »Es war schon spät, als wir aus dem Stadion kamen, nach elf, und es gibt nicht viele Lokale, die zu dieser
Zeit in Novelda noch geöffnet haben«, sagt Madrigal, deshalb waren sie direkt nach Hause gegangen. Zur Feier des Tages bestellten
sie eine Pizza.
|167| Am Morgen danach betrat Robert Enke die Umkleidekabine im Camp Nou pünktlich zum Training mit dem Gefühl, lieber sonst wo
sein zu wollen. Das Frühstück war wie immer gerichtet für die Spieler, Früchte, Croissants, wenn einige auf freiwilliger Basis
jeden Morgen beim Milchkaffee zusammensaßen, würden sie eher eine
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