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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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der Vortage. »Da kann ich nur verlieren.«
    Als das Spiel begann, wünschte sie sich, es möge schon vorbei sein.
     
    Barça ergriff sofort vom Ball Besitz und gab ihn nicht mehr her. Sie passten und passten, quer und diagonal, Ideologen der
     Schönheit, die sich frei entfalteten und ein bisschen zu entspannt spielten. »Sie waren schneller, besser, und wir rannten
     hinterher«, sagt Madrigal. »Wenn wir in die Nähe des Balls kamen, waren sie in Gedanken schon wieder einen Pass weiter.« Román
     Riquelme, der merkwürdigste Fußballer der Welt, dessen Bewegungen reine Langsamkeit sind, dem aber fast nie jemand den Ball
     abnehmen kann, weil er schneller denkt als die meisten, |159| spielte mit dem durchgestreckten Rücken und erhobenen Kopf einer Majestät im Mittelfeld; im Mittelpunkt.
    Vier Monate zuvor hatte Real Madrid mit Zidane, Figo, Raúl die Champions League erobert, Barça ertrug die unvorteilhaften
     Vergleiche mit Reals galaktischer Elf nicht mehr. Der Klub wurde getrieben von der Dringlichkeit, endlich wieder zu siegen,
     und der Argentinier Riquelme, frisch gekommen aus Buenos Aires, sollte der Erlöser sein. Nach sieben Minuten spielte er einen
     Pass, wie von van Gaal gefordert, erst im Angriffsdrittel steil in den freien Raum, Geovanni verwandelte ihn zum 0:1. Noveldas
     Zuschauer klatschten. Nach den ersten Eindrücken glaubten sie, dass es ihre einzige Freude des Abends werden würde, Barça
     zu bestaunen. Madrigal dachte, »die hauen uns zehn Stück rein«.
    Teresa sah Robert nicht. Im Fernsehbild war kein Platz für ihn, das Geschehen spielte in der anderen Spielfeldhälfte. Van
     Gaal hatte eine Abwehr mit nur drei Mann aufgeboten, ein riskantes Unterfangen, das sich sonst kein Trainer mehr traute, aber
     gegen den Drittligisten ging es offensichtlich auf. So verfügte Barça über einen zusätzlichen Mann in der Offensive; dort
     waren sie permanent in der Überzahl.
    Madrigal lauerte, er kreiste. Er stand mit dem Rücken zu Barças Tor, aber seine Schulter zeigte bereits in die Richtung, nach
     vorne, damit er beim erstbesten Befreiungsschlag sofort losstürmen konnte. Robert Enke zog sich sofort ganz nah zur Torlinie
     zurück, wenn Novelda einmal aus dem Mittelfeld herauskam und Gefahr eine entfernte Möglichkeit schien.
    Madrigal spürte den Torwart in seinem Rücken. Aber er hörte ihn nicht. »Sie redeten nicht miteinander«, registrierte Madrigal.
     Er hielt es für eine Stärke. Barças Abwehr und der Torwart wussten wohl automatisch, was der andere tat. Madrigal schaffte
     es nicht, sich ganz auf das Spiel zu konzentrieren. Das Ambiente war so ungewohnt. Er blickte über das Tor hinaus. Wo normalerweise
     ein paar Jugendliche an der Balustrade herumlungerten, waren an diesem Abend Zusatztribünen aufgebaut, die Kräne der Bauarbeiter
     ragten noch über den Sportplatzmauern empor. Im Führerhaus des Krans saßen Zuschauer, |160| ebenso wie auf der gegenüberliegenden Seite an den Fenstern der benachbarten Schule. 5000 Fans überfüllten den Sportplatz.
     Nach gut einer halben Stunde stießen sich Barças Spieler auf der Ersatzbank an, Bonano deutete zum Himmel. Dort kreisten drei
     Gleitschirmflieger, um auch etwas vom Spiel zu sehen.
    Der Fußballplatz von Novelda ist einer der kleinsten und engsten im spanischen Profifußball, 97 Meter lang, 63 Meter breit;
     acht Meter kürzer, fünf Meter enger als das Camp Nou. Das sei ein Vorteil für Enke angesichts seiner Anfangsschwierigkeiten,
     die richtige, weit aufgerückte Position eines Barça-Torwarts zu finden, hatten die Sportreporter vor dem Spiel geschrieben,
     er würde die Abwehr näher bei sich haben.
    Aber was hatten die Sportreporter denn für eine Ahnung. Der Ball kam auf diesem kleinen Drecksplatz nur viel schneller aus
     Noveldas Mittelfeld in seinen Strafraum geflogen, die Dimensionen stimmten alle nicht mehr, wie sollte er sich hier zurechtfinden,
     und jetzt schalteten sie auch noch das Flutlicht ein, das waren doch keine Lichter, sondern Funzeln, was für ein merkwürdiges
     Licht, wie sollte er den Ball hier klar sehen, wie sollte er hier ordentlich spielen?
    Alle waren froh, als der Schiedsrichter zur Pause pfiff. Barça, weil es das Spiel mit Leichtigkeit dominierte. Novelda, weil
     es nur 0:1 zurücklag. Robert Enke, weil er die Hälfte schon überstanden hatte, ohne vom Gegner belästigt zu werden. Teresa
     ging in den Garten, um eine Zigarette zu rauchen. Ihre Schläfen pochten.
    Noveldas Torwart kam im

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