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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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zu früh, etwas zu entscheiden, redete er sich heraus, aber vielen Dank für das Angebot.
    Es werde ein langer Sommer, sagte ihm Jörg. Bislang lagen nur Angebote von Fenerbahçe, FC Kärnten und FC Brügge vor. »Dafür
     kannst du dich nicht so leicht begeistern, wenn du von |193| Barça kommst«, sagt Jörg Neblung. Der Vertrag in Barcelona lief noch für zwei Spieljahre, Neblung hatte mehrmals mit Geschäftsführer
     Pérez Farguell telefoniert, um Klarheit zu bekommen, ob Robert gehen sollte oder bleiben durfte. Pérez Farguell sagte mit
     vielen Worten gar nichts. Barça übermittelte seine Botschaften lieber symbolisch.
    Man ließ Robert Enke zum Trainingsbeginn der neuen Saison, 2003/04, antreten, obwohl Barça einen neuen Torwart verpflichtet
     und einen weiteren aus dem B-Team dazugeholt hatte. Auf dem Platz der Masía versammelten sich fünf Torhüter, zwei zu viel.
     Noch immer sagte niemand etwas. Man hielt dies für respektvoll; Enke hatte doch noch einen Vertrag, man wollte ihm nicht direkt
     sagen, geh. Also wurde wieder eine Liste in der Umkleidekabine aufgehängt, das Aufgebot für das Trainingslager in den Vereinigten
     Staaten, wieder stand Robert Enke nicht darauf, Roberto Bonano, Wochen zuvor noch ein solider Schlussmann im Champions-League-Viertelfinale,
     ging es genauso. Es war Juli, ein Jahr nach Robert Enkes Ankunft, und die schöne Zeit in Barcelona war zu Ende, ehe sie begonnen
     hatte.
     
    Nach einer Stunde voller Erinnerungen an Robert Enke sind Victor Valdés’ Augen wässrig. »Die Leute hatten ihn schon nach Novelda
     abgeschrieben. Es passiert oft bei Barça, ein Fehler, und die Presse hakt den Torwart ab, das Publikum ruft, ›weg mit ihm!‹,
     besonders damals. Wir hatten nach Zubizarretas Rücktritt ein Jahrzehnt hinter uns, in dem kein Torwart gut genug für Barça
     schien, und dieser Reflex setzte gleich nach Novelda wieder ein: Der ist es auch nicht.« Valdés verschränkt die Arme vor der
     Brust. »Aber ich habe Robert jeden Tag im Training gesehen, und ich möchte glauben, dass ich mich nicht irre, wenn ich einen
     Torwart sehe: Er war ein Großer.«
    Robert Enke machte nur dreieinhalb Spiele für Barça, zwei in der Champions League, als bereits nichts mehr auf dem Spiel stand,
     20 Minuten gegen Osasuna, als sich Bonano verletzte. Und in Novelda. Aber war er wirklich schlechter als Bonano und Valdés?
    »Er hatte Schwierigkeiten, sich auf Barças besondere Spielweise |194| umzustellen. Doch ich glaube, dass er als Torwart damals vom Niveau über mir stand«, sagt Victor Valdés, der in der folgenden
     Saison auf unabsehbare Zeit Barças Nummer eins wurde: »Wäre Novelda nicht passiert, wäre Robert ein sehr guter Torwart für
     Barça geworden.«
    »Natürlich«, sagt Teresa, eine Lebensreise entfernt, auf dem norddeutschen Land, »habe ich mich manchmal gefragt, wie das
     Leben weitergegangen wäre, wenn dieses eine Spiel anders gelaufen wäre.«
    Sie hat für sich eine Antwort gefunden. »Vermutlich wäre gar nichts anders gelaufen. Vermutlich hätte er im nächsten oder
     übernächsten Spiel gepatzt. Er war damals nicht so weit, um den Druck Barças auszuhalten.«
     
    Wir saßen im Garten in Empede, Barcelona war vier Jahre alte Geschichte, es war Sommer, Ferien, Robert Enke, wie fast alle
     Torhüter mit zwei linken Händen ausgestattet, wenn es darum ging, handwerklich zuzupacken, sagte: »Hast du eigentlich schon
     gewürdigt, dass ich den Sonnenschirm ganz alleine festgeschraubt habe!« Da traute ich mich das erste Mal, nach Novelda zu
     fragen.
    »Bei dem Wort zieht sich bei mir noch immer alles zusammen«, sagte er. »Wenn ich an das Gesicht von Patrick Andersson denke,
     als er am Morgen danach voller Wut rief: ›Das kannst du dir vom de Boer nicht gefallen lassen!‹ Oder die Hitze im klimatisierten
     Mannschaftsbus vor dem Spiel.« Als hätte er von innen her geschwitzt.
    Teresa fuhr nach ihrem Abschied aus Spanien noch manches Mal nach Barcelona, um die Freunde von Sant Cugat zu besuchen. Er
     fand jedes Mal einen Grund, um nicht mitzukommen.

|195| ELF
In Zeitlupe
    Verlassen lag der Trainingsplatz La Masía im Halbschatten der mächtigen Stadionmauern. Die Morgensonne würde noch gut eine
     Stunde benötigen, um gegen halb zwölf den gesamten Rasenplatz in grelles Licht zu tauchen, doch die Hitze des Tages ließ sich
     schon vorausfühlen. Die Stille schrie Robert Enke an. Sie hatten ihn zurückgelassen.
    Die Mannschaft des FC Barcelona war tags

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