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Roberts Schwester

Roberts Schwester

Titel: Roberts Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Offenheit. Er durchschaute ihr Verhalten einfach nicht. Selbst ein Mensch, der keinen Alkohol gewöhnt war, wurde nicht nach drei Tropfen plötzlich so mitteilungsbedürftig. Ihre Eltern seien einfache Menschen gewesen, erklärte sie. Die Mutter nur Hausfrau, der Vater am Bau beschäftigt. Gestorben seien beide an einer Lebensmittelvergiftung. Nach dem Tod ihrer Eltern habe sie ihre Ausbildung bei einer Bank abbrechen und einen Job annehmen müssen, in dem sie genug verdiente, um auf eigenen Füßen zu stehen. Womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente, verschwieg sie. Das erfuhr ich später durch eigene Nachforschungen. Sie lebte allein, das betonte sie ausdrücklich, ganz allein in einer kleinen Wohnung in Frankfurt. Es gab zwar einen Bruder, doch der war seit langen Jahren im Ausland. Er hatte ein Ingenieurstudium absolviert und war in der Entwicklungshilfe tätig. Mit einem derart selbstlosen Helfer in der Familie ließ sich natürlich Eindruck schinden. Sie ließ sich eine Weile darüber aus, dass er an einem Bewässerungsprojekt mitarbeitete und den größten Teil seiner Zeit in der Wüste verbrachte. Nur selten war er in Tunis, wo sich das Planungsbüro befand.

    «Wir haben uns immer sehr gut verstanden», behauptete sie.

    «Aber seit Jonas von daheim weg ist, haben wir kaum noch Kontakt.»
    Ich fand das merkwürdig. Wenn ich im Winter für einige Wochen nach Spanien flog, rief Robert mich jeden Abend an. Wir hätten uns gar nicht vorstellen können, wochenlang nichts voneinander zu hören. Wenn er selbst Urlaub machte, schrieb er zudem noch Briefe oder Karten.

    «Jonas schreibt nicht gerne», sagte Isabell.

    «Er hat ja auch nicht so viel Zeit. Und telefonisch ist er fast nie zu erreichen. Er ist ja meist auf der Baustelle.»
    Als ob es dort keine Telefone gegeben hätte, gerade auf einer Baustelle – wo heutzutage fast jeder ein Handy mit sich herumschleppte. Am nächsten Tag zeigte sie mir ein Foto ihres Bruders. Es sei vor gut einem Jahr aufgenommen worden, behauptete sie, als Jonas zwei Wochen Urlaub in der Heimat machte. Die Aufnahme zeigte einen kräftigen, dunkelhaarigen Mann Ende zwanzig, Anfang dreißig. Von seinem Gesicht war auf dem kleinen Bildchen nicht viel zu erkennen. Aber einen Vollbart trug er darauf noch nicht. Isabell stand neben ihm und lachte zu ihm auf. Er hatte einen Arm um ihre Schultern gelegt und sie einen um seine Hüften. Es wirkte sehr vertraut. Kleine Schwester, großer Bruder, ein fast rührender Anblick, wäre da nicht der schmale Streifen um ihren Hals gewesen. Ich hatte keine Lupe zur Hand. Aber ich hätte jeden Eid geschworen, es war das Collier. Roberts Geschenk. Ich fragte ihn noch am gleichen Abend, ob und wann er ihr die Halskette geschenkt hatte.

    «Zu Weihnachten», sagte er und wollte wissen, warum ich fragte. Und als ich es ihm sagte, meinte er, ich müsse mich irren. Das zog ich nicht in Betracht. Natürlich konnte ein Schmuckstück, das Robert erst kurz zuvor verschenkt hatte, kaum auf ein Foto geraten sein, das vor gut einem Jahr entstanden war. Entweder war das Geschenk viel früher gemacht oder das Foto viel später aufgenommen worden. Dass Robert mich mit der Zeitangabe belog, schloss ich aus. Ich war völlig sicher, dass es sich um ein neues Foto handelte. Es sah aus, als sei es frisch aus dem Entwicklungslabor gekommen. So etwas sieht man doch, speziell wenn ein Foto in einer kleinen Handtasche aufbewahrt wird. Da sind rasch die Ecken abgestoßen. Das war nicht der Fall. Und damit stellte sich die Frage, wer der Mann auf dem Foto war, wenn Jonas Torhöven sich tatsächlich zuletzt vor gut einem Jahr in der Heimat aufgehalten hatte. Ich hatte noch einige Fragen mehr. Von wem zum Beispiel der breite Goldreif stammte? Von Robert nicht, das klärte sich rasch. Ihm hatte sie erzählt, es sei ein Erbstück. Dafür war es viel zu modisch, außerdem haben einfache Menschen nur selten Gold zu vererben. Dann war da auch noch die Tatsache, dass es nicht die geringste Ähnlichkeit zwischen Isabell und dem Mann auf dem Foto gab. Es gab zwar auch zwischen Robert und mir keine Ähnlichkeit. Aber wir hatten verschiedene Mütter gehabt. Bei Isabell und Jonas Torhöven war das nicht der Fall. Ich war überzeugt, dass sie sich mit einem Liebhaber hatte ablichten lassen, kurz nachdem Robert ihr das Collier geschenkt hatte. Und dann besaß sie die Dreistigkeit, ihn uns als ihren Bruder zu präsentieren. Robert hielt an seiner Überzeugung fest und schlug sogar vor, ich

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