Roberts Schwester
solle mit Piel darüber reden.
«Mia», sagte er.
«Denk vernünftig nach. Du hast Isa doch nicht gebeten, ein Foto ihres Bruders zu zeigen. Sie hat es von sich aus getan. Welchen Grund sollte sie haben, einen Liebhaber als ihren Bruder auszugeben?»
Woher hätte ich wissen sollen, welche Gründe sie hatte? Vermutlich empfand sie einen widerlichen Spaß daran, uns – ich benutzte diesen Ausdruck höchst ungern, fand ihn in diesem Fall jedoch sehr passend – zu verarschen. Robert war schockiert.
«Mia, du siehst etwas, ziehst einen bestimmten Schluss, leitest weitere Schlüsse daraus ab, und für dich sind es gleich Tatsachen. Aber du kannst nicht einfach eine Behauptung aufstellen, die durch nichts bewiesen ist. Es kann irgendeine Kette sein. Isa trägt häufig Modeschmuck. Und selbst wenn es das Collier wäre, das ich ihr geschenkt habe, ich könnte es ihr schon vor einem Jahr geschenkt haben. Wenn du dich erinnerst, ich sagte zu Weihnachten, damit muss nicht unbedingt das letzte gemeint gewesen sein.»
«Vor einem Jahr kanntest du sie doch noch gar nicht», sagte ich.
«Was macht dich so sicher?», fragte er.
«Du hättest sie mir schon vor Monaten vorgestellt», sagte ich.
«Und ich habe gesehen, dass es ein völlig neues Foto war. Robert, ich kann dir genau sagen, was sie vorhat. Sie hat einen Kerl in Frankfurt und denkt gar nicht daran, sich von ihm zu trennen. Ist dir nicht aufgefallen, wie verliebt sie zu ihm aufschaute? Sie will dich nur ausnehmen, und das tut sie mit seinem Einverständnis. Du darfst dich von ihr nicht verletzen lassen, Robert.»
Mit Piel sprach ich natürlich nicht über meinen Verdacht, jedenfalls nicht sofort. Auch bei Robert schnitt ich das Thema Liebhaber vorerst nicht wieder an. Ich hielt ihn für vernünftig genug, in absehbarer Zeit selbst zu erkennen, dass ich Recht hatte. Aber Robert war einfach nur verliebt. Als Isabell das zweite Wochenende in unserem Haus verbrachte, schlief sie bereits in seinem Zimmer. Er selbst wies Frau Schür darauf hin, dass ein Gästezimmer nicht gebraucht wurde. Isabell legte sich keinerlei Zwänge auf. Ihr Stöhnen übertönte alles, was mir in dieser Hinsicht bis dahin zu Ohren gekommen war. Ein widerliches Getue war es, so falsch wie alles an ihr. Ich lag wach und sah im Geist den Mann auf dem Foto in ihren Armen. Gleichzeitig sah ich ihre langen roten Krallen über Roberts Rücken fahren. Mir war übel, ich hatte Kopfschmerzen und dachte an Piel, an seine endlosen Vorträge über meine Eifersucht. Ich war nicht eifersüchtig. Ich gönnte Robert von ganzem Herzen jedes Vergnügen, seine Lust und seine Befriedigung. Ich dachte mir nur, dass er mit einem Mädchen aus dem «Cesanne» mehr Ehrlichkeit bekommen hätte. Da hätten wir gewusst, woran wir waren. Isabell war auch am nächsten Wochenende unser Gast und am übernächsten. Und sie verlor nicht viel Zeit, Robert gegen mich aufzuhetzen. Ende Februar wurde ich zufällig Zeugin eines Gespräches, das an ihrer Absicht keinen Zweifel ließ. Sie waren im Keller, planschten ausgelassen im Schwimmbad herum. Eine Viertelstunde hatte ich ihnen Gesellschaft geleistet, allerdings nur auf dem Beckenrand gesessen. Schwimmen mochte ich nicht. Ich wusste gar nicht, ob ich es noch konnte. Eine geübte und ausdauernde Schwimmerin war ich eigentlich nie gewesen. Es hatte mir gereicht, gemächlich einige Bahnen durchs Wasser zu ziehen. Aber mit nur einem Arm hatte ich es noch nie probiert. Als Isabell zu drängen begann, ich solle auch ins Wasser kommen, es sei so herrlich erfrischend, und falls nötig, könne sie mir Hilfestellung geben, ging ich nach oben, um mir etwas zu trinken zu holen. Ich brauchte im Februar noch keine Erfrischungen. Draußen waren es nur knapp fünf Grad über null, und sie benahm sich, als hätten wir Hochsommer. Als ich zurückkam, saß sie auf dem Beckenrand und ließ die Beine ins Wasser baumeln. Ich hatte die Tür noch nicht erreicht, da hörte ich sie sagen:
«Ich habe das Gefühl, deine Schwester mag mich nicht. Egal, was ich ihr anbiete, alles lehnt sie ab.»
Nun, so viel hatte sie mir noch nicht offeriert. Genau genommen war ihre Hilfestellung beim Schwimmen das erste Angebot gewesen. Und Robert sagte:
«Mia ging auch früher nicht gerne ins Wasser.»
«Verstehe ich nicht», gab sie zurück und strampelte mit den Beinen, dass ich das Wasser spritzen hörte.
«Wenn ich einen Pool im Keller hätte, müsstest du mich rausprügeln.»
Warum saß sie dann auf
Weitere Kostenlose Bücher