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Roberts Schwester

Roberts Schwester

Titel: Roberts Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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spielte mit dem Gedanken, ihr eine gewisse Summe zu bieten, wenn sie freiwillig verschwand. Und nur drei Tage später eröffnete Robert mir, dass er sie heiraten wollte. Das war Anfang April. Der Termin stand bereits fest. Es kam so unvermittelt. Er zog mir den Boden unter den Füßen fort. Im ersten Moment wusste ich gar nicht, was ich antworten sollte. Dann versuchte ich, ihm schonend beizubringen, was ich erfahren hatte. Ich dachte, ich hätte genug in der Hand. Nur wollte ich nicht gleich mein schwerstes Geschütz auffahren und begann behutsam:

    «Du solltest nichts überstürzen, Robert. So lange kennst du sie doch noch nicht. Sie ist jung und sehr hübsch, ich verstehe durchaus, dass sie dich reizt. Wenn du mit ihr schlafen willst, tu das. Andere tun es auch. Sie ist eine Nutte.»
    Robert reagierte zuerst mit Erstaunen.

    «Unsinn, Mia, wie kommst du auf so eine absurde Idee?»
    Als ich ihm darauf nicht gleich antwortete, meinte er:

    «Ich weiß, dass du Isa nicht magst. Aber ich muss dich doch bitten, dich mit deinen Ausdrücken zu mäßigen.»

    «Frauen, die vier Jahre lang mit einem Zuhälter zusammenleben, sich auf sein Kommando mit anderen Männern ein- und von ihnen aushalten lassen, nennt man aber so», sagte ich. Robert kniff irritiert die Augen zusammen.

    «Woher weißt du von Fechner?»

    «Heißt das, du weißt auch von ihm?», fragte ich.

    «Zuerst bekomme ich eine Antwort», verlangte er. Also erzählte ich ihm, dass ich mir Sorgen um ihn gemacht und zu seinem Schutz einen Detektiv engagiert hatte, der im Verlauf seiner Tätigkeit einige unerfreuliche Tatsachen ans Licht gebracht hatte. Zu Beginn meiner Erklärung lächelte Robert noch. Als ich zum Ende kam, fragte er:

    «Findest du das fair, Mia?»
    Dann begann er, fing an mit einem:

    «Es tut mir Leid, Mia.»
    Er hatte mich belogen. Mehrfach versicherte er, es sei nicht Isabell gewesen, die ihn veranlasst habe, mir gegenüber nicht offen zu sein. Das glaubte ich ihm nicht. Ich war mir sicher, er hatte ihr gleich zu Beginn ihrer Bekanntschaft von mir erzählt, von unserer Vertrautheit, von dieser intensiven Beziehung. Und sie hatte ihm geraten zu schweigen, damit ich ihre Rechnung nicht durchkreuzen konnte, ehe sie aufgegangen war. Er kannte sie bereits seit zwei Jahren und hatte in der ganzen Zeit kein Wort darüber verloren. Er hatte mir sogar andere Frauen vorgestellt, allerdings nicht, um mich zu täuschen.

    «Ich wollte Isa nicht an mich binden», sagte er.

    «Sie erschien mir viel zu jung. Ich wollte ihr nur helfen, sich von Fechner zu lösen.»
    Kennen gelernt hatte er sie nach einer erfolgreichen geschäftlichen Transaktion. Ein Finanzmakler hatte ihn in diese Bar eingeladen, um einen Triumph zu feiern. An dem Abend war sie nur ein hübsches, junges Ding gewesen, amüsant und unterhaltsam. Ein Mädchen, mit dem man ein paar nette Stunden verbrachte. Ob diese Stunden in seinem Hotelzimmer ihren Ausklang fanden, sagte er mir nicht. Ich wollte es auch gar nicht so genau wissen. Im ersten Jahr hatte er sie nur gelegentlich gesehen, wenn er über Nacht in Frankfurt bleiben musste und nicht den ganzen Abend allein im Hotel sitzen wollte. Nach und nach hatte sie ihm das Drama ihrer Existenz offenbart. Und dabei waren sie sich allmählich näher gekommen – wohl ungefähr so, wie ich Serge Heuser näher gekommen war. An eine feste Beziehung hatte Robert zu Anfang nicht gedacht. Und noch vor sechs Monaten habe es den Anschein gehabt, dass es mit ihr keine gemeinsame Zukunft geben könne, sagte er. Deshalb hatte er versucht, Abstand zu wahren, sie nicht so nahe an sich heranzulassen, dass ein endgültiger Abschied schmerzte. So wie er es schilderte, wurde mir rasch klar, dass er mehrfach versucht haben musste, den Schlussstrich zu ziehen. Nur konnten Isabell und ihr Liebhaber das nicht zulassen. Einen fetten Fisch ließ man nicht wieder von der Angel. Man hielt ihn fest am Haken und zog ihn behutsam an Land. Ich begriff, warum Fechner untergetaucht war. Nur um Robert den Eindruck zu vermitteln, die Bahn sei frei. Im Dezember hatten sie dieses Spielchen schon einmal mit ihm getrieben. Als ich bei Lucia in Spanien war und ihn mit Olaf Wächter in der Schweiz wähnte, als er mich jeden Abend anrief, um zu fragen, ob es mir gut ginge, als ich ein halbes Dutzend Ansichtspostkarten aus dem Skiurlaub von ihm erhielt, hatte er vier Wochen mit Isabell verbracht – in der Wohnung, die Horst Fechner gemietet hatte und normalerweise mit ihr teilte.

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