Roberts Schwester
Fechner hatte angeblich zur selben Zeit eine kurze Haftstrafe verbüßt. Und Olaf war allein in der Schweiz gewesen, ausgestattet mit einem halben Dutzend vorgeschriebener Postkarten. Den Vorschlag, mich auf diese Weise zu hintergehen, hatte er gemacht. Von selbst wäre Robert auch nicht auf solch eine Idee gekommen. An Fechners Haftstrafe glaubte ich nicht. Das hätte der Detektiv garantiert in Erfahrung gebracht und auch mit Freuden berichtet. Der gesamte Rest war mehr als ein Schock für mich. In ein Flugzeug gesetzt wie ein Gepäckstück, das sonst nur im Weg war. Jeden Abend am Telefon belogen, vermutlich während Isabell daneben stand. Da musste bei ihr der richtige Eindruck entstanden sein.
«Ich wollte dich nicht hintergehen, Mia», sagte Robert.
«Ich wollte nur verhindern, dass du dir Sorgen machst. Und das hättest du getan, wenn ich dir gesagt hätte, dass Isa mit einem vorbestraften Mann zusammenlebt, der zurzeit mal wieder einsitzt. Olaf meinte, mit den Postkarten könnte ich mir ein bisschen Luft verschaffen.»
Er begriff nicht, was er angerichtet hatte, als er dieser widerlichen Nutte und ihrem Zuhälter vormachte, dass man mich getrost an der Nase herumführen durfte. Persönlich kennen gelernt hatte Robert Horst Fechner nie. Ein paar Fotos von ihm hatte er gesehen und eine Menge über ihn reden hören. Das meiste natürlich von Isabell, aber er hatte auch in der Bar ein wenig aufgeschnappt. Ein unangenehmer Zeitgenosse, brutal und gewöhnlich. Dabei durchaus attraktiv, genau der Typ, der auf junge Frauen eine bestimmte Wirkung habe, meinte Robert.
«Sie hat zu spät bemerkt, mit wem sie sich eingelassen. hatte. Und sie hatte nicht den Mut und die Kraft, sich von ihm zu trennen. Er war lange Jahre der Einzige, der in gewisser Hinsicht für sie sorgte. Sie fühlte sich abhängig und verpflichtet. Du darfst nicht übersehen, wie jung sie noch ist, Mia. Sie hatte doch nie die Chance, Selbstbewusstsein zu entwickeln.»
Immer wieder habe Isabell betont, dass sie Horst Fechner verlassen wolle. Und stets habe sie sich vor seiner Reaktion gefürchtet. Angeblich hatte er ihr gedroht, ihr hübsches Gesicht in Streifen zu schneiden, ihr jeden Knochen zu brechen und ihr sämtliche Zähne auszuschlagen, wenn sie ihren Koffer packen sollte. Natürlich hatte Robert ihr geglaubt. Sie hatte ihm wohl auch verschiedentlich Verletzungen gezeigt.
«Er hat sie mehr als einmal geschlagen», sagte er.
«Nicht nur mit Händen oder Fäusten. Mir hat sich der Magen umgedreht, als ich ihre Wunden sah.»
Und wie hätte es anders sein können, Robert hatte sich verpflichtet gefühlt, diesem armen, bedauernswerten Geschöpf zu helfen. Ihn interessierte nicht, wie der Detektiv Isabell eingeschätzt hatte. Schwachsinn nannte er das.
«Mia, ich liebe sie», sagte er.
«Ich liebe sie mehr, als ich dir begreiflich machen kann. Und ich kenne sie lange und gut genug, um zu wissen, dass sie mich ebenfalls liebt. Zu Anfang war es von ihrer Seite aus vielleicht nur Dankbarkeit. Aber jetzt ist es mehr, viel mehr. Ich verstehe, dass du Bedenken hast. Gib ihr trotzdem eine Chance, bitte, tu es mir zuliebe.»
Er verlangte von mir, dass ich augenblicklich aufhörte, hinter ihr herspionieren zu lassen, anderenfalls müsse er ernsthaft in Betracht ziehen, ein Haus zu suchen, in dem er in Frieden mit Isabell leben könne.
«Wenn dieser Detektiv noch Geld zu bekommen hat, gib es ihm», sagte er.
«Und sag ihm, damit sei der Auftrag erledigt. Wir legen keinen Wert darauf zu erfahren, wo Horst Fechner sich derzeit aufhält, mit wem er sich trifft und wie er sich die Zeit vertreibt. Wenn du dich nicht daran hältst, Mia, wenn du irgendwann mit neuen Erkenntnissen aufwartest, dann gehe ich. Und wenn ich vorübergehend in ein Hotel ziehen muss.»
Ich fühlte mich so hilflos, war nach diesem Gespräch tagelang wie gelähmt und so verzweifelt, dass ich keinen klaren Gedanken fassen konnte. Nicht einmal meinen wöchentlichen Termin bei Piel konnte ich wahrnehmen. Stattdessen fuhr ich zu Olaf Wächter. Ich machte ihm Vorwürfe. Er rechtfertigte sein Verhalten auch noch, machte erst gar nicht den Versuch zu bestreiten, dass er Robert zu diesem Betrug angestiftet hatte.
«Es wurde höchste Zeit», sagte er.
«Auf diese Weise konnte er sich zumindest über seine Gefühle für Isa klar werden. Die vier Wochen haben ihm auch genug Mumm gegeben, dir endlich einmal die Stirn zu bieten. Seit Monaten wollte er mit dir reden und wagte es
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