Roberts Schwester
Vertraute Ihres Bruders waren», kommentierte Wolbert trocken.
«Er besprach alle geschäftlichen Belange mit Ihnen. Die privaten ebenso?»
Er lächelte wie zu einer Entschuldigung und bohrte weiter. Ihm ging es, wie er erläuterte, nur darum, die letzten Tage zu rekonstruieren.
«Ihr Bruder war am Mittwoch in Frankfurt. Was hatte er dort zu tun?»
Wenn ich es genau gewusst hätte, hätte ich es ihm gesagt. Dass Robert einen Psychiater konsultiert hatte, schloss ich inzwischen aus. Er hätte das garantiert am Donnerstag zur Sprache gebracht.
«Mia, ich habe in Frankfurt mit einer Koryphäe gesprochen. Ich dachte mir, wo Piel so ein Stümper ist, solltest du vielleicht den Therapeuten wechseln.»
Genau das hätte er gesagt, da war ich völlig sicher. Ein Treffen mit irgendeinem Finanzmakler, etwas anderes konnte es nicht gewesen sein. Und es mochte hundert Gründe geben, dass Robert so nervös und bedrückt deswegen war. Kaum hatte ich seine deprimierte Stimmung erwähnt, stürzte Wolbert sich darauf.
«Gab es doch finanzielle Schwierigkeiten?»
Nein, verdammt! Es gab nur dieses Weib da oben und einen bis ins kleinste Detail ausgetüftelten Plan. Alles war von langer Hand vorbereitet worden. Und ich hatte es nicht durchschaut. Natürlich war ich misstrauisch gewesen und äußerst wachsam. Ich hatte mir vor Roberts Hochzeit auch eine Menge vorgenommen. Doch es ließ sich nicht so einfach in die Tat umsetzen, wie ich mir das gedacht hatte. Niemand war bereit, mir zu helfen. Und es war unmöglich, sie alleine zu kontrollieren, ohne Robert stutzig zu machen. Für ihn und mich begann der Tag um acht. Wir frühstückten gemeinsam, gingen zusammen in sein Arbeitszimmer und waren dort bis Mittag beschäftigt. So hatten wir es in den vergangenen Jahren gehalten. Hätte ich das nun wieder ändern wollen, er hätte doch eine Erklärung erwartet. Davon abgesehen leistete ich ihm gerne Gesellschaft. Für mich gab es zwar kaum etwas zu tun, aber er erklärte mir alles. Er liebte es, über zukünftige Entwicklungen zu spekulieren. Dort wechselte ein Vorstandsmitglied, da wurde eine Tochtergesellschaft gegründet. Man musste stets informiert sein und einen sechsten Sinn, um nicht zu sagen, beinahe hellseherische Fähigkeiten haben, wollte man keine Einbußen hinnehmen. Und ich liebte es, ihm zuzuhören. Seine Stimme verlieh der trockenen Materie eine gewisse Glut. Es war nach dem Unfall um vieles angenehmer gewesen, als alleine in meinem Atelier zu sitzen, den Steinklotz in der Ecke zu betrachten, den ausgeträumten Traum vom Ruhm, und sich dann womöglich noch am Telefon mit einem Galeristen auseinander setzen zu müssen. Also blieb es dabei, als sie in der ersten Maiwoche von der Hochzeitsreise zurückkamen. Von neun bis um ein Uhr mittags Geschäfte. Wenn Robert außer Haus etwas zu erledigen hatte, tat er das meist am Nachmittag. Nur in Ausnahmefällen brach er schon frühmorgens auf. Und Isabell schlief, bis Frau Schür das erste Mal ungeduldig an die Zimmertür klopfte. Dann vergingen gute zwei Stunden mit ihrer Körperpflege. Nicht dass ich es mit der Stoppuhr kontrolliert hätte. Frau Schür beschwerte sich beinahe täglich bei mir, dass sie erst so spät dazu käme, Roberts Zimmer und das Bad zu säubern. Da könne sie das Mittagessen nicht pünktlich auf den Tisch bringen. Robert und mich hätte es nicht gestört, eine halbe Stunde später zu essen. Aber Frau Schür hatte ihren festen Rhythmus. Den brauchte sie auch, um das große Haus sauber zu halten und alles Weitere zu erledigen. Ich hatte sie mehrfach durch eine Hilfskraft entlasten wollen. Fünfmal insgesamt hatte ich in den vergangenen zehn Jahren junge Frauen eingestellt, die nur für einige Stunden in der Woche kamen. Sie sollten sich vordringlich um die Räume kümmern, die nicht genutzt wurden, zudem den Keller und den Dachboden sauber halten. Man konnte ja nicht alles verkommen lassen. Nur hatte Frau Schür es jedes Mal innerhalb kürzester Zeit geschafft, ihr Hilfspersonal wieder zu vergraulen. Ihr machte es keine recht. Vielleicht hatte sie Angst, dass eine Jüngere ihren Platz einnehmen könnte. Also ließ ich sie schließlich nach eigenem Gutdünken hantieren. Es funktionierte auch recht gut. Aber Isabell brachte ihren gesamten Tagesablauf durcheinander. Womit sie sich nach Baden, Frisieren und Maniküren die Zeit vertrieb, ließ sich leicht an unserer Telefonrechnung ablesen. Leider waren darauf nicht die Nummern der Gesprächsteilnehmer
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