Roberts Schwester
kläglich und schutzbedürftig.
«Wenn du ihn heiraten möchtest, Mia, wenn du zu ihm ziehen möchtest, ich verstehe das. Und ich habe bestimmt nichts dagegen. Du solltest dir das Haus wenigstens einmal anschauen, es ist phantastisch. In jedem Detail hat er deinen Geschmack berücksichtigt. Er wartet nur darauf, dass du den ersten Schritt tust. Auf mich musst du keine Rücksicht nehmen, Mia, wirklich nicht. Ich komme allein zurecht. Und du liebst ihn doch.»
«Vergiss Olaf», sagte ich.
«Er ist nicht mehr wichtig.»
Aber er hielt sich für sehr wichtig. Er kam zu uns, da war ich gerade zwei Tage wieder daheim und quälte mich noch damit ab, mit einer Hand zu arbeiten. Olaf stürzte sich darauf wie ein Ertrinkender auf ein vorbeitreibendes Brett.
«Der Traum vom Ruhm ist ausgeträumt», stellte er fest.
«Aber es kann ja durchaus noch andere Träume geben. Ich liebe dich, Mia, ich möchte, dass du zu mir kommst. Wir müssen nicht heiraten, wenn du das nicht willst. Aber lass uns doch wenigstens das Zusammenleben probieren. Und wenn du dich ein wenig erholt hast, fliegen wir in die USA. Nicht auf Hochzeitsreise, Mia, aber ich denke, es gibt dort die besseren Chirurgen. Schau dir nur an, was sie aus ihren Stars machen. Du bekommst dein Gesicht zurück, das verspreche ich dir.»
«Das träumst du nur», sagte ich.
«Wenn dir mein Gesicht nicht gefällt, wie es jetzt ist, niemand zwingt dich hinzuschauen. Du hast deine Entscheidung getroffen, belassen wir es dabei. Vergiss nicht, du hast mir einen Tritt gegeben, nicht umgekehrt.»
«Herrgott, Mia», brauste er auf.
«Ich wollte dich wachrütteln. Hat Robert es dir denn nicht gesagt? Er ist doch einverstanden, dass du zu mir kommst. Es kann so nicht weitergehen mit euch beiden. Ihr fresst euch auf, jetzt erst recht. Robert hat das längst begriffen.»
Ich warf einen Meißel nach ihm, traf ihn aber nicht. Damals war ich noch nicht so gut mit der linken Hand. Ehe Olaf die Tür hinter sich zuzog, fragte er:
«Was tust du eigentlich, wenn Robert dich eines Tages verlassen will?»
.
4. Kapitel
Ich wurde nervös, als der Buttermilchknabe begann, die Meißel auf dem Tisch zu verschieben. Wolbert bemerkte, dass es mir nicht gefiel, gab ihm ein verstohlenes Zeichen und vertrieb ihn damit wieder Richtung Fenster. Von dort aus entdeckte er dann die Vogeltränke im Garten, drehte sich zu mir um und erkundigte sich enthusiastisch, ob das mein Werk sei. Es war das erste Mal, dass ich ihn sprechen hörte. Er hatte eine erstaunlich dunkle Stimme, genau das Timbre, das Wonneschauer erzeugt, wenn man in der richtigen Stimmung ist. Das war ich, weiß Gott, nicht. Wolbert fragte nach Roberts Geschäften, nach Leuten, die in seiner Schuld standen und nicht zahlen konnten oder durch seine Spekulationen eine Menge Geld verloren hatten. Offenbar vermutete er ein Motiv im geschäftlichen Bereich. Das war Schwachsinn, pure Zeitverschwendung, in diese Richtung zu ermitteln. Ich wurde wütend und heftiger als beabsichtigt, als ich versuchte, ihm das klar zu machen. Anschließend hätte ich mich für meine Reaktion ohrfeigen mögen. Ich wollte ihn doch nicht auf Isabell hetzen. Und er schaute mich so erwartungsvoll an. Aber verdammt! Wenn uns hundertmal die Hälfte vom «Cesanne» gehörte. Und wenn sich dort tausendmal auch polizeibekannte Personen ein Stelldichein gaben, damit hatten wir nichts zu tun. Auch Unterweltgrößen von der Sorte, denen man nie etwas nachweisen konnte, bevorzugten nun einmal eine gepflegte Atmosphäre. Robert hatte keine schmutzigen Geschäfte getätigt und war nie in kriminelle Machenschaften verwickelt gewesen. Er hatte nicht mit dem Geld kleiner oder großer Anleger spekuliert, nur mit unserem Vermögen. Und größere Verluste hatte er meines Wissens auch nicht hinnehmen müssen, nicht einmal kleinere. Glück im Spiel! Ich verwies Wolbert an Olaf, der ihm mehr darüber sagen konnte. Er notierte sich die Anschrift von Olafs Büro mit dem launigen Hinweis, dass meine Schwägerin ihm diesbezüglich leider nicht habe helfen können. Das musste man sich vorstellen. Da behauptete dieses Weib, die Adresse unseres Steuerberaters nicht zu kennen. Dabei war Olaf auch privat häufig unser Gast. Er ging praktisch bei uns ein und aus. Aber es war ein guter Ansatzpunkt, um Wolbert auf Isabells mangelnde Glaubwürdigkeit hinzuweisen. Da hatte sie sich mit ihrer Show gewaltig ins eigene Fleisch geschnitten.
«Ihre Schwägerin erklärte uns, dass Sie die
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