Roberts Schwester
gewiss keine Feindseligkeit. Es fiel mir bestimmt nicht leicht, dieses Früchtchen mit Samthandschuhen anzufassen, aber genau das tat ich. Wenn sie von ihren Ausflügen heimkam, erkundigte ich mich freundlich, ob sie einen netten Nachmittag gehabt und womit sie sich denn die Zeit vertrieben hätte. Ich brachte sogar Frau Schür dazu, sich an einer Paella zu versuchen und ihren Reinigungsturnus umzustellen, damit Isabell ausschlafen konnte und mittags ein Häppchen nach ihrem Geschmack bekam. Nur ein einziges Mal versuchte ich, ihr ins Gewissen zu reden. Robert war unterwegs, so dass die Gelegenheit für ein klärendes Gespräch günstig war. Ich bekam sie gerade noch in der Halle zu packen, als sie aus dem Haus wollte.
«Es hat niemand etwas dagegen, wenn du dich amüsierst», sagte ich.
«Es verlangt auch niemand, dass du dich ständig nur hier im Haus aufhältst.»
Weiter kam ich nicht.
«Dann ist ja alles in Ordnung», fiel sie mir ins Wort.
«Ich bin auch der Meinung, dass es dich einen Dreck angeht, wie ich meine Zeit verbringe. Es ist allein meine Sache, höchstens noch die von Robert. Wenn du dich nur halb so viel in unsere Ehe einmischen und mir nicht bei jeder Gelegenheit vorschreiben würdest, was ich zu tun und zu lassen habe, sähe hier einiges anders aus. Du hast mich schon am ersten Tag auf deine Abschussliste gesetzt. Und da wunderst du dich, dass ich dir aus dem Weg gehe?»
Sie verstand es ausgezeichnet, die Dinge so zu verdrehen, dass ihre Behauptungen als reine Wahrheit erschienen. Aber wenn es nur darum ging, mir aus dem Weg zu gehen, warum nannte sie dann nicht wenigstens Robert die Namen ihrer
«Freunde»
? Warum lud sie nicht einmal am Wochenende jemanden zu uns ein? Robert bot es ihr wiederholt an. Jedes Mal führte sie mich als Vogelscheuche ins Feld. Wer holte sich denn eine Horde Spatzen an den Tisch, wenn ein Gift und Galle spuckendes Schreckgespenst mitten auf der Tafel hockte? Das Argument hätte ich zur Not noch gelten lassen. Aber warum erklärte sie Robert nicht einziges Mal, mit wem oder wo sie sich die Zeit vertrieben hatte? Ich hörte ihn so oft nachts fragen:
«Hattest du einen schönen Tag? Wo warst du denn?»
Regelmäßig hieß es:
«Fängst du jetzt auch noch an wie Mia? Lass mir doch einen Fahrtenschreiber einbauen oder engagiere jemanden, der mich begleitet und dir Rechenschaft gibt über jeden Schritt, dann weißt du es ganz genau.»
Jedes Mal wurde Robert in die Defensive gedrängt und zu einer Entschuldigung gezwungen.
«So habe ich das doch nicht gemeint.»
«Ich weiß, wie du es gemeint hast», sagte sie dann meist.
«Aber ich weiß nicht mehr, was du dir unter einer Ehe vorstellst. Am Vormittag verkriechst du dich hinter deinem Computer, dem Wirtschaftsteil und dem Telefon. Mia leistet dir Gesellschaft, und ich darf nicht stören. Nachmittags hast du Termine außer Haus, dabei kannst du mich auch nicht gebrauchen. Und abends besprichst du dann mit Mia, was es gegeben hat. Mia, immer nur Mia. Ich bin hier überflüssig. Wenn ich mich länger als zehn Minuten in der Küche aufhalte, bekommt Frau Schür einen Anfall. Vom Garten habe ich leider keine Ahnung, vielleicht wäre der Gärtner umgänglicher.»
Sie drängte Robert mehrfach, er solle sie in geschäftliche Belange einführen.
«Lass mich dir doch helfen. Und wenn ich nur deine Briefe schreibe. Wenn du mir erklärst, was ich tun soll, kann ich es bestimmt. Und ich fände es schön, wenn wir zusammenarbeiten könnten. So hatte ich mir das eigentlich auch vorgestellt.»
Das konnte ich mir lebhaft vorstellen, sich einen Überblick verschaffen, bis auf den letzten Pfennig in Erfahrung bringen, wo die Reichtümer versteckt waren und was sie abwarfen. Und dann ein wenig umschichten. So hatte sie sich das wohl ausgemalt, als sie Robert aufs Standesamt begleitete. Aber so weit ging er dann doch nicht. Inzwischen hatte er wohl begriffen, dass sie mehr an unserem Vermögen interessiert war als an seiner Zärtlichkeit. Und sie schmollte, als er ihr zum dritten oder vierten Mal diese Bitte abschlug. Da verschwand sie an einem Freitagnachmittag, ohne ein Wort der Erklärung und ohne sich zu melden. Das gesamte Wochenende hörten wir nichts von ihr. Robert war so deprimiert. Stunde um Stunde saß er im Wintergarten und betrachtete die Pflanzen, die Marlies so liebevoll gepflegt hatte. Ich bemühte mich, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Aber er wollte keine Gesellschaft.
«Sei mir nicht böse,
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