Roberts Schwester
kassiert. Olaf weigerte sich, ihr Konto zu überwachen. Ihm wäre das eine Kleinigkeit gewesen. Und er hätte nur feststellen müssen, ob sie Überweisungen tätigte und ob damit Hotelrechnungen bezahlt wurden. Die Rechnungen hätten gezeigt, wo Fechner sich aufhielt. Und Olaf tippte sich an die Stirn.
«Mia, du bist paranoid. Wenn Robert nicht bald die Konsequenzen zieht, gebe ich seiner Ehe im Höchstfall einige Wochen. Isa wird sich das jedenfalls nicht lange bieten lassen, wenn ich sie richtig einschätze.»
Was Isabell uns bot, danach fragte er nicht. Es war schon nach drei Wochen so weit, dass sie kaum noch am gemeinsamen Mittagessen teilnahm. Als Vorwand diente ihr meist Frau Schürs Küche. Hausmannskost mundete ihr nicht. Sie hatte unter einem Dach wie dem unseren wohl mindestens drei Sterne und jeden zweiten Tag einen Hummer erwartet. Und wenn nicht Hummer, dann zumindest eine Pasta. Wiederholt versuchte sie, Frau Schür für die mediterrane Küche zu begeistern, und beglückte sie mit ausgefallenen Rezepten, die sie aus irgendwelchen Magazinen ausgeschnitten hatte.
«Sieht das nicht köstlich aus? Ein bisschen Abwechslung könnte doch nicht schaden, was meinen Sie, Frau Schür? Wir könnten es zusammen ausprobieren.»
Frau Schür wollte nichts ausprobieren. Ihr fehlte die Zeit für Experimente in der Küche. Nachdem Isabell mehrfach das Naschen gerümpft hatte beim Anblick eines simplen Brathähnchens oder geschmorter Rippchen, zog sie es vor, unterwegs eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen. Mindestens zweimal in der Woche verschwand sie schon im Laufe des Vormittags. Robert erzählte sie, sie wolle Freunde besuchen. Zurück kam sie am späten Abend, häufig sogar erst in der Nacht. Freunde! Der Detektiv hatte keine
«Freunde»
in Isabells Nähe bemerkt. Sie hatte nicht einmal zu Arbeitskolleginnen ein freundschaftliches Verhältnis gehabt, war ausschließlich auf Fechner fixiert gewesen. Es lag auf der Hand, dass sie sich mit ihm traf. Zum gleichen Zeitpunkt hörten nämlich diese langen Telefonate auf. Für den Mai bekamen wir noch eine Rechnung über mehrere hundert Mark. Ab Juni hielt es sich dann wieder im gewohnten Rahmen. Das fiel sogar Olaf Wächter auf. Er meinte, Isabells Freunde seien in Urlaub.
«Irrtum», sagte ich.
«Sie sind hier in der Stadt. Nun kann alles persönlich besprochen werden.»
Olaf tippte sich nur bezeichnend an die Stirn. Auch Robert wollte nichts davon wissen. Dabei lag ich ihm – weiß Gott – nicht ständig in den Ohren mit meinem Verdacht. Ich machte nur hin und wieder eine kleine Anspielung. Und jedes Mal hieß es:
«Mia, versuch doch, sie zu verstehen. Was soll sie hier herumsitzen? Es gibt nichts, womit sie sich beschäftigen könnte.»
«Marlies konnte sich den ganzen Tag beschäftigen», sagte ich.
«Isabell ist nicht Marlies», hielt Robert dagegen.
«Verständlicherweise begehrt sie auf und geht dir aus dem Weg, wenn du sie ständig kritisierst.»
«Das tue ich doch gar nicht», widersprach ich.
«Kritisiert habe ich sie bisher nicht ein einziges Mal. Ich habe sie nur darauf hingewiesen, dass dieses Fähnchen, mit dem sie heimkam, keine zwanzig Mark wert war.»
«Sie hat eben einen anderen Geschmack als du», erklärte Robert.
«Und sie hat zum ersten Mal in ihrem Leben ausreichend Geld zur Verfügung, sich spontan einen Wunsch zu erfüllen. Wenn sie einmal danebengreift, sehe ich darin kein Problem.»
«Ich sähe kein Problem, wenn sie täglich mit einem Kofferraum voller Plunder heimkäme», sagte ich.
«Das ist nicht der Fall. Da frage ich mich, wo sie das Geld lässt. Robert, dir muss doch auffallen, dass sie keine Anschaffungen macht. Hast du ihr Konto einmal überprüft? An deiner Stelle täte ich das. Es könnte sein, dass du dabei über Hotelrechnungen stolperst.»
Darauf gab er mir keine Antwort mehr. Robert litt sehr unter ihrem Verhalten, auch wenn er es mir gegenüber nicht eingestehen wollte. Wenn er sich unbeobachtet fühlte, wirkte er häufig bedrückt und geistesabwesend. Er hatte sich seine Ehe gewiss anders vorgestellt. Piel wollte mir einreden, es läge an mir. Bis in den halben Juni hinein hörte ich von ihm, mein penetrantes Beharren auf Isabells Untreue müsse Robert zwangsläufig die gute Laune verderben und ihm seine Ausgeglichenheit nehmen. Und Isabells Verhalten sei nur die natürliche Reaktion auf meine offen zur Schau getragene Feindseligkeit. So ein Quatsch. Ich trug bei Isabell nichts offen zur Schau,
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