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Roberts Schwester

Roberts Schwester

Titel: Roberts Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Wende und meine neue Strategie. Er wunderte sich über meine Bereitschaft, einen völlig Fremden aufzunehmen.

    «Der Mann ist in Ordnung», sagte ich.

    «Woraus schließen Sie das, Mia?»

    «Aus dem Bericht des Detektivs», sagte ich. Piel nickte bedächtig.

    «Aber dieser Mann ist Isabells Bruder. Befürchten Sie nicht, er könnte Partei ergreifen?»

    «Nein», sagte ich. Ein tragischer Irrtum. Hätte ich Piel nur dieses eine Mal geglaubt, ich wäre Jonas Torhöven kaum so blauäugig gegenübergetreten. Isabell nutzte die Woche bis zu seiner Rückkehr in die Heimat für einen Schnellkursus in Krankenpflege. In den ersten beiden Tagen hatte sie dabei noch einen Schatten auf den Fersen, daher weiß ich, dass sie tatsächlich zu einem privaten Pflegeheim fuhr. Dann beging ich den Fehler, meinen Auftrag zurückzuziehen. Ich nahm an, dass sie nur deshalb bereit war, sich um ihren Bruder zu kümmern, weil Horst Fechner es leid gewesen war, sie mit Robert zu teilen, weil er ihr einen Tritt gegeben hatte. Die ersten vier Tage unter Überwachung schienen dafür zu sprechen. Der Detektiv sah es ebenso. Und es gab keine Anzeichen, dass wir uns irrten, dass Isabell an den Nachmittagen etwas anderes tat, als sich mit Krankenpflege vertraut zu machen. Abends erzählte sie regelmäßig, was sie in den vergangenen Stunden gelernt hatte. Ans Bett gefesselte hilflose Menschen füttern, ihnen den Mund abwischen und den Hintern. Sie erging sich genüsslich in Details – und das beim Essen. Wenn ich dann meinen Teller beiseite schob und vom Tisch aufstand, riss sie voller Unschuld die Augen auf und säuselte:

    «Entschuldige, Mia. Ich wollte dir nicht den Appetit verderben. Ich dachte, es interessiert dich. Dich interessiert doch auch sonst, was ich tue. Und weißt du, wenn man das macht, man gewöhnt sich so schnell daran, und dann ist es ganz natürlich. Zuerst dachte ich auch, ich könnte das nicht, einen Einlauf machen oder ein Bett abziehen, wenn jemand Durchfall hatte.»
    Vielleicht hätte mich ihr Ton stutzig machen müssen. Aber darin sah ich nur Rache, weil sie mir die Nachmittage im Pflegeheim zu verdanken hatte. Auch der Eifer, den sie an den Tag legte, machte mich nicht argwöhnisch. Um alles kümmerte sie sich höchstpersönlich. Jonas Torhöven kam auf dem Frankfurter Flughafen an. Robert wollte einen Krankentransporter mieten und geeignetes Personal hinschicken. Das war überflüssig, denn in den beiden Tagen vor seiner Ankunft telefonierte Isabell wieder einmal ausführlich – mit ehemaligen Freunden ihres Bruders, wie sie uns erklärte. Und zwei von diesen Freunden waren bereit, den Transport zu übernehmen. Ich fragte mich erst sehr viel später, was für Freunde das wohl gewesen sein mochten, wo Jonas sich doch so lange im Ausland aufgehalten und kaum Kontakt zur Heimat gehabt hatte. Da mochte auch einer dabei gewesen sein, der Horst Fechner hieß und die Gelegenheit nutzte, sich mit den Örtlichkeiten vertraut zu machen. Aber darauf kam ich, wie gesagt, erst viel später. Keiner der beiden «Freunde» hatte Ähnlichkeit mit dem Mann, dessen Foto mich zu Anfang stutzig gemacht hatte. Ich sah ein, dass ich mich in diesem Punkt geirrt und Robert mich wohl doch mit dem Collier belogen hatte. Der Mann auf dem Foto war Jonas Torhöven. Und es ist ja häufig so, dass aufkeimende Erleichterung jedes Misstrauen zudeckt, dass man all die kleinen Ungereimtheiten übersieht. Diese Blindheit werde ich mir nie verzeihen. Sie hat dazu geführt, dass Isabell meinen Bruder praktisch in meiner unmittelbaren Nähe abschlachten konnte. Und die Polizei vermutete ein Motiv im geschäftlichen Bereich. Es war absurd.

    «Sagt Ihnen der Name Biller etwas?», fragte mich Wolbert. Gehört hatte ich den Namen schon – oder gelesen. Nur wusste ich auf Anhieb nicht, wo, wann und in welchem Zusammenhang. Und ich wollte nicht den Anschein erwecken, dass ich meine Gedanken nicht beisammen halten konnte. Für Wolbert war ich doch ohnehin nicht recht glaubwürdig.

    «Das ist merkwürdig», meinte er, als ich den Kopf schüttelte. Er lächelte wieder. Ich wusste nicht mehr, was ich von seinem Lächeln halten sollte, ob es freundlich, höflich, überlegen oder einfach nur Gewohnheit war. Er ließ mir zwei Sekunden Zeit. Als ich mir dann immer noch nicht an die Stirn gefasst und gesagt hatte

    «Ach, da fällt mir ein, dass ich den Namen doch kenne», erklärte Wolbert:

    «Immerhin waren Sie dabei, als Ihr Bruder den Namen erwähnte. Sie

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