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Roberts Schwester

Roberts Schwester

Titel: Roberts Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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immer, ein Gartenzwerg im viel zu großen Sessel.
    «Wie soll ich das verstehen, Mia?»

    «So, wie ich es sage», sagte ich.
    «Wolbert sagte, dass Sie Isas Alibi bestätigen. Aber Sie waren in der Nacht nicht im Haus, das weiß ich.»

    «Natürlich nicht», sagte Piel.
    «Ihre Schwägerin rief mich an, kurz nach zwei in der Nacht.»
    Aufgelöst und hektisch sei Isabell gewesen, sagte er. Mit hysterisch klingender Stimme habe sie ihm von einem heftigen Streit zwischen Robert und mir berichtet und verlangt, er müsse sofort kommen, ehe ich alle umbrächte. Aber Hausbesuche machte Piel nur in Ausnahmefällen, um zwei Uhr nachts machte er keine. Er war ein bornierter Idiot und begriff anscheinend nicht, vor welchen Karren man ihn gespannt hatte. Es fiel mir schwer, ruhig zu bleiben, während ich ihm zuhörte. Er hatte versucht, Isabell zu beruhigen. Sie müsse sich keine Sorgen machen, weder um ihren Mann noch um ihren Bruder oder sich selbst. Wenn das zutraf, war er sich seiner Sache anfangs wohl sehr sicher gewesen. Glaubte er doch, mich zu kennen und meine Reaktionen im Schlaf vorhersagen zu können. Ein Telefongespräch war für mich kein Beweis. Isabell konnte ihn von überall her angerufen haben, sogar aus der Raststätte. Das sagte ich ihm auch deutlich. Piel schüttelte den Kopf. Das Gespräch mit meiner Schwägerin sei unvermittelt abgebrochen, sagte er, nach einem Entsetzensschrei und einem heftigen Poltern. Da habe er sich doch Sorgen gemacht und sie zurückgerufen. Und erreicht hatte er sie im Haus. Nicht sofort, es habe etwa zehn Minuten gedauert, ehe sie seinen Anruf entgegengenommen hätte. In diesen zehn Minuten hatte Robert – laut Isabells Auskunft – das Haus verlassen, ich war in meinem Atelier verschwunden, sie hatte sich bei ihrem Bruder verkrochen. Und Jonas hatte kein Telefon im Zimmer. Sie habe es im Schlafzimmer klingeln hören, hatte sie Piel weisgemacht, und sich nicht sofort herausgetraut. Nun war sie zusammen mit Jonas im Schlafzimmer und hatte panische Angst, ich könne heraufkommen, ihr die Kehle durchschneiden und ihren hilflosen Bruder die Treppe hinunterwerfen. Damit hatte ich angeblich gedroht. Das Telefongespräch hatte fast eine Stunde gedauert. Piel hatte ihr geraten, die Polizei zu verständigen, wenn sie sich in Gefahr wähnte. Aber das wollte Isabell ihrem armen Mann nicht antun. Seine geliebte Schwester von einer Streife abführen und in die Ausnüchterungszelle sperren lassen, es hätte ihm das Herz brechen können. Dieses verdammte Aas! Isa hatte es wieder einmal verstanden, ihre Trümpfe geschickt zu ihren Gunsten auszuspielen. Eine geschlagene Stunde lang hatte sie Piel Honig ums Maul geschmiert, um ihn in der Leitung zu halten und sich ein Alibi zu verschaffen. Wozu die Polizei bemühen und dem geplagten Robert noch mehr Kummer bereiten, wenn man einen kompetenten Fachmann an der Strippe hatte, der das wilde Tier bändigen konnte. Ich konnte nicht verhindern, dass ich prustend lachte. Aber die Vorstellung war zu komisch. Da sollte ich also blutrünstig ins Schlafzimmer stürzen, und sie wollte mir den Telefonhörer entgegenstrecken. Und im Hörer sang Piel dann ein Schlaflied oder murmelte eine Beschwörungsformel. Piel konnte sich nicht aufraffen, es ebenfalls komisch zu finden.
    «Mia, Sie waren in der Nacht in einer Ausnahmesituation.»

    «In der Situation bin ich seit neun Monaten», sagte ich.
    «Und in den vergangenen Tagen hätte ich allen Grund und drei Dutzend Möglichkeiten gehabt, diesem Weib die Gurgel durchzuschneiden und den Krüppel fliegen zu lassen. Und was ist passiert? Nichts, weil ich nichts tun konnte. Und da wollen Sie mir einreden, ich hätte meinen Bruder umgebracht.»

    «Das habe ich nicht versucht, Mia», widersprach er.
    «Haben Sie das Gefühl, Sie könnten es getan haben?»

    «Bleiben Sie mir vom Leib mit meinen Gefühlen», sagte ich.
    «Sie haben das Finale erlebt und waren zu dämlich zu begreifen, wozu es gut sein sollte.»
    Gott im Himmel, war ich froh, dass ich längst mit Wolbert über Horst Fechner gesprochen hatte. Ich begriff jetzt endlich das gesamte Ausmaß des Plans. Isabell hatte gewusst, dass sie automatisch in Verdacht geriet und die Aussage ihres Bruders allein nicht reichte, sie als Tatverdächtige auszuschließen. Sie brauchte ein hieb- und stichfestes Alibi. Und das hatte sie sich beschafft, ausgerechnet bei meinem Therapeuten. Wie hätte es denn ausgesehen, wenn ich bei Wolbert jetzt erst Horst Fechner wie ein

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