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Roberts Schwester

Roberts Schwester

Titel: Roberts Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Kaninchen aus dem Hut gezaubert hätte. Isabell hatte Fechner nur meinen Colt in die Finger drücken müssen. Das hatte sie vermutlich während der zehn Minuten getan, in denen Piel sich vergebens um seinen Rückruf bemühte. Aber das wollte er einfach nicht begreifen. Und ich begriff immer mehr. Plötzlich wurde mir sogar bewusst, wie Wolbert sein Bedauern gemeint hatte, als ich sagte, ich hätte wohl doch nur geträumt. Das hatte ich nicht! Wolbert hatte es viel eher erkannt als ich. Horst Fechner war bei mir gewesen am frühen Morgen. Roberts Mörder hatte mir die Hand auf die Schulter gelegt und sich erkundigt:
    «Schläfst du, Mia?»
    Ich hätte viel eher darauf kommen müssen. Der abfällige Ton, in dem er festgestellt hatte, dass sie eine Woche lang feiern könnten von dem, was ich getankt hatte. So hätte Robert niemals von mir gesprochen. Ich wollte es Piel noch sagen. Aber er warf den ersten verstohlenen Blick auf die Uhr. Meine Zeit war um. Und unten vor dem Haus wartete Wolbert. Musste ich es eben ihm erklären. Er konnte ohnehin mehr damit anfangen als ein Psychotherapeut. Aber ich war noch nicht bereit zu gehen. Da war noch eine Sache.
    «Robert war bei Ihnen», sagte ich.
    «Ich weiß das aus einer sicheren Quelle. Was wollte er von Ihnen?»

    «Auskunft über Ihren Geisteszustand», sagte Piel sachlich.
    «Er erkundigte sich, ob Sie mir von Halluzinationen berichtet hätten. Er schien vorauszusetzen, dass ich beurteilen könnte, ob Sie mir ein reales Erleben oder eine irreale Wahrnehmung schildern.»

    «Und das können Sie nicht», stellte ich fest. Darauf antwortete er nicht. Er brachte mich zur Tür, wie er es immer tat, schüttelte mir die Hand zum Abschied und lächelte Zuversicht.
    «Wir sehen uns am Donnerstag zur gewohnten Zeit, Mia. Vielleicht können wir dann auf den Vorschlag von Herrn Wächter zurückkommen. Es wäre sinnvoll und auch für Sie selbst wünschenswert, sich Klarheit zu verschaffen. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass Sie sich nicht erinnern wollen. Sie verstehen, was ich meine. Sie neigen dazu, unliebsame Fakten zu verdrängen. Und Sie wissen, was immer wir bei unseren Sitzungen besprechen oder herausfinden. Ich darf keine Auskunft darüber geben, nicht einmal vor Gericht.»
    Wenn ich zwei gesunde Arme zur Verfügung gehabt hätte, ich hätte ihm seinen faltigen Hals umgedreht. Er hätte mir auch auf andere Weise erklären können, dass er Robert die Auskunft verweigert hatte und mich für Kain hielt. Wolbert schaute mir mit seinem obligatorischen Lächeln entgegen, öffnete mir die Wagentür und ließ mich einsteigen. Er fuhr sofort los, reihte sich in den fließenden Verkehr ein, den Blick hielt er stur geradeaus gerichtet. Er brauchte gute zwanzig Minuten bis zum Polizeipräsidium. Während der Fahrt sprach er kaum ein Wort, aber er hörte mir wenigstens noch einmal zu, als ich ihm erklärte, dass ich nicht geträumt hatte, dass Horst Fechner Roberts Mörder und kurz nach dem Mord bei mir im Atelier gewesen war. An seiner Reaktion war jedoch deutlich zu erkennen, dass ich ihm ebenso gut hätte erläutern können, wie eine Wettervorhersage zustande kommt. Er zuckte nur einmal kurz mit den Achseln und lächelte sein wissend gütiges Großvaterlächeln dazu. Dann ging er vor mir her über einen langen Flur zu seinem Büro oder Dienstzimmer, oder wie immer man das nennen mochte. Es wunderte mich nicht einmal mehr, dass der kleine Herkules uns bereits erwartete. Verdächtige Personen werden wohl immer von zwei Beamten vernommen, der eine spielt den Gutmütigen und der andere den Bösen. Hatte ich mir wirklich eingebildet, Wolbert sei auf meiner Seite? Vielleicht! Aber dann wurde es höchste Zeit, dass ich etwas begriff: Auf meiner Seite war niemand mehr, nicht einmal Olaf oder Lucia. Wolbert brauchte den Knaben nicht zur Unterstützung. Er war sich seiner Sache sicher, sagte ihm nur Bescheid, dass wir uns jetzt ins Labor begäben. Das schaffte er allein. Wieder führte er mich über Flure und Treppen, diesmal hinunter in einen Kellerraum. Es war eine Menge Technik darin untergebracht, und einer von seinen Spezialisten stand schon zur Ouvertüre bereit. Bevor sie mir das Band aus Roberts Anrufbeantworter vorspielten, fühlte Wolbert sich zu einer Erklärung verpflichtet. Ich sollte vorerst nur auf die Stimme des Mannes achten, nicht auf die Hintergrundgeräusche, darum sollte ich mich später kümmern. Hätte er mich nicht eigens darauf aufmerksam gemacht, wären mir

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