Robin im Kindergarten
geht gleich wieder vorbei.“
Aber der Schmerz ist zu groß!
„Ich will ein Küsschen von Mama“, sagt Robin schniefend.
Mama kommt so schnell sie kann die Treppe runter. „Ich habe es kommen sehen“, sagt Papa, „aber ich war doch zu spät. Es ist seine Hand.“
„Nicht die Hand“, heult Robin. „Hier...“
Er zeigt auf sein Handgelenk.
„Dein Handgelenk?“, fragt Mama.
Robin nickt. Sein Handgelenk tut weh. Mama gibt ein Küsschen auf das schmerzende Handgelenk. Robin kann nichts sehen. Seine Augen sind voller Tränen, aber er spürt, dass Mama ihm ein Küsschen drauf gibt.
„Kein Küsschen mehr!“, ruft Robin.
Denn das Küsschen hilft nicht.
Das Küsschen tut noch mehr weh.
Komisch ist das. Mama gibt immer die guten Küsschen. Ihre Küsschen sind wie kleine Bissen, kleine zarte Bissen, jeder Bissen nimmt ein Stückchen Schmerz weg. Ein Biss, noch ein Biss und noch einer — bis der ganze Schmerz aufgegessen ist. Und dann spuckt Mama auf den Boden. „Weg mit dem Schmerz!“, sagt sie dann. Und dann muss Robin immer lachen.
Aber dieses Mal nicht.
Der Schmerz hört nicht auf.
Der Schmerz bleibt.
„Wirklich wahr?!?“, fragt Mama.
Wirklich wahr. Robin nickt.
„Er hat noch nie so lange geweint“, sagt Papa. „Es ist wirklich etwas Ernstes. Ich rufe den Doktor an.“
Papa ruft den Doktor an und der Doktor kommt sofort.
»Tja“, sagt der Doktor. „Das Handgelenk ist verstaucht. Das ist zwar nicht schlimm, tut aber sehr weh.“
Robin nickt. Der Doktor hat Recht, es tut wirklich sehr weh. Der Doktor hat seinen Hut noch auf.
„Dein Arm muss in ein Tuch“, sagt der Doktor. „Ein Tragetuch mit einem Knoten im Nacken. Das nennt man Armschlinge.“
Robin hat aufgehört zu weinen. Der Doktor weiß alles. Robins Handgelenk tut immer noch weh, aber es ist nicht mehr so schlimm. Der Doktor sagt es.
„Eine Armschlinge“, sagt Papa, „geht auch eine Windel?“
„Eine Windel ist ausgezeichnet“, sagt der Doktor. Eine Windel? denkt Robin. Eine Windel? Er will lachen, aber sein Handgelenk tut noch so weh. Eine Windel...!
Papa rennt die Treppe rauf und kommt ganz schnell wieder runtergerannt. Er hat wirklich eine Windel geholt! Mama bindet die Windel um Robins Hals. Nun hängt sie wie ein weißer Sack vor seinem Bauch. Mama legt Robins Hand in den Sack.
„So“, sagt Mama. „So, jetzt ist die Windel eine Armschlinge.“
„Sehr gut“, sagt der Doktor. „Genau richtig, so muss es sein.“
Der Doktor geht zur Haustür.
„Ach ja, noch etwas“, sagt er. „Vorerst keine wilden Spiele.“
Der Doktor verlässt das Haus.
Mama hebt Robin hoch und trägt ihn ins Wohnzimmer. Sie legt ihn auf das Sofa.
„Soll ich dich ganz schnell wieder froh machen?“, fragt sie.
Robin nickt. Er möchte gerne wieder froh sein.
„Da ist für dich…“ sagt Mama, „ein Brief gekommen.“
Und — schwuppdiwupps — zaubert sie einen Brief hinter ihrem Rücken hervor.
Ein Brief für Robin! Ein richtiger Brief! Robin hat noch nie in seinem Leben einen Brief gekriegt. Ansichtskarten schon, von Opa und Oma, aber noch nie einen Brief.
„Der Postbote hat ihn gebracht“, sagt Mama. „Drauf steht: Für Robin. Und auf der Rückseite steht: Von Pieter.“
Ein Brief von Pieter!
Jetzt ist Robin furchtbar froh!
Pieter ist der große Nachbarsjunge.
Er ist fast zwei Jahre älter als Robin. Und er wohnt fünf Häuser weiter. Pieters Vater hat eine Obstplantage. Da stehen tausend Apfelbäume und tausend Birnbäume.
Mama liest den Brief vor:
„Lieber Robin“, liest Mama, „am Mittwoch werde ich sechs Jahre alt. Kommst du auch zu meinem Fest? Es fängt um 14:00 Uhr an.“
„Ja!!!“, schreit Robin.
Aber das kann Pieter natürlich nicht hören. „Schreiben wir Pieter auch einen Brief?“, fragt Robin. „An Pieter. Wir schreiben ihm, dass ich komme... Von Robin.“
„Das brauchen wir nicht“, sagt Mama. „Das kannst du ihm auch am Montag in der Schule sagen.“
Robin geht schon in den Kindergarten. Pieter geht schon in die Vorschule. Hinter Papas Schule ist der Kindergarten, und die Vorschule ist in der Schule in einem Klassenzimmer.
„Wann ist Montag?“, fragt Robin.
„Noch zweimal schlafen“, sagt Mama.
„Und wann ist Mittwoch?“
„Noch viermal schlafen.“
Robin nickt.
„Ich sage es Pieter am Montag“, sagt er, „und dann zeige ich ihm auch meine Armschlinge. Aber...“, sagt er, „sie dürfen keine wilden Spiele auf dem Fest machen.“
Weiß
Es ist Montagmorgen. Robin
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