Robinas Stunde null
drei Tagen Schlaf!“
„Drei Tage habe ich geschlafen?“, wunderte sich Robina.
„Kein Wunder, dass ich einen Mordshunger habe.“
„Komm“, forderte Sophie und öffnete die kleine Tür zum
Nebenraum. „Leider gibt es vorerst nur ein Süppchen.“ –
Ein wenig seltsam kamen Robina die Bedingungen ihres
Aufenthaltes wohl vor. Eine muntere Sophie an ihrer Seite,
aber eben nur eine Sophie, die als Krankenschwester, Köchin,
Raumpflegerin und, und… fungierte. Dann dieser Mark Sander
hinter dem schmalen Glaskasten, den man über die Tür
gestülpt hatte. Freudig, optimistisch, bei manchen Fragen aber
auch ausweichend, zurückhaltend oder sie überspielend.
,Vielleicht wird man so in einer künstlichen Welt. Man ist
stets unter den gleichen Menschen, einer Aufgabe mit Leib und
Seele ergeben, unberührt von jeglichem Erdenrummel mit
seinen Anfechtungen. Ist es nicht denkbar, dass solches sich
auf das soziale Verhalten auswirkt?
Sophie tat alles, damit keine Langeweile aufkam. Sie
versorgte Robina mit allerlei Lektüre zu Ergebnissen der
Marsforschung in den vergangenen 50 Jahren, bereitete mit ihr
Gerichte aus Marsprodukten zu, sie spielten Schach, hörten
Musik oder sahen Holofilme an. Auch irdische Entwicklungen,
die Robina naturgemäß sehr interessierten, spielten in dieser
Kommunikation eine Rolle, und es fiel nicht auf, dass es zu
den letzten drei Jahren keine diesbezüglichen Information
mehr gab.
Sophie fühlte sich zunehmend unwohl in dieser
Heimlichtuerei, ja, sogar schuldig der Frau gegenüber, die so
hoffend in die Heimat zurückgekehrt war. Zwischen ihr und
Robina hatte sich trotz des Altersunterschieds ein
freundschaftliches Verhältnis entwickelt, eine gewisse
Vertrautheit. Musste sie nicht befürchten, dass dieses in Hass
umschlagen würde, wenn Robina die Wahrheit erfuhr, dass sie
die ganze Zeit durch Verschweigen getäuscht wurde? –
Robinas Schlussuntersuchung zeugte von einer
ausgezeichneten gesundheitlichen Verfassung, sodass die
Quarantäne zur Freude der beiden Frauen termingerecht
aufgehoben werden konnte.
Mark Sander lud zu einer Veranstaltung, die er als
Pressekonferenz deklarierte, mit anschließender kleiner
Begrüßungsparty.
Wieder wunderte sich Robina über den Rahmen des Ganzen:
An der Zusammenkunft nahmen nicht mehr als vielleicht 15
Personen teil, einige Prominente, unter anderen ein
Ratsvorsitzender McLean, waren über Video
zugeschaltet.
Eine Kamera und ein Standmikrophon hatte man aufgebaut,
und zwei drei Leute hantierten mit Fotoapparaten.
Sander selbst moderierte. Er bat Robina, in Kurzfassung ihre
Erlebnisse zu schildern. Staunen löste ihr Bericht vom Boliden,
der ein Planetoid ist, aus, den sie mit einigen Fotos und
Mitbringseln illustrierte. Aber noch größer wurde die
Verwunderung, als sie von ihrer merkwürdigen Rettung durch
die Fremdlinge erzählte, die gleichen, die vordem in so
unrühmlicher Weise die Erde heimgesucht hatten.
„Da weißt du ja, was der Menschheit damit widerfahren ist“,
sagte der mit McLean vorgestellte Ratsvorsitzende. „Wir
haben Jahre gebraucht, um vor allem die strukturellen Schäden
zu beheben. Und als wir damit fertig waren und hoffen
konnten, dass es aufwärts geht, kam…“ Was kam, erfuhr
Robina nicht. Streifen zogen über die Monitore, die Gesichter
verschwanden, die Sprache wurde von einem penetranten
Rauschen abgelöst.
Mark Sander blickte zu einem jungen Mann, der an einem
kleinen Pult saß und nickte ihm fast unmerklich zu.
Auf den Monitoren erschienen wieder die Gesichter der
Mitglieder des Rates. McLean ergriff das Wort, was bei den
Anwesenden eine gewisse Unruhe auslöste, so wenigstens
empfand Robina. Aber er sagte lediglich: „Wir sind stolz auf
dich, Robina Crux. Wir brauchen dich – also auf Wiedersehn,
bald auf der Erde!“
„Augenblick“, rief Robina. „Sie haben mir eine Botschaft an
die Menschheit übergeben.“ Sie hielt einen Tonträger empor
und blickte sich unschlüssig um, offenbar nach jemand
Würdigem, der das Dokument entgegen nehme.
McLean nickte Sander zu; der winkte dem Tontechniker.
Dann füllte die Kunststimme des Ersten den Raum: „Menschen, wir grüßen euch. Seid versichert, wir bedauern
den Irrtum unserer Altvorderen. Zwiste soll es zwischen uns
nicht geben. Wir gestalten uns den fünften Planeten des
Doppelsonnensystems, das ihr Alpha-Proxima nennt,
zur
neuen Heimstatt. Es wird etliche Jahrzehnte dauern. Versteht,
dass wir in dieser Zeit nicht mit euch kontaktieren. Wir
wünschen euch Harmonie
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