Robocalypse: Roman (German Edition)
ich packe ihn instinktiv am Hemd und halte ihn auf. Mit einem Ruck zerre ich sein Gesicht zu mir herab, sehe in seine weit aufgerissenen Augen und sage nur ein Wort: »Kämpfe.«
Meine Stimme ist ruhig, aber mein Körper brennt vor Adrenalin.
Popp. Popp. Popp.
Unsere Kugeln fegen durch die Halme und sprengen die Stumper in Stücke. Aber es werden immer mehr. Und dann noch mehr. Wie eine Flut silberner Riesenameisen überschwemmen die ekligen Krabbler den Boden.
»Es sind zu viele«, ruft Tiberius. »Was sollen wir tun, Cormac?«
»Schaltet auf Dreischussautomatik«, weise ich die anderen an. Klickend werden ein halbes Dutzend kleine Hebel umgelegt.
Poppoppoppoppoppop.
Das Mündungsfeuer wirft stroboskopartige Schatten auf unsere schmutzbedeckten Gesichter. Auf dem Boden schießen kleine Fontänen aus Erde und verbogenem Metall in die Höhe, auch die ein oder andere Stichflamme, wenn die Flüssigkeiten in den Stumpern miteinander in Berührung kommen. Wir stehen im Halbkreis und pumpen die Erde voll Blei. Doch immer mehr Stumper kommen aus den zerfetzten Halmen gekrabbelt und beginnen, uns wie ein Heer Treiberameisen einzukreisen.
Jack ist weg, und aus irgendeinem Grund habe ich das Kommando, und jetzt fliegen wir alle in die Luft. Wo zum Teufel ist Jack? Mein heldenhafter Bruder sollte mir eigentlich in solchen Situationen zu Hilfe kommen.
Verdammt.
Als die Stumper ihren Kreis immer enger ziehen, rufe ich: »Sammelt euch um mich!«
Zwei Minuten stehe ich mit der rechten Schulter gegen Cherrahs linkes Schulterblatt gepresst schwitzend in der Sonne und muss aufpassen, dass ich mir nicht in die eigenen Füße schieße. Carl ist zwischen Leo und Ty eingeklemmt. Ich kann Cherrahs schwarzes langes Haar riechen und sehe kurz ihr schönes Lächeln vor mir, aber an so was darf ich jetzt nicht denken. Ein Schatten huscht über mein Gesicht, und die Legende höchstpersönlich, Lonnie Wayne Blanton, fällt vom Himmel.
Der alte Knabe reitet einen hohen Geher – eine von Larks Erfindungen aus dessen Frankenstein-Labor. Das Ding besteht praktisch nur aus zwei übermannshohen Roboterbeinen mit einem alten Rodeosattel obendrauf und sieht aus wie ein riesiger Strauß ohne Kopf. Die Stiefel fest in die Steigbügel gehakt, die Hand lässig auf den Knauf gelegt, sitzt Lonnie wie ein alter Profi im Sattel und gleicht jeden giraffenartigen Schritt der Maschine geschmeidig mit den Hüften aus. Ein echter Cowboy.
»Howdy, Freunde«, begrüßt er uns. Damit dreht er sich um und ballert ein paar Mal mit seiner Schrotflinte in den chaotischen Haufen Stumper, der sich über den zerschossenen Boden auf uns zuwälzt.
»Hältst dich super, Kumpel«, meint Lonnie Wayne zu mir. Ich starre ihn nur ausdruckslos an. Ich kann kaum glauben, dass ich noch lebe.
In dem Moment springen zwei weitere hohe Geher zu uns auf die Lichtung, und die darauf sitzenden Osage-Cowboys sprengen mit ihren Schrotflinten große Löcher in den nahenden Stumper-Schwarm.
In nur ein paar Sekunden können die Reiter mit Hilfe ihrer erhöhten Position und dem großen Streuwinkel ihrer Flinten den größten Teil des kleinen Roboterheers auslöschen. Ein paar Stumper bleiben jedoch übrig.
»Pass auf dein Bein auf!«, rufe ich Lonnie zu.
Ein Stumper ist irgendwie hinter uns gelangt und klettert jetzt eins der langen Beine von Lonnies metallischem Untersatz hinauf. Der blickt nach unten und lehnt sich dann leicht zur Seite, woraufhin das Bein sich automatisch hebt und schüttelt. Der Stumper wird ins Dickicht geschleudert, wo er prompt von jemandem aus meinem Trupp in Stücke geschossen wird.
Warum ist der Stumper nicht hochgegangen?
Weiter vorne sind wieder Larks Schreie zu hören; er klingt schon ganz heiser. Auch Jacks knappe Kommandos dringen zu uns herüber. Lonnie wendet den Kopf und gibt seinen Mitreitern ein Zeichen. Doch bevor er weitereilen kann, packe ich eins seiner großen Straußenbeine.
»Lonnie«, sage ich. »Bleib weiter hinten, wo es sicher ist, Mann. Der Feldherr sollte nicht an vorderster Front kämpfen.«
»Weiß ich«, sagt der grauhaarige alte Mann. »Aber zum Teufel, Junge, so ist das bei uns Cowboys nun mal. Irgendjemand muss die Sache in die Hand nehmen.« Er klappt die Flinte auf und wirft eine verbrauchte Patrone aus, zieht sich seinen Hut etwas weiter ins Gesicht und nickt mir zu. Dann dreht er sich um und lässt seinen Stahlvogel mit einem großen geschmeidigen Schritt übers mannshohe Gras springen.
»Kommt!«, rufe ich dem
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