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Robocalypse: Roman (German Edition)

Robocalypse: Roman (German Edition)

Titel: Robocalypse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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wahr.
    Zum ersten Mal taucht ein anderes Auto auf der Straße auf. Ich bin erleichtert. Endlich ein weiterer Mensch hier draußen, also ist die Welt noch in Ordnung. Bei Verstand. Es ist ein Pick-up. So wie ihn hier draußen viele Leute fahren.
    Doch als der Truck beschleunigt und sich nähert, bekomme ich plötzlich Angst. Mathilda sieht, wie ich blass werde und die Stirn in Falten lege. Sie spürt meine Beunruhigung.
    »Wo sind wir?«, erkundigt sie sich.
    »Es ist nicht mehr weit«, antworte ich, wende den Blick jedoch nicht vom Rückspiegel ab.
    »Wer ist da hinter uns?«
    Sie dreht sich um und reckt den Kopf.
    »Bleib auf deinem Platz, Mathilda. Und schnall dich an.«
    Der Pick-up sieht ziemlich neu aus und wird im Rückspiegel rasch größer. Er fährt kontrolliert, aber zu schnell.
    »Wieso fährt der so schnell?«, fragt Mathilda.
    »Mami?«, sagt Nolan und reibt sich verschlafen die Augen.
    »Seid mal kurz ruhig, ihr beiden. Mami muss sich konzentrieren.«
    Meine Hände werden feucht, mein Mund ist trocken. Behutsam drücke ich das Gaspedal durch, aber der Pick-up rast inzwischen regelrecht auf uns zu. Mit hämmerndem Herzen starre ich in den Rückspiegel.
    »Mami!«, schreit Mathilda.
    Sofort blicke ich wieder dorthin, wo eigentlich die Straße sein soll, und schlittere mit quietschenden Reifen durch die Kurve. Nolan und Mathilda klammern sich ängstlich aneinander. Ich kriege den Wagen wieder unter Kontrolle und steuere ihn zurück auf die rechte Spur. Kaum taucht hinter der Biegung eine lange Gerade auf, entdecke ich jedoch ein weiteres Auto auf der Gegenfahrbahn. Es ist schwarz und neu, und wir können nirgendwohin ausweichen.
    »Kletter zurück nach hinten, Nolan«, weise ich ihn an. »Und schnall dich an. Mathilda, hilf ihm.«
    Mathilda versucht, Nolan von ihrem Schoß zu schieben. Er sieht mit angsterfüllten Augen zu mir hoch und streckt schniefend die Hand nach mir aus.
    »Ist schon in Ordnung, Baby. Lass dir von deiner Schwester helfen. Alles wird gut.«
    Während ich mit beruhigender Stimme auf die beiden einrede, springt mein Blick panisch zwischen Straße und Rückspiegel hin und her. Beide Wagen kommen rasch näher.
    »Alles klar, Mami, wir sind angeschnallt«, verkündet Mathilda vom Rücksitz. Mein tapferes kleines Mädchen. Meine verstorbene Mutter hat immer gesagt, Mathilda habe eine alte Seele. Man könne es an ihren Augen sehen. Am weisen Blick ihrer schönen grünen Augen.
    Ich halte den Atem an und umklammere mit aller Kraft das Lenkrad. Der Kühler des braunen Pick-ups füllt erst komplett den Rückspiegel aus und verschwindet dann plötzlich. Verblüfft sehe ich nach links und erblicke eine Frau am Fenster des überholenden Fahrzeugs, die mit schreckensverzerrtem Gesicht zu mir herabblickt. Tränen laufen ihr über die Wangen, ihr Mund ist offen, und ich begreife, dass sie schreit und mit den Fäusten gegen die Scheibe schlägt und …
    Da ist sie verschwunden – ausgelöscht durch den Frontalzusammenstoß mit dem entgegenkommenden Fahrzeug. Wie Materie und Antimaterie. Die zwei Wagen haben sich einfach gegenseitig ausgemerzt.
    Erst dann ertönt der mächtige Aufschlag, und im Rückspiegel sehe ich die zwei Autos wie ineinander verbissene Kampfhunde über die Straße purzeln.
    Weg. Vielleicht nie passiert. Vielleicht alles nur Einbildung.
    Ich gehe vom Gas und fahre rechts ran. Mit der Stirn auf dem kühlen Plastiklenkrad, schließe ich die Augen und versuche zu atmen. Doch ein hoher Ton schrillt in meinem Ohr, und ich sehe ständig das Gesicht der schreienden Frau vor mir. Um meine zitternden Hände zu beruhigen, schiebe ich sie unter meine Oberschenkel. Von hinten überhäufen mich die Kinder mit Fragen, doch ich kann ihnen nicht antworten.
    »Ist der Frau etwas passiert, Mami?«
    »Warum haben die Autos das getan?«
    »Was, wenn noch mehr Autos kommen?«
    Einige Minuten verstreichen. Mein Zwerchfell ist so verkrampft, dass jeder Atemzug weh tut. Verzweifelt kämpfe ich gegen das übermächtige Schluchzen an, das aus mir herausbrechen will, damit die Kinder nicht noch mehr Angst kriegen.
    »Alles wird gut«, sage ich leise. »Uns wird nichts passieren.«
    Doch selbst in meinen Ohren klingt das nach einem leeren Versprechen.
    ***
    Wir sind gerade mal zehn Minuten unterwegs, als wir an einer weiteren Unfallstelle vorbeikommen.
    Aus einem kaputten Fenster des Wracks schlängelt sich der Rauch in den Himmel wie eine schwarze Schlange. Das Auto liegt am Straßenrand auf der Seite.

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