Robocalypse: Roman (German Edition)
Sie werden uns dafür anbeten. Dich und mich. Wir werden zwei ganz große Nummern. Gehört alles zum Plan, Kumpel.«
Arrtrad lässt mich los und sieht zur Seite. Offensichtlich glaubt er mir kein Wort, aber irgendwas scheint ihn zu beschäftigen.
»Was?«, frage ich. »Was ist los? Sag schon.«
»Na ja. Ich will dir ja nicht zu nahe treten. Aber wie ein echter Helfertyp hast du eigentlich nie auf mich gewirkt, Lurker. Versteh mich jetzt nicht falsch, aber …«
Und er hat recht, nicht wahr? Ich habe mir nie viele Gedanken über andere Menschen gemacht. Oder überhaupt irgendwelche Gedanken. Aber diese blassen Hände an der Scheibe. Sie gehen mir nicht aus dem Kopf. Und ich habe das Gefühl, daran wird sich auch so schnell nichts ändern.
»Ja, ich weiß«, erwidere ich. »Aber glaub mir, so ein mieser Kerl bin ich in Wirklichkeit gar nicht. Gehört alles zum Plan, Arrtrad. Du musst Vertrauen haben. Dann wirst du schon sehen. Wir haben überlebt. Dafür muss es einen Grund geben. Wir haben jetzt ein Ziel, wir beide. Jetzt heißt es: wir gegen dieses Ding. Und wir werden uns rächen. Also steh auf und mach dich zum Kampf bereit.«
Ich strecke ihm die Hand hin.
»Meinst du das ernst?«, fragt er.
Er glaubt mir immer noch nicht ganz. Ich dagegen fange tatsächlich langsam an, mir zu glauben. Ich packe seine Hand und ziehe ihn auf die Füße.
»Ja, Kumpel. Stell dir doch bloß mal vor, wie das wird. Du und ich gegen den Teufel persönlich. Bis zum Tod. Bis zum bitteren Ende. Und eines Tages werden wir dafür in den Geschichtsbüchern stehen. Darauf gebe ich dir mein Wort.«
Offenbar war das der Wendepunkt in Lurkers Leben. Als der Neue Krieg ausbrach und die Lage ernst wurde, hat er anscheinend alle kindischen Dummheiten hinter sich gelassen und angefangen, sich wie ein Mitglied der menschlichen Rasse zu benehmen. Dass er seine angeborene Arroganz und Eitelkeit nicht ablegen konnte, zeigen die weiteren Aufzeichnungen. Doch seine atemberaubende Selbstsüchtigkeit scheint zusammen mit dem silbernen Auto in der Themse verschwunden zu sein.
Cormac Wallace MIL #GHA 217
VIII.
Heldenmaterial
»Soll die Polizei sich um den
ganzen Mist kümmern, Mann.«
Cormac Wallace
Stunde null
Grundlage dieser Schilderung sind die Daten verschiedener Kameras und Satelliten, die mich mit Hilfe der von meinem damaligen Handy ausgesendeten GPS-Koordinaten im Auge behielten. Da es sich in diesem Bericht bei den überwachten Personen um meinen Bruder und mich handelt, habe ich mir die Freiheit genommen, ihn hier und da ein wenig zu ergänzen. Seinerzeit hatten wir natürlich keine Ahnung, dass wir beobachtet werden.
Cormac Wallace MIL #GHA 217
S cheiße, Mann. Hier ist er also: der Tag vor Thanksgiving. Der Tag, an dem alles passiert ist. Bis zu diesem Zeitpunkt war mein Leben nie besonders toll, aber wenigstens wurde ich nicht gejagt. Ich musste mich vorher nie nach jedem Schatten umdrehen und mich fragen, ob irgendein Metallvieh mich gerade blenden, verkrüppeln oder wie ein Parasit infizieren will.
Im Vergleich dazu lief mein Leben vor Stunde null geradezu perfekt.
Ich bin in Boston, und dort ist es bitterkalt. Der Wind schneidet mir wie mit Rasierklingen in die Ohren, und ich jage meinen Bruder durch den Einkaufsbezirk von Downtown Crossing. Jack ist drei Jahre älter als ich, und wie immer versucht er, das Richtige zu tun. Aber ich will nicht auf ihn hören.
Letzten Sommer ist unser Vater gestorben. Jack und ich sind auf die andere Seite des Kontinents geflogen und haben ihn begraben. So viel dazu. Dann haben wir unsere Stiefmutter mit jeder Menge verheultem Make-up im Gesicht und Dads gesamtem Besitz in Kalifornien gelassen und sind hier in den Osten zurückgekehrt.
Nun ja, sagen wir, mit beinah seinem gesamten Besitz.
Seitdem habe ich auf Jacks Couch geschlafen. Und ziemlich herumgelungert, wie ich zugeben muss. In ein paar Tagen fliege ich jedoch nach Estland, um eine Fotoreportage für National Geographic zu machen. Von dort werde ich mich bemühen, direkt den nächsten Auftrag an Land zu ziehen, damit ich gar nicht erst wieder nach Hause kommen muss.
In etwa fünf Minuten wird die Welt anfangen, komplett verrücktzuspielen. Aber das weiß ich noch nicht, und deswegen versuche ich einfach nur, Jack einzuholen, um ihn zu beruhigen und dazu zu bringen, nicht so einen Aufstand zu machen.
Kurz bevor wir den breiten, luftigen Tunnel erreichen, der aus dem Einkaufsbezirk führt, kriege ich Jacks Arm zu packen. Jack fährt
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