Robotermärchen
mal sehen, ob du die zweite bewältigst", sagte er. Er ließ ihn sogleich an Deck des Vakuumgleiters nehmen, der zum Mond strebte; das war ein öder Raumkörper, ein kahler Schädel, der wilde Felsen wie Zähne bleckte. Hier warf der Kommandeur Kreatius auf den Felsen und sagte zu ihm: „Befreie dich, wenn du vermagst, und erscheine morgen mittag vor dem Angesicht des Königs! Gelingt es dir nicht, kommst du um!"
Denn selbst wenn niemand käme, um Kreatius durch Qualen zu strafen, hätte er nicht lange in so schrecklicher Wüstenei überdauern können. Als er allein geblieben war, begann er den unheilvollen Ort zu untersuchen, an dem man ihn sich selbst überlassen hatte. Er griff nach den erprobten Fünkchen, jedoch er fand sie nicht. Offenbar hatte man, während er schlief, seine Kleidung auf königlichen Befehl durchsucht und ihm die erlösende Schachtel gestohlen.
„Gut ist es nicht", sagte er sich, „aber es ist auch nicht
ganz so schlimm. Ich hätte unweigerlich dann erst verloren, wenn sie mir auch den Verstand gestohlen hätten!" Auf dem Mond befand sich ein Ozean, doch der war zugefroren. Der Konstrukteur schlug mit einem Kieselstein, den er zugespitzt hatte, eine Menge Quader aus dem Eis und errichtete daraus einen schlanken Turm; dann hieb er aus einem Eisquader eine Linse, sammelte darin die Sonnenstrahlen, damit sie auf den zugefrorenen Ozean fielen, und als sich dann auch gleich Wasser im Brennpunkt zeigte, schöpfte Kreatius es mit den Händen ab und klatschte es gegen den Eisturm. Das Wasser strömte herab und gefror, verband die Eisquader miteinander und verlieh ihnen einen glänzenden glatten Überzug; schließlich stand der Konstrukteur vor einer Kristallrakete, die er aus weißem Eis errichtet hatte. „Das Schiff hätten wir", sagte er, „jetzt fehlt nur noch der Antrieb..."
Er durchsuchte den Mond, fand aber weder eine Uranspur darauf noch eine Spur anderer starker Elemente. „Schade", sagte er, „aber anders geht es nicht, ich muß meinen Verstand anreißen..." Und er öffnete sich den Kopf. Sein Hirn bestand nämlich nicht aus Materie, sondern aus Antimaterie, und lediglich durch die hauchdünne Schicht der magnetischen Abstoßung zwischen den Wänden des Schädels und den kristallinen denkenden Hemisphären konnte es existieren. Kreatius schnitt in die Eiswand eine Öffnung, bestieg die Rakete, verschloß die Luke hinter sich, begoß sie mit Wasser, damit die Tür zufror, setzte sich auf den eisigen Boden, brach einen Krümel von der Größe eines Sandkorns aus dem Kopf und warf ihn auf das Eis unter sich. Sogleich blendete ein schrecklicher Schein sein eisiges Gefängnis, die Rakete erbebte ganz, Feuer schlug durch die Öffnung in ihrem Boden, und sie flog in den Raum, aber nicht lange reichte dieser Schwung, Kreatius mußte erneut auf seinen Verstand im Kopf zurückgreifen, ja, selbst ein drittes und viertes Mal, nunmehr voller Unruhe, denn er fühlte, wie sein Hirn kleiner und dadurch schwächer wurde. Doch gerade da gelangte die Rakete in die Atmosphäre des Planeten und begann zu sinken, und sie schmolz durch Reibung an der Luft, so daß sie immer kleiner wurde und schließlich nur ein vollgerußter Eiszapfen übrigblieb, aber in dem gleichen Augenblick betrat Kreatius mit beiden Beinen festen Boden, verschloß seinen Kopf, besserte ihn ein wenig auf und ging dann rasch in den Palast, denn es war bereits höchste Zeit, weil
die Uhren zwölf zu schlagen begannen.
Der König staunte entsetzt, seine Wangen und seine Augen funkelten und die Stirn, gehärtet von kochendem Zorn, verdüsterte sich, denn er hatte bereits gehofft, daß Kreatius nicht zurückkommen werde, da er ihn seiner hilfreichen Funken beraubt hatte. Er hatte sie selbst mitsamt der Schachtel in der Schatzkammer verschließen lassen. „Gut!" sagte er. „Mag sein! Hier die dritte Probe, die, wie ich meine, ziemlich leicht ist... Ich lasse die Tore der Stadt öffnen, damit du fortlaufen kannst, und auf deine Spuren hetze ich ein Rudel Jagdroboter, damit sie dich einholen und dich mit ihrem Stahl in Stücke reißen. Gelingt es dir, ihnen zu entkommen und morgen um die gleiche Zeit vor mir zu erscheinen, wirst du frei sein!" „Gut'', erwiderte der Konstrukteur, „doch zuerst bitte ich dich um eine Nadel ..." Der König lachte.
„Mag sein, damit du später nicht sagst, ich hätte dir meine Gnade verweigert. Reicht ihm sofort eine goldene Nadel!"
„Nein, gnädiger Herr!" erwiderte Kreatius. „Ich möchte nur
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