Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt
vorbei. Miss Huffington stand auf und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab, während der Aufseher ungeschickt seinen Hosenstall schloss.
Melissa stellte erstaunt fest, dass sie fast so sehr zitterte wie der Mann. Ihr war flau im Magen. Schweiß glänzte auf ihrer Stirn. Dann hatte sie eine Vision, ähnlich einer Szene aus einem allzu lebhaften Albtraum. Mit dem Unterschied, dass dieser Albtraum verdammt real war – eine Erinnerung, die sie am liebsten für immer aus ihrem Gedächtnis verbannt hätte. Sie war über Mark Cheneys Schreibtisch gebeugt, während sein schwerer Körper sie nach unten drückte, und die massiven Holzbeine erzitterten jedes Mal, wenn er gegen sie stieß. Sie erinnerte sich an die schmucklose Wand hinter dem Schreibtisch, die nur vom Diplom irgendeiner Universität aus den Südstaaten und einem gerahmten Autogramm von Präsident Ronald Reagan geziert wurde. Sie würde Reagan nie wieder ansehen können, ohne an diese furchtbaren Momente in Cheneys Büro zu denken.
Miss Huffingtons Hand blitzte auf und versetzte der Wange des Manns einen Schlag. »Sie sind erbärmlich.«
Der Wärter rieb sich die Wange. Er sagte nichts.
»Ich gehe allerdings davon aus, dass wir uns jetzt handelseinig sind.«
Er nickte. »Jaja. Okay.«
»Gut. Erstatten Sie mir sofort Bericht, wenn Sie Cheney getötet und seine Leiche beseitigt haben.«
Melissa schluckte.
Heilige Scheiße!
Es hatte von Anfang an so geklungen, als würden die beiden über einen Auftragsmord reden, aber sie war davon ausgegangen, das Ganze einfach missverstanden zu haben. Irrtum, es ging wirklich darum, jemanden umzubringen. Und nicht nur das, es handelte sich dabei auch noch exakt um die Person auf der Welt, der sie den Tod wirklich wünschte.
Vielleicht war Miss Huffington doch gar nicht so übel.
Irgendetwas lenkte Miss Huffingtons Aufmerksamkeit auf das mattierte Guckfenster am Hintereingang. Die Schulleiterin zuckte zusammen und ging näher, um mit gereckter Hüfte durch die Scheibe zu spähen.
Dann fuhr ihr Kopf herum. »Wir haben Eindringlinge auf dem Gelände.«
Die Hand des Wärters bewegte sich zur Waffe, die im Halfter an seinem Gürtel steckte. »Ich werde sie abwimmeln.«
Miss Huffington richtete sich auf. »Das wird nicht nötig sein. Die taumeln alle und können sich kaum aufrecht halten. Ich vertreibe das besoffene Gesindel selbst. Sie gehen zurück auf Ihren Posten und fangen Cheney ab. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«
Der Aufseher nickte, drehte sich um und eilte davon.
Miss Huffington drückte den metallischen Griff in der Mitte der Pforte herunter und trat ins Freie, nahm sich dann einen Moment Zeit, um mit einem bereitliegenden Ziegelstein zu verhindern, dass die Tür hinter ihr wieder ins Schloss fiel. Dann verschwand sie in der Dunkelheit dahinter. Sie hörten ihre strikte Stimme, als sie die Eindringlinge aufforderte, das Grundstück zu verlassen.
David lehnte sich ganz dicht zu Melissa herüber und flüsterte ihr ins Ohr: »Was ist da los? Warum ruft sie nicht einfach die Polizei, um sie abholen zu lassen?«
Melissa verharrte selbstsicher an den Torbogen gelehnt, wendete aber den Kopf, um David anzusehen. »Hast du nicht gehört? Sie wollen Mr. Cheney töten. Polizei ist das Allerletzte, was sie im Moment hier gebrauchen können.«
Lindy ließ ein verängstigtes leises Wimmern hören. Sie drängte sich an Melissa vorbei, um selbst einen Blick in den Gang zu erhaschen. »Das ist mir alles zu viel. Ich finde, wir sollten in unsere Zimmer zurück, solange wir noch eine Chance haben. Wenn sie uns finden und herauskriegen, dass wir alles mit angehört haben ...«
Lindys Stimme verebbte und sie wimmerte wieder.
Melissa sah sie an. Die Augen des Mädchens glänzten vor Tränen. So sehr sie sich wünschte, diesen Ort zu verlassen, musste sie doch zugeben, dass Lindys Idee unter den gegebenen Umständen vernünftig klang. Miss Huffington ließ Cheney aus dem Weg schaffen. Das würde die Sache für eine Weile deutlich erträglicher machen und ihr Zeit geben, einen effizienteren Fluchtplan auszuarbeiten.
Sie seufzte. »Okay. Du hast wahrscheinlich –«
Ein hoher, schriller Schrei schnitt ihr das Wort ab.
Lindy stieß ihrerseits ein entsetztes Kreischen aus und Melissas Kopf schnellte wieder zur offen stehenden Hintertür. Sie sah eine vage Andeutung von Bewegung in der Schwärze und trat vom Bogen weg in den Gang hinein.
David legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Melissa, nein! Was machst du
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