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Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Diehl , Thomas Heise , Claas Meyer-Heuer
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daher zurechnen lassen. Sie wurde mit Wissen und Billigung der Vereinsorgane begangen und steht im inneren Zusammenhang mit dem Verein.«
    Zwar wird das Ermittlungsverfahren zu dem Komplott schließlich eingestellt, doch erkennt der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof ( VGH ) auch später noch »zahlreiche Indizien« für die Verschwörung. Einen Eilantrag der Hells Angels gegen den Sofortvollzug des Verbots weist der Erste Senat im Januar 2012 daher zurück: Das straffällige Verhalten der Mitglieder rechtfertige bei einer Gesamtschau die Annahme, dass es den Charakter des Vereins präge, teilt der VGH mit. »Die Einschätzung des Innenministeriums, Vereinszweck sei auch eine Gebiets- und Machtentfaltung auf dem kriminellen Sektor, ist daher nach derzeitigem Sach- und Kenntnisstand ohne weiteres nachvollziehbar.« Damit ist das Charter »Borderland« Geschichte.
    »Westend« am Ende
    Der Einsatz beginnt am 29. September 2011 gegen 19 Uhr an einem Briefkasten in der hessischen Provinz. Im beschaulichen Beselich bei Limburg an der Lahn stehen Kriminalbeamte vor dem Privathaus des Hells-Angels-Bosses Walter Burkard, genannt »Schnitzel-Walter«, und werfen eine zwanzigseitige Verfügung des hessischen Innenministers in den Schlitz. Das Verbot einer Rockerclub-Filiale ist damit offiziell zugestellt.
    Gut 50 Kilometer weiter südlich setzen sich daraufhin 45 Beamte eines Spezialeinsatzkommandos in Bewegung, um in den Clubheimen der beiden Frankfurter Hells-Angels-Charter »Westend« und »Frankfurt« Vereinsschilder abzuschrauben, Spinde zu kontrollieren und Lederjacken zu beschlagnahmen. Auf diese Weise, so beschreibt Hessens Innenminister Boris Rhein seine Zielsetzung, gehe den Rockern »der organisatorische Zusammenhalt verloren«.
    Viele Hells Angels, denen der CDU -Mann »lupenreine« Kriminalität bescheinigt, seien den Behörden bereits aufgefallen. Die Clubs bestünden »keineswegs nur aus harmlosen Motorradfahrern, viele Mitglieder sind wegen Gewalt-, Drogen- oder Waffendelikten polizeibekannt«, so Rhein. Ja, 17 Mitglieder des Charters »Westend« hätten gar kein Motorrad auf ihren Namen angemeldet, und etwa fünf Mitglieder besäßen nicht einmal den nötigen Führerschein.
    Vielmehr dienen die beiden Frankfurter Clubs nach Ansicht des Innenministeriums allein dem Zweck, in einem bestimmten Gebiet kriminelle Macht zu entfalten. Die Gründung von Ersatzorganisationen wird den Höllenengeln deshalb ebenfalls untersagt. Die Kennzeichen der Vereine dürfen weder in der Öffentlichkeit verwendet noch weiterverbreitet werden. Außerdem wird das Vereinsvermögen beschlagnahmt, um den Chartern die finanzielle Grundlage zu entziehen.
    Für die MC-Landschaft sind diese Verbote der bislang schwerste Schlag. Gerade das Charter »Westend« um ihren Anführer Walter Burkard gilt als eines der mächtigsten und finanziell potentesten im gesamten Bundesgebiet. Mitglieder des Clubs kontrollieren weite Teile des umsatzstarken Frankfurter Rotlichtmilieus. Auch zu Prominenten aus der Unterhaltungsbranche pflegen sie freundschaftliche Kontakte. Zudem ist der CDU -Politiker Rhein zuletzt selbst in die Nähe der Rocker gerückt worden. Der SPIEGEL enthüllt im September 2011 angebliche Kontakte des hessischen Innenministers zu den Angels.
    In einem Telefonat mit Angels-Sprecher »Django« Triller hat sich Rocker-Anführer Walter Burkard knapp ein Jahr zuvor nämlich mit guten Verbindungen zu Rhein gebrüstet – vor den Ohren der Polizei, die das Gespräch abhört. Der Minister, so der Frankfurter Chefrocker Burkard, sei den Angels schon einmal hilfreich gewesen, als sie »ein großes Problem mit dene Rumäneweiber hier bei uns uff de Straße« gehabt hätten. Weiter heißt es in der behördlichen Abschrift, der Politiker könne daher möglicherweise auch bei einer anderen Angelegenheit nützlich sein. Gemeint ist ein bereits wiederholt gefordertes Vereinsverbot.
    Rhein verteidigt sich: Er sei bei einem von Journalisten begleiteten Besuch im Bahnhofsviertel zwar von Bordellbetreibern angesprochen worden, aber dass die etwas mit den Hells Angels zu tun gehabt haben könnten, habe er nicht gewusst. Damit ist der CDU -Mann wahrscheinlich einer der wenigen in Frankfurt, denen die Stellung der Rocker im dortigen Rotlichtmilieu lange Zeit verborgen geblieben ist.
    Der Politiker lässt jedenfalls mit dem SPIEGEL -Bericht schleunigst mitteilen, dass er weder Kontakte zu Hells Angels gehabt habe noch die Gruppierung unterstütze.

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