Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
allem nicht interne. Innerhalb des Clubs sollten wir miteinander auskommen und Frieden schließen.«
Zugleich wollen sie das gesamte Motorradclub-Milieu hinter sich versammeln, Motto: »Wenn wir fallen, fallen alle.« Daher wird den Höllenengeln dringend nahegelegt, künftig auf »sinnlose Machtdemonstrationen« zu verzichten. Statt sich neue Konkurrenten zu schaffen, sollten lieber Allianzen geschmiedet werden. »Da draußen sind Tonnen guter Leute, die uns unterstützen wollen. Holt sie nicht zu uns auf die Bühne, aber behandelt sie gut und gebt ihnen einen Platz in unserem Umfeld.«
Seinen eigenen großen Worten lässt Hells-Angels-Cheferklärer Rudolf »Django« Triller schnell Taten folgen. In einem Interview mit dem Szene-Fachblatt »Bikers News« wirbt er um den Rückhalt anderer Gangs: »Ich würde es begrüßen, wenn sich in Deutschland die Clubs mal an einen Tisch setzen. Denn dass die ganze Kampagne der Behörden auf die Hells Angels beschränkt ist, das kann ja nur ein Idiot glauben. Wenn sie mit uns fertig sind, dann kommen die anderen dran.«
Auf einer eigens eingerichteten Internetseite verbrämt die Presseabteilung der Hells Angels ihren Kampf gegen die Verbote sogar zur demokratischen Pflicht. Sie wollten »freiheitsfeindliche Winkelzüge der Regierung aufdecken und die Heucheleien von machtgierigen Politikern und Beamten entlarven«. Gerade die Bande, deren Angehörige das Grundrecht des Menschen auf körperliche Unversehrtheit immer wieder und auch im Wortsinne mit Füßen tritt, spielt sich nun öffentlich zu Verteidigern der Demokratie auf. Darf’s vielleicht noch etwas mehr sein?
KAPITEL 15 WER SCHNELLER SCHIESST, GEWINNT
Machtkampf in Berlin
Bewaffnet in der Hauptstadt
W enn man in seinem Auto quer durch die Hauptstadt Waffen kutschiert, sollte man nicht schneller fahren, als die Polizei erlaubt. Das ist sogar Laien auf dem Gebiet des Transportwesens klar. Ein 33 Jahre alter Unterstützer der Hells Angels muss von dieser goldenen Regel aber noch nichts gehört haben, denn er hat es an einem Donnerstagabend im März 2012 so eilig, dass eine Streife ihn stoppt.
Bei der Durchsuchung seines Autos finden Ermittler vier funktionsfähige Schusswaffen, einen selbstgebauten Schalldämpfer sowie Magazine mit Patronen verschiedener Kaliber. Im Einzelnen handelt es sich um eine halbautomatische Polizeipistole P1 mit entfernter Waffennummer, eine halbautomatische Selbstladepistole Automatic Kal. 6,35, eine Maschinenpistole Scorpion und eine vollautomatische Selbstladepistole Marke Eigenbau, ohne Waffennummer, mit Schraubgewinde am Lauf als Schalldämpfer.
Es ist eine Zeit, in der man sich als Rocker wohl besser hochgerüstet durch die Hauptstadt bewegt. Bandidos und Hells Angels bekämpfen sich bis aufs Blut, mit Hieb- und Stichwaffen wird mitten in Berlin aufeinander eingedroschen. Da tauchen Mitglieder der Gangs schon einmal mit einem Messer im Rücken in der Notaufnahme auf, angeblich ohne dass sie sagen können, wie es dazu kam. Rockerehre eben.
»Mehrere Durchschüsse in der Stahltür und Einschüsse im Mauerwerk« vermelden Beamte der Polizei nach einem Anschlag auf das Vereinsheim der Bandidos in der Streustraße. Es sei ein Racheakt gewesen, heißt es in der Szene, angeblich ging es um einen größeren Kokain-Deal, den die eine Gang der anderen vermasselt hatte.
Ein Lagebericht des LKA , datiert vom 25. April 2012, macht die Brisanz der Situation deutlich. In dem vertraulichen Papier (» VS – Nur für den Dienstgebrauch«) gelangen die Ermittler zu der Einschätzung, »dass der grundsätzlich bestehende Konflikt zwischen dem Bandidos MC und dem Hells Angels MC in Berlin aktuell eskaliert«. Es seien alle »Chapter« und »Charter« und auch die Unterstützer beider Clubs betroffen.
Eine zentrale Rolle sollen der Bandidos-Ableger »South Side« um Grischa Vowe auf der einen und der Hells-Angels-Club »Berlin City« um Kadir Padir auf der anderen Seite spielen. Die Fahnder gehen davon aus, dass bei den gezielten Angriffen auf Personen und Objekte der jeweiligen Gegenseite der Tod von Kontrahenten mindestens billigend in Kauf genommen wird.
Peinliche Polizeipanne
Das Chapter der Bandidos »South Side« in der Berliner Streustraße am Pfingstmontag 2012, kurz vor 16 Uhr. Während die wenigen gottesfürchtigen Berliner dem Herrn im Himmel danken, planen die Rockergangs der Stadt ein »dickes Ding«, wie es später ein LKA -Ermittler nennen wird. Von dem, was in den nächsten 24 Stunden
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