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Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Diehl , Thomas Heise , Claas Meyer-Heuer
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sich ziemlich gut.
    Strafrechtlich aber kommt bei der Revanche des Ulrich Detrois nicht viel heraus. Sieben Rocker werden wegen Raubes zu läppischen Bewährungsstrafen verurteilt. Eine Enttäuschung – sowohl für »Bad Boy Uli« als auch für die Ermittler.
    Umgehend verkracht sich der Ex-Rocker, der sich selbst eine »schwierige Persönlichkeit« bescheinigt, mit den Beamten. Angeblich seien sie einem Mordauftrag der Hells Angels gegen ihn nicht nachgegangen. Irgendwann, nachdem er alle üblichen Verdächtigen in der Berliner Politik informiert hat, schreibt Detrois in der Sache sogar dem Bundespräsidenten.
    »Bad Boy Uli« kennt kein Maß mehr – oder hat es nie gekannt. Denn den grenzenlosen Egoismus und die ungezügelte Egozentrik eines Berufskriminellen legen solche Männer auch als Kronzeugen nicht mehr ab.
    Alle Aussteiger leben inzwischen – ausgestattet mit neuen Identitäten – fern ihrer bisherigen Heimat. Ihr Leben, in dem der jeweilige Club zeitweilig das Wichtigste war, haben sie radikal ändern müssen: Keine Kontakte mehr zu alten Weggefährten, das ist die wichtigste Grundregel für jeden von ihnen.
    »Wenn man könnte, wie man wollte, würde man mich jetzt hier im Gerichtssaal vierteilen«, sagt Ex-Bandido D. vor dem Landgericht Münster und meint damit seine Freunde von früher, die knurrend auf den Bänken in seinem Rücken sitzen. Und dann spricht D. die wenigen Worte, die für einige Zeit im Saal stehen bleiben und nicht zu verklingen scheinen: »Ich bin zum Abschuss freigegeben. Ich bin Freiwild.«
    Es ist jedoch nicht bekannt, dass die Gangs in Deutschland jemals einen Ehemaligen, der sich zur Zusammenarbeit mit der Polizei entschloss, attackiert hätten. Oder, wie es ein Kriminalbeamter formuliert: »So blöd sind die auch nicht.«

KAPITEL 9 »ESCHLIS« ENDE
    Todesschüsse im Rotlicht
    Das Opfer: »Eschli Elten stirbt nicht im Bett«
    D as Vorstrafenregister des Rudi Heinz Elten, genannt »Eschli«, geboren am 24. Juni 1977 in Bottrop, gestorben am 8. Oktober 2009 gegen 20.25 Uhr auf einer Kreuzung im Duisburger Rotlichtviertel, liest sich wie der transkribierte Albtraum jedes Sozialarbeiters: räuberische Erpressung, Bedrohung, gefährliche Körperverletzung, Landfriedensbruch, Beleidigung und gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung. Darüber hinaus ermittelte die Polizei gegen Elten unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Drogenbesitzes, Verstößen gegen das Waffengesetz und Nötigung.
    Einmal soll der Heißsporn, den selbst seine Bandido-»Brüder« für einen »unbelehrbaren Typen« hielten, eine Frau so lange getreten und geschlagen haben, bis sie bewusstlos zusammenbrach. Die Geschundene habe für ihn anschaffen sollen, so die Ermittler. Noch im Krankenhaus habe er auf die Verletzte »eingewirkt«, notierte ein Beamter des Kriminalkommissariats 21 der Bochumer Polizei sichtlich schockiert.
    Zugleich ließ der massige Hooligan der Schalker »Gelsen-Szene«, der unter anderem als Türsteher, Geldeintreiber und Zuhälter Geld verdiente, seine Wäsche auch im Alter von mehr als 30 Jahren immer noch von seiner Mutter waschen. Die Rocker reden zwar viel von großer Freiheit und absoluter Unabhängigkeit, aber weichgespülte T-Shirts und ordentlich zusammengelegte Socken sind eben auch Werte an sich.
    Irgendwann, vielleicht mit der Rückendeckung der Bandidos, wagte Elten auch größere Geschäfte. Er vermittelte Prostituierte in westfälische Dorfpuffs, beteiligte sich an einem Bordell, vertickte wohl als Mittelsmann 1000 Kilogramm Rinderhack aus Holland und erwog zudem, ins Call-Center-Geschäft einzusteigen. Doch daraus wurde nichts mehr.
    Immerhin liefen die Geschäfte für Elten so gut, dass der offiziell arbeitslos Gemeldete eine Rolex Daytona am Handgelenk trug, deren Wert er selbst auf etwa 6500 Euro schätzte. Zugleich ließ er seinen Führerschein vom Arbeitsamt Gelsenkirchen sponsern. Der zuständige Sachbearbeiter fand die Bandidos nämlich voll »korrekt« und half gerne bei dem leider notwendigen Papierkram, wie es in einem Bericht der Kriminalpolizei heißt.
    Nein, man kann nicht sagen, dass Rudi Heinz Elten, genannt »Eschli«, ein besonders umgänglicher Zeitgenosse war, obschon es durchaus Kerle im Milieu gibt, die noch immer seine Geradlinigkeit preisen und den Umstand, dass er keine Angst kannte. In manchen Kreisen reicht das für eine einschlägige Karriere und einen guten Ruf, dabei sollte »Eschli« letztlich vor allem seine

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