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Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Diehl , Thomas Heise , Claas Meyer-Heuer
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muss. Umgebaut werden darf das Motorrad im Winter. Wenn das Bike länger als 30 Tage ausfällt, wird der nationale Anführer benachrichtigt und legt eine Strafe fest. Und auch wenn ein Bandido seine Harley vernachlässigt, geht das – wie bei einer Behörde – auf den Meldeweg und nach oben.
    Mit teutonischer Gründlichkeit arbeitet die Bandidos-Bürokratie, wenn es um die Kleiderordnung geht. Grundsätzlich darf jedes Mitglied nur eine Lederkutte haben, deren Aufnäher immer »sauber und gut lesbar« sein müssen. Eine Kombination der Weste mit Shorts oder Jogginghose ist nicht nur verpönt, sie ist per Satzung verboten. Aber selbst wenn der Rocker das richtige Beinkleid trägt, hat er noch nicht alle Voraussetzungen erfüllt.
    Bandidos dürfen ihre Mexikaner-Kutte nur anziehen, wenn sie mit der Harley unterwegs sind. Es kostet 500 Euro Strafe, wenn ein Mitglied das fast heilige Kleidungsstück anzieht und damit Auto fährt. Ausnahmen sind nur der Club-Elite zu besonderen Anlässen erlaubt: Als die Bandidos-Häuptlinge Peter Maczollek und Leslav Hause im Mai 2010 den Friedensvertrag mit den Hells Angels in Hannover unterschreiben, sind sie vorher im schwarzen 5er- BMW aus dem Ruhrgebiet angereist. Auch in der Welt der Rocker sind manche gleicher als andere.
    Der Bandidos MC möchte auch das Sozialverhalten der Mitglieder geregelt wissen. Punkt 5 der Satzung lautet: »Stehlen und übereinander schlecht reden wird nicht toleriert.« Ein Gummi-Paragraf, der jeden Chapter-Präsidenten mit viel Macht ausstattet. Der Chef entscheidet nach Gutsherrenart, wo die freie Meinung aufhört und das nicht tolerierbare Lästern beginnt. Wenn der Boss keine Kritik hören will, kann er sie auf diese Weise im Keim ersticken.
    In abgehörten Telefonaten lässt sich verfolgen, dass die Häuptlinge Peter Maczollek und Leslav Hause immer wieder besprechen, wie das Miteinander im Motorradclub auszusehen hat: »Das Leben innerhalb der Bandido-Nation ist keine Demokratie, sondern eine Diktatur.«
    Die meisten Artikel der europäischen Bandidos-Verfassung regeln jedoch die Geldflüsse im Rockerclub. Jeder Ortsverein muss pro »Member«, »Prospect« oder »Hangaround« 47 Euro an die Landeskasse überweisen. Und zwar bis zum fünften Tag eines Monats. Falls das Geld zu spät auf dem Konto des National-Kassenwarts eingeht, werden 68 Euro Strafe fällig. Clubintern heißt der Monatsbeitrag »Donation« (Spende). Falls jemand das Geld nicht bezahlen kann, werden die höchsten Positionen im Club informiert.
    Im Mai 2008 meldet der Osnabrücker Präsident Wolfgang »Wolle« E. an das National-Office, dass er den Betrag nicht mehr zahlen könne. E.s finanzielle Lage hat sich im Jahr 2005 arg verschlechtert, weil er nach tödlichen Schüssen auf einen Rocker-Rivalen längere Zeit in Untersuchungshaft sitzt. Der selbstständige Spediteur handelte nach Ansicht der Richter allerdings in Notwehr und wird freigesprochen. Seine Firmenfinanzen kann das jedoch nicht mehr retten. Als Wolfgang E. gegenüber seinen »Brüdern« den Offenbarungseid leistet, hat der nationale Präsident Peter Maczollek das letzte Wort. Er entscheidet, dass der verdiente Rocker eine Zeit lang von der »Donation« befreit wird.
    Bei insgesamt etwa 1200 deutschen Bandidos kommen Monat für Monat beträchtliche Gebühren zusammen, im Jahr sind es knapp 700000 Euro. Ausgegeben wird das Geld unter anderem für den »National-Run«, das Pflichttreffen aller europäischen Bandidos. Die deutschen Banditen statten zudem ihre Anführer wie Peter Maczollek oder Leslav Hause mit einer Tankkarte und einem Clubhandy aus. Einmal im Jahr gibt es beim »Secretary-Meeting« eine Kassenprüfung. Die Finanzbeauftragten der einzelnen Chapter haben laut Satzung die Möglichkeit, die Einnahmen und Ausgaben des »National Office« gegenzurechnen. Ein Verwaltungsakt wie beim Naturschutzbund oder dem Taubenzüchter-Verband.
    Die Satzung der Rocker kümmert sich sogar um die Ausstattung der Clubheime. Unter Punkt 29 heißt es: »Alle europäischen Chapter müssen ein Clubhaus mit Telefon, Fax und Computer haben sowie eine SMS Nachricht erhalten können.« Die Vereinsheime haben zudem nachts von Rockern bewacht zu werden. Tagsüber reicht eine Alarmanlage. Die Nachtwächter wiederum sollen sich per SMS bei dem für Ordnung und Disziplin zuständigen »Sergeant at Arms« anmelden. Wer zu spät auf seinem Posten ist, muss zahlen: 135 Euro beispielsweise in Bochum.
    Kaum zu glauben, aber wahr: Die

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