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Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Diehl , Thomas Heise , Claas Meyer-Heuer
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. Allgemein gilt: Klicken bei einem Rocker die Handschellen, kümmert sich der jeweilige »Sergeant at Arms« um den Häftling.
    Da der in Bochum zuständige Waffenmeister Peter E. jedoch nicht schnell genug Geld für Eltens Anwalt in Holland auftreiben kann, drängt ihn der Präsident Peter Maczollek am Telefon zum Rücktritt von seinem Offiziersposten. Wäre Peter E. nicht selber eingeknickt, hätte ihn Maczollek vor der versammelten Truppe degradiert.
    Die Knacki-Fürsorge ist gleichzeitig Vorsorge. Die Rocker in der Staatsunterkunft sollen sich nicht alleingelassen fühlen. Wer die Solidarität der Gruppe spürt, verhält sich loyal und kooperiert nicht mit den Behörden. Einsame Rocker sind tickende Zeitbomben, so das Kalkül.
    In Thüringen beispielsweise fühlt sich der inhaftierte Vize-Präsident der Bandidos »Jena« von seinem Club verraten. Während er in seiner Zelle sitzt, hat er viel Zeit zum Nachdenken und freundet sich gedanklich mit dem Zeugenschutzprogramm des Staates an. Am Ende lässt der Rocker dem Landeskriminalamt durch seine Anwälte Gesprächsbereitschaft signalisieren und bricht sein Schweigegelübde. Durch seine Aussagen können mehrere schwere Straftaten aufgeklärt werden.
    Loyale Insassen haben bei den Bandidos sogar einen Anspruch auf Finanzhilfen, der sich aus der clubeigenen Verfassung ableitet. Punkt 31 der »Bandidos MC Europe Satzung« lautet: »Jeder, der im Gefängnis sitzt, vom Prospect angefangen, muss mindestens 135 Euro pro Monat erhalten.« Doch die sozialen Sicherungssysteme im Rockerstaat gehen in bestimmten Fällen über diesen Betrag weit hinaus. Als »Eschli« Elten in den Niederlanden brummt, übernimmt der Club die Miete seiner Gelsenkirchener Wohnung.
    Auch die Hells Angels kümmern sich um ihre Kollegen in den Stacheldrahtunterkünften. Höllenengel bezeichnen die Gefangenen als »Big House Crew«, ein feststehender Begriff, den alle auch ohne Übersetzung verstehen. Der Club betreibt eine Unterstützungsseite im Internet, auf der Adressen von einsitzenden Membern veröffentlicht werden und zu Brieffreundschaften aufgefordert wird. Wer ist mit der Solidarität ernst meint, kauft sich auf der Seite ein Support-T-Shirt für 20 britische Pfund.
    Aus der Verbotsverfügung gegen die Kieler Hells Angels vom Januar 2012 geht zudem hervor, dass weltweit alle Mitglieder der Gang in einen sogenannten »Defense-Fund« einzahlen müssen. Daraus werden unter anderem einsitzende Rocker sowie deren Familien unterstützt. Auch die »Honorarübernahme für beauftragte Rechtsanwälte« bestreitet der Club aus diesem Topf. Die Behörden werten die Finanzierung krimineller Mitglieder als Beleg für den strafgesetzwidrigen Zweck des Rockerclubs.
    Ähnlich interpretiert das hessische Innenministerium die Visiten der Rocker bei ihrem inhaftierten »Bruder« Nils H. Der Hells Angel hatte nach einem Streit um den Einlass in eine Frankfurter Diskothek einen Türsteher umgebracht und wurde wegen Totschlags zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Doch hinter Gittern bleibt Nils H. nie lange alleine. Zwischen dem 18. Januar 2009 und dem 16. Juni 2011 bekommt der Messerstecher 121-mal Besuch, davon 63-mal von den Hells Angels. Es werde in diesem Fall deutlich, so interpretieren die Beamten den regen Publikumsverkehr, dass Straffälligkeit nicht zu einer Ächtung durch den Club führe.
    Im Gegenteil: Ihre Treueschwüre inszenieren die Rocker auch gerne öffentlich. Im Sommer 2006 versammeln sich 30 Münchner Hells Angels vor der berühmten JVA Landsberg, aus der schon Adolf Hitler nach privilegierter Festungshaft gut erholt herausspazierte. Die Bier trinkenden Rocker blicken gespannt auf die schwere Eisentür des Eingangsportals. Ein Jubelschrei dröhnt durch die bayerische Vormittagsruhe, als Michael »Michi« M. durch die Pforte schreitet. Der über zwei Meter große Zuhälter – wahrscheinlich der körperlich größte Höllenengel in ganz Deutschland – trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift »Free all Angels«. Seine tätowierten Unterarme packen sich den ersten Kuttenträger und umschließen ihn. Michi, der Kuschelrocker.
    Es folgt der Höhepunkt der Wiedervereinigung. Der bärtige Präsident mit dem üppigen Bauch streift dem Ex-Knacki seine Rockerkutte mit den Insignien der Hells Angels über. Die Meute grölt. Das Ritual brennt sich bei allen Anwesenden ein und fördert den Mythos von der tapferen, unauflöslichen Bruderschaft. So entstehen psychologische Fixpunkte, an denen sich andere

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