ROD - Die Autobiografie
verdienen ein eigenes Kapitel.
INTERMEZZO
In welchem unser Held uns haarklein seine Frisuren auseinandersetzt.
E ine Gemeinsamkeit mit der Queen: Wir haben beide in den letzten fünfundvierzig Jahren unsere Frisur fast unverändert beibehalten. Nun, wenn man einmal etwas Passendes gefunden hat …
Im Fall Ihrer Majestät: sorgfältig gewaschen und gelegt. In meinem Fall: struppige Stacheln – ebenso sorgfältig hergerichtet, wie ich vielleicht hinzufügen sollte. Ihr glaubt, meine Haare stehen einfach so? Falsch. Darin steckt viel Arbeit.
Doch vor dem blonden Stachellook gab es den Bouffant oder, wie wir ihn nannten, den »Bouff« – »Ey Mann, Vorsicht, mein Bouff« oder »He! Lass meinen Bouff in Ruhe«. Man gab gut Acht auf seinen Bouff.
Der Bouffant war meine erste wichtige Haarentwicklung, nachdem das Beatnik-Ding seinen Reiz verloren und ich mich gewaschen hatte. Als ich Straßenmusik in Paris machte, sah ich Typen mit kolossalen, nach oben aufgedonnerten Frisuren und Fransen vor der Stirn und fand das toll. Nun wollte ich meine eigene Version kreieren. Das Geheimnis lag im Zurückkämmen und Föhnen. Das Kämmen war nicht das Problem, die Sache mit dem Föhnen war kompliziert, weil es in meinem Elternhaus keinen Haartrockner gab. Einen Fernseher schon – in der Hinsicht waren wir eine Vorzeigefamilie –, jedoch keinen Föhn. Die waren in den frühen Sechzigern Mangelware. Wollte man die Haare trocknen, hielt man sie einfach vors Feuer, oder man ging ganz nah an den offenen Backofen (davon war in der Gebrauchsanweisung dieses Geräts nicht die Rede), manchmal steckte man seinen Kopf sogar in die Bratröhre und buk sie gewissermaßen trocken.
Einen Bouff kann man aber nicht backen. Zumindest keinen guten. Zum Glück besaß meine Schwester einen Föhn und wohnte erfreulicherweise nur ein paar Häuser weiter. Ich sprang also aus dem Bad, trocknete mich ab, zog mich an, und ab ging es mit nassen Haaren rüber zu Mary. Da ich eine Menge Haar hatte, mit dem ich arbeiten konnte, war mein zurückgekämmter und geföhnter Bouffant gewaltig – man hätte ein Tablett darauf abstellen können. Dusty Springfield mit ihrem Beehive wirkte dagegen wie eine Anfängerin.
Natürlich bestand das Problem nicht darin, das Haar zum Stehen zu bringen, sondern es in der Position zu halten. Pflegeprodukte für Männer? Keine Chance. Die Do-it-yourself-Lösung war, einen Löffel Zucker in ein wenig Wasser einzurühren und das Haar unmittelbar vor der Föhnphase damit zu benetzen. Die Hitze des Föhns ließ den Zucker fest werden, und wenn man Glück hatte, erstarrte auch der Bouff.
Das war, was den Halt anging, die perfekte Lösung. Auf Dauer hatte sie jedoch ihre Nachteile. Morgens nach dem Aufwachen fühlte man sich, als habe einem jemand während der Nacht Zuckerwatte um die Ohren gehauen.
Und auch mit Zuckerpanzerung war man den Elementen ausgesetzt, besonders wenn man, wie ich es tat, abends zum Ausgehen die Londoner U-Bahn benutzte. Da unten erzeugen die Tunnel und das Rein- und Rausfahren der Züge ganz eigene Sog- und Druckwirkungen. Ihrer Ankunft gehen oft lange, starke Druckwellen über den Bahnsteig voraus. Man stelle sich also mich und meine Kumpel vor, wie wir sorgfältig für den Abend gestylt unten in der Archway Station stehen, wenn die Bahn herandonnert und wir uns gegen die Wand ducken, die Arme überm Kopf, um unsere Bouffs vor dem Einsturz zu bewahren.
Ich behielt den Bouffant bei, bis er sich während der Zeit mit der Jeff Beck Group zu einem Stachelkopf entwickelte. Diesen Look entwickelte ich zusammen mit Ronnie Wood, der auch in der Band war und ähnliche Haare hatte wie ich, nur ein bisschen dicker. Ronnie und ich machten uns damals immer gegenseitig die Haare – in Hotelzimmern oder bei unseren Eltern. Mit irgendeinem amateurhaften Topfschnittsystem gaben wir uns nicht zufrieden. Wir zogen die Haare zwischen Daumen und Zeigefinger glatt und schnippelten sie dann mit der Schere ab – ganz wie die Profis. Ständig unterbrachen wir die Prozedur, um den Prozess im Spiegel zu überprüfen. Auf diese Weise dauerte es jedes Mal ewig, stundenlang bemühten wir uns für den anderen. Was für eine wunderbare Verbindung da zwischen zwei Männern entstand! Die meisten Kerle hätten Sabotageakte am Haar des anderen verübt nach dem Motto: »Okay, fertig, ist in Ordnung so.« Wir nicht.
Die Idee war, so auszusehen, als wären wir nach einer Nacht beneidenswerter Ausschweifungen gerade aus dem Bett gefallen
Weitere Kostenlose Bücher