ROD - Die Autobiografie
gründen, und wollte wissen, ob ich mal mit ihm darüber reden wollte. Wir verabredeten uns für den nächsten Nachmittag an einem Ort, an dem es ruhiger und nüchterner zuging: dem Imperial War Museum. Wenn man an die Schlachten denkt, die wir noch austragen würden, war im Nachhinein gesehen das Kriegsmuseum durchaus ein passender Ort für unser Treffen,
Es wird behauptet, ich hätte Jeff Beck gehasst, doch das stimmte zu keinem Zeitpunkt der zweieinhalb Jahre, in denen wir zusammen in einer Band waren, und auch danach nicht. Zugegeben, es gab Phasen, in denen wir beide uns sehr anstrengen mussten, es in der Gegenwart des anderen auszuhalten, geschweige denn, dabei auch noch entspannt zu bleiben. Der Jeff Beck, den ich im Cromwellian kennenlernte, war ein ernsthafter, etwas unsicherer und manchmal ziemlich schroffer Typ. Er konnte schon ziemlich unnahbar sein, aber schließlich war er damals ein Star, deshalb ist das vielleicht verständlich. Die Band, die wir gründen wollten, sollte zwar nominell seine Band sein, die Rolle des Frontmanns war aber als Doppelspitze angelegt, deswegen waren die Konflikte vielleicht auch schon vorprogrammiert. Trotzdem respektierten wir uns gegenseitig. Ich schätzte die Art, wie er spielte, und er schätzte meine Stimme. Wir wussten, wenn wir uns zusammentaten, dann könnte daraus ziemlich außergewöhnliche Musik entstehen.
Doch all das lag noch vor uns, als wir an jenem Nachmittag durch das Museum schlenderten, vorbei an altertümlichem Kriegsgerät und ausgestellten Donnerbüchsen, und Jeff mir seine visionären Ideen einer neuen Rockgruppe darlegte. Er wollte sich in eine völlig gegensätzliche Richtung bewegen, weg vom Pop hin zum Chicago Blues, härter und schwerer. »Schmutziger Motown Rock« war eine weitere Beschreibung, die er gerne benutzte, weiße Rockmusik mit schwarzem Soul-Feeling. Den Posten des Sängers könnte ich haben, wenn ich wollte. Ich wollte, angetan von dieser Aussicht. Außerdem war ich arbeitslos.
Vorher wollte Jeff allerdings noch eine Solo-Single aufnehmen. Sein Manager Mickie Most, ein ziemliches Schlitzohr, dem man nicht nachsagen konnte, er würde eine Möglichkeit zum Geldverdienen auslassen, besaß seine eigene Vorstellung davon, wo Jeffs musikalische Zukunft lag. Er hatte einen Song mit dem Titel »Hi Ho Silver Lining« für ihn gefunden und Jeff einmal erklärt: »Das ganze Hendrix-Gegniedel gehört der Vergangenheit an.« Nur weil Most zu jener Zeit einer der mächtigen Männer im Musikbusiness war, konnte er so etwas zu Jeff sagen, ohne eine reingehauen zu bekommen. Jedenfalls war »Hi Ho Silver Lining« das exakte Gegenteil von Gegniedel: ein oberflächlicher Popsong mit dämlichem Text und aufgeblasenem Mitgröl- und Mitstampf-Refrain – und hätte damit nicht weiter entfernt sein können von dem, wofür Jeff sich interessierte. Er hasste den Song, und mir ging es genauso. Der Text war entsetzlich und kitschig bis zum Gehtnichtmehr.
Natürlich wurde aus dem Ding ein Monster-Hit, als es im März 1967 veröffentlicht wurde, genau wie Most es sich gedacht hatte. Gar nicht mal so sehr in den Single-Charts, wo es der Song nur auf Platz 14 schaffte, sondern durch die Langzeitwirkung, mit der er sich im kollektiven Unterbewusstsein breitmachte. In den folgenden vierzig Jahren war es in Großbritannien quasi gesetzlich vorgeschrieben, dass »Hi Ho Silver Lining« in allen Studenten-Discos und auf allen Dorffesten, Hochzeiten und Bar Mitzwas gespielt werden musste – eine Zuwiderhandlung wurde mit drakonischen Strafen belegt – und natürlich in sämtlichen Fußballstadien. Für Jeff, der von allen Leuten, die ich kannte, derjenige war, der sich aus kommerziellem Erfolg wirklich überhaupt nichts machte, entwickelte sich die Veröffentlichung des Songs zu einer gigantischen Bürde. Es war, so hat er sich selbst ausgedrückt, als ob er für den Rest seines Lebens mit einer rosa Klobrille um den Hals herumlaufen müsste.
Dabei hatte er einiges getan, um den Song nicht singen zu müssen. Jeff nahm mich mit zu den Aufnahmen, die Most produzierte, und wollte Most überzeugen, es sei eine gute Idee, wenn ich als Sänger von Jeffs neuer Band die Leadstimme bei »Hi Ho Silver Lining« übernehmen würde, zumal meine Stimme mehr Ausdruck hatte als Jeffs. Aber Most, dem meine Visage wohl noch nie richtig gepasst hatte, ging darauf gar nicht erst ein, deshalb sang ich nur Backing Vocals im Refrain, während Jeff an die Lead Vocals musste. Das Gleiche
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