Römer im Schatten der Geschichte
aber unter keinen Umständen ans Licht der Öffentlichkeit kommen. (
Traumbuch
5,2)
Dank der guten Rendite, die Investitionen ins ambulante Gewerbe abwarfen, wurde der Markt auch regelmäßig von Sklavenhaltern beliefert. So hatte die Sexindustrie einen steten Nachschub an Arbeitern, nicht nur in Person der Sklavenhalter, sondern auch in der von Kupplern, die bereit waren, in Bordellen, Gasthäusern oder Bädern freie Frauen anzustellen.
Hurenwirthschaft treibt, wer Sklavinnen des Gewinns halber gehalten hat, aber auch, wer mit freien Menschen diesen Gewinn treibt … Mag er übrigens hauptsächlich dieses Geschäft treiben, oder nebenbei sich mit einer anderen Beschäftigung abgeben, wie wenn er ein Gastwirth war, oder ein Stallwirth, und solche Sclavinnen hielt, welche bedienten und bei Gelegenheit der Bedienung [mit ihrem Körper] Gewinn trieben, oder wenn er ein Bademeister gewesen, der, wie es in einigen Provinzen geschieht, in den Bädern zur Bewachung der Kleider Sclavinnen der Art … gedungen hatte – so wird er der Strafe der Hurenwirthschaft verfallen. (Ulpian,
ad edictum – Über das Edikt
=
Digesten
3,2,4,2 – 3)
Der am besten organisierte Arbeitsplatz der Prostituierten war das Bordell. Von einem Bordell, dem Lupanar in Pompeji, wissen wir mit Sicherheit, dass es speziell für diesen Zweck erbaut wurde. Kombiniert man die Aufschlüsse, die sich daraus gewinnen lassen, mit literarischen Hinweisen, lässt sich ein anschauliches Bild eines Bordells entwerfen: Möglicherweise gab es eine Empfangsfläche, die sich, nur durch einen Vorhanggeschützt, zur Straße öffnete. Im Inneren gingen die Prostituierten herum und boten sich, hauchdünn bekleidet oder nackt, dem abschätzenden Blick potenzieller Kunden dar, oder sie saßen auf Stühlen oder Chaiselongues. Jede hatte einen kleinen Raum mit einem Bett aus Holz oder Backstein (Abb. 27; Taf. 24). Im Empfangsraum oder über der Tür der Kammern waren die besonderen Dienstleistungen der Frauen und vielleicht auch die Preise angegeben. Zum Herumschlendern war in den einzelnen Zellen wenig Raum, sie dienten offenbar nur dem Kerngeschäft. Privatsphäre schien kein Anliegen zu sein; es gibt kaum Hinweise auf Vorhänge an den Eingängen der einzelnen Kammern und nicht einen auf eine Tür. Mit anderen Worten, das Freudenhaus scheint kein Ort der Geselligkeit und der Unterhaltung gewesen zu sein, denen das sexuelle Vergnügen folgte. Das Bordell war sehr wahrscheinlich schwacherleuchtet und verschmutzt – allerdings sah es an den meisten Orten, wo gewöhnliche Menschen zusammenkamen, nicht anders aus.
Abb. 27. Ein Bordell: Das einzige archäologisch identifizierte Bordell der römischgriechischen Welt befindet sich im Haus der Lupanare in Pompeji. Hier standen den Prostituierten kleine Kämmerchen zur Verfügung. Über jedem Eingang war die Wand mit erotischen Malereien geschmückt.
Eine prägnante Skizze solcher Bordelle enthalten Petrons
Satyrica
. Enkolpius hat seinen Geliebten Askyltos aus den Augen verloren. Auf der Suche nach ihm fragt er eine alte Frau, die auf der Straße Gemüse verkauft: »Weißt du, wo ich wohne?« Die schlaue Alte bejaht und führt ihn – in ein Bordell.
Als ich jetzt sagte, es sei nicht das richtige Haus, sehe ich ein paar Männer zwischen Schildern und nackten Huren verstohlen umherschleichen. Mit Verspätung, nein erst zu spät wurde mir klar, dass man mich in ein Freudenhaus verschleppt hatte. So ließ ich einen Fluch … los … und nahm einen Anlauf, quer durch das Bordell ins Hinterhaus zu entkommen: sieh einmal an, da läuft mir … Askyltos in die Arme … So begrüßte ich ihn lachend und fragte, was er an diesem verrufenen Ort zu suchen habe. Er wischte sich mit beiden Händen den Schweiß ab und sagte: »Wenn du wüßtest, was mir zugestoßen ist!« »Was gibt es?«, sprach ich. Da sagte er, fast am Ende seiner Kräfte: »Als ich in der ganzen Stadt umherirrte und nicht darauf kam, wo ich die Herbergstür hinter mir zugemacht hatte, trat ein seriöser Herr zu mir und erbot sich mit den liebenswürdigsten Worten, mir den Weg zu zeigen. Als er dann kreuz und quer die finstersten Gassen passiert hatte, brachte er mich hierher, zog die Börse und machte mir den Antrag, ihm zu Willen zu sein. Schon hatte eine Hure als Leihgebühr für ihre Zelle einen Groschen eingezogen, schon hatte der Mann mich gepackt, und wenn ich nicht der Stärkere gewesen wäre, hätte er mir übel mitgespielt.«
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