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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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er nicht sogar ihr Besitzer war. In eigenem Namen oder als Agent für einen vermögenden Investor kassierte er einen großen Teil des Verdiensts der Mädchen, ein Drittel bestimmt, sehr wahrscheinlich mehr. Wenn er für Unterbringung, Kleidung oder Nahrung aufkam, wurde das alles vom Verdienst abgezogen. Die Frau war machtlos dagegen, buchstäblich im Fall der Sklavin, de facto, wenn sie eine Freie war. Trotz guter Einkommensaussichten blieb einer typischen Prostituierten letzten Endes nur ein kleiner Nettolohn, und natürlich war die zwielichtige Atmosphäre der Bordelle, Kneipen und Straßenecken, wo schnelles Geld locker saß, nicht geeignet, zu umsichtigen Sparplänen anzuregen. Aber wir sollten die Freudenmädchen nicht unter ihrem Wert verkaufen. Es scheint, dass viele von ihnen mit der Zeit zu Freigelassenen wurden, sie müssen also nicht nur genug verdient haben, um sich aus der Sklaverei freizukaufen, sondern auch nach dem Freikauf im Geschäft geblieben sein. Ein paar wurden vielleicht zu Madams und setzten ihr Gewerbe indirekt fort. Eine gewisse Vibia Calybe begann als versklavte Prostituierte und stieg als Freigelassene zur Verwalterin des Freudenhauses ihrer ehemaligen Besitzerin auf:
     
    Vibia Chresta, Freigelassene des Lucius, errichtete dies Grabmal für sich und die Ihren, und für Gaius Rustius Thalassus, Freigelassener des Gaius, ihren Sohn, und für Vibia Calybe, ihre Freigelassene und Bordellverwalterin. Chresta hat die Gedenkstätte ganz aus ihrem eigenen Verdienst gebaut, ohne irgendjemanden zu betrügen. Dies Grab soll nicht von den Erben benutzt werden! (
CIL
IX 2029 =
ILS
8287, Benevent)
     
    In einem gewagten lyrischen Versuch zu Ehren des phallischen Gottes Priapus wird der Erfolg einer anderen Sklavendirne gefeiert:
     
    Telethusa, bekannt unter den Mädchen der Subura, / die, glaube ich, durch ihr Gewerbe frei geworden ist, / bekränzt das Glied dir, Heiliger, mit einem vergoldeten Kranz: / Diese sehen die geilen Dirnen ganz wie die höchste Gottheit an. (
Carmina Priapea
40)
     
    Es spricht für sich, dass Artemidor dem Traum von einer Prostituierten künftige Erfolge zuschreibt:
     
    Die Frauenzimmer jedoch haben mit dem Ort nichts gemein; sie selbst bedeuten Glück, nur der Ort nicht. Deshalb ist es günstiger, im Traum herumstreichende Hetären zu sehen. Glückbringend sind auch die, welche vor dem Bordell ihre Reize zur Schau stellen, die etwas verkaufen und den Liebeslohn kassieren … (
Traumbuch
1,78; vgl. 4,9)
     
    Andererseits müssen viele, von allen vergessen, früh in Armut und Elend gestorben sein, ein Schicksal, das auch für zahlreiche andere gewöhnliche Menschen nichts Ungewöhnliches war, falls ihre Möglichkeiten zum Erwerb eines wenn auch nur geringen Einkommen altersbedingt oder aufgrund misslicher Umstände schwanden. Eine weitere Deutung Artemidors weist in diese Richtung:
     
    Eine Frau, die vom eigenen Fleisch ißt, wird huren und sich auf diese Weise durch den eigenen Körper ernähren. (
Traumbuch
3,23)
     
    Im nordafrikanischen Bulla Regia wurde das Skelett einer Sklavin gefunden, der ein Bleiband um den Hals gebunden war – eine Aufforderung an jeden, der sie außerhalb der Stadt antraf, sie aufzuhalten und zurückzubringen. Darauf stand: »Dies ist eine betrügerische Hure! Ergreift sie, denn sie ist aus Bulla Regia entflohen!« (
AE
1996, 1732, Hammam Derradji,Tunesien). Ihr Leben kann nichts anderes gewesen sein als reiner Horror (vgl. Taf. 22).
    An Dirnen herrschte kein Mangel. Einige wurden in die Prostitution gezwungen, vielleicht von einer Familie, die dem Verhungern nahe war, wie es in einem Dokument aus Ägypten anschaulich dargestellt ist. Ein gewisser Diodemos, Ratsherr in Alexandria, fasst eine Zuneigung zu einer Prostituierten, verbringt viele Abende mit ihr und ermordet sie dann. Er wird festgenommen und legt schließlich ein Geständnis ab:
     
    Und die Mutter der Prostituierten, eine gewisse Theodora, eine arme alte Frau, verlangte, Diodemos solle gezwungen werden, ihr eine Unterhaltszahlung zu leisten als kleine Entschädigung [vermutlich für den Verlust der Tochter]. Denn sie sagte: »Aus diesem Grund habe ich meine Tochter an den Bordellverwalter gegeben, damit ich ein Auskommen habe. Da ich durch den Tod meiner Tochter der Unterhaltsmittel beraubt bin, bitte ich darum, dass man mir den bescheidenen Bedarf einer Frau für meinen Unterhalt gibt.« Der Präfekt sagte [zu Diodemos]: »Du hast eine Frau ermordet, die ihr Schicksal unter den

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