Römer im Schatten der Geschichte
Reisenden angreifen. Ein Habicht oder Wolf im Traum bedeutet einen Banditen oder Räuber.
Gestohlenes war nur schwer wiederzuerlangen. Formelle polizeiliche Ermittlungen gab es nicht, allerdings hatten Beamte die Möglichkeit einzugreifen, falls sie das wünschten. Als Lucius im
Goldenen Esel
angeklagt wird, seinen Gastgeber beraubt zu haben und geflohen zu sein, gehen Beamte der Sache nach, foltern Lucius’ Sklaven und schicken Mitarbeiter nach Korinth, um den Gesuchten zu finden. In der Regel aber blieb es den Opfern selbst überlassen, das Geraubte sowie den Dieb aufzuspüren. Dabei konnte man sich der Hilfe eines Gottes versichern. Ein anderer Weg war die Befragung der Sterne. Das
Carmen
enthält zahlreicheHoroskope, die angeben, wo man nach gestohlenem oder verlorenem Eigentum suchen soll:
… im Mist der Schafe oder in den Schlupfwinkeln der Tiere … in den Essen der Schmiede … in oder nahe einem Meer oder in einer Quelle oder einem Strom oder einem Tal oder einem Fluss oder einem Kanal oder einem Ort, in dem Wasser ist …
(Carmen 5,35)
Gestohlen wurden Güter aller Art: kostbares Tuch, Kleidungsstücke, Schmuck und Parfüm, Werkzeug für Bau und Landwirtschaft, Metall, Keramik, religiöse Figuren, Bücher und Geschäftsbücher, ebenso aber auch ganz gewöhnlicher, alltäglicher »derber und grober« Besitz. Mit Diebesgut ließ sich leicht handeln; niemand stellte Fragen nach der Herkunft. Dem
Carmen
zufolge wurden häufig Sklaven und Sklavinnen als Hehler benutzt. Als Hehler betätigten sich aber auch wohlhabende Männer mit guten Beziehungen.
Wie die gestohlenen Objekte waren auch die Diebe zahlreich und unterschiedlichster Art. Es konnten Bekannte sein, völlig Fremde oder auch Nahestehende; ein Dieb, »ist zum Gespräch eingetreten und zwischen ihm und den Leuten des Hauses besteht Freundschaft und sie setzen Vertrauen in diesen Mann, aber dann stiehlt er« (
Carmen
5,35). Sie konnten jung sein, mittleren Alters oder alt. Auch unter ihnen waren gewöhnlich Sklaven. Ansatzpunkte und Methoden differierten: Da waren die Gelegenheitsdiebe, die sich zum Beispiel aus anderem Grund im Haus aufhielten, etwas Verlockendes sahen und es einsteckten. Oder List und Tücke kamen ins Spiel. Oder man grub sich durch eine Wand, brach ein Schloss auf, besorgte sich Kopien von Schlüsseln oder schlich durch ein Dachfenster ins Innere.
Bei der Suche nach dem Täter ist es von Vorteil, wenn man weiß, wie er aussieht. Zum Glück konnten andernfalls die Sterne eine Beschreibung liefern, abhängig vom dominierenden Planeten in den Horoskopen:
Jupiter: weiß, fett, groß in den Augen, das Weiß seiner Augen wird kleiner sein, als es sein muss wegen der Größe dieses Auges; und ihre Bärte werden rund und lockig sein, ihre Persönlichkeit freundlich und gut; Saturn: abstoßend von Gesicht, von schwarzer Farbe, den Blick auf den Boden gerichtet, geschwächte und kleine Augen, schlank, ein krummer Blick, von fahlerFarbe, viel Körperhaar und buschige Brauen, ein Lügner und kränklich; Mars: von roter Farbe, rötliches Haar, scharfer Blick, fette Wangen, ein fröhlicher Bursche, ein Meister der Spaßes; Venus: hübsch, ein Kopf mit vollem Haar, fett, schwarzäugig, bleiche Haut, freundlich und höflich; Merkur: schlank, ausgemergelt, bleich, unklar im Denken.
(Carmen 5,35)
Allen Informationen lässt sich entnehmen, dass Diebstahl den Menschen ernstlich zu schaffen machte. Rechnet man zum Diebstahl auch Sklavenbesitz, der sich davonstiehlt – das vielleicht wertbeständigste und zweifellos beweglichste Gut –, wird dieses Problem im
Carmen
ebenso ausführlich behandelt wie das Thema Ehe und Familie. In der Literatur sind Diebe und Diebstahl allgegenwärtig. Anspielungen darauf sind über das Neue Testament verstreut: Der Tod kommt »wie ein Dieb in der Nacht« (Thessalonicher 5,12); »Sammelt euch aber Schätze im Himmel, da sie weder Motten noch Rost fressen und da die Diebe nicht nachgraben noch stehlen« (Matthäus 6,20); »Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausherr wüßte, zu welcher Stunde der Dieb käme, so wachte er und ließe nicht in sein Haus brechen« (Lukas 12,39); »Ein Dieb kommt nur, daß er stehle, würge und umbringe« (Johannes 10,10); »Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb in der Nacht« (2. Petrus 3,10). Gewalttätige Angriffe auf Personen und Eigentum finden sich häufig bei Apuleius. Die Ängste waren umso größer, als die Behörden sich bestenfalls mangelhaft
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