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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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erschwert. Die Freigelassenen dagegen stiegen offenkundig in großer Zahl mit der finanziellen Unterstützung ihrer Herren ins Geschäftsleben ein, wo einige von ihnen möglicherweise schon als Sklaven tätig gewesen waren. Für den Besitzer war es die beste Lösung, denn er brauchte verlässliche Personen, die zu seinem Vorteil arbeiteten. Wenn er Sklaven einsetzte, die rechtlich Teil seines Besitzes waren, und Freigelassene, die ihm durch Bindungen und Verpflichtungen nahestanden, war eine gute Geschäftsführung praktisch gesichert. Der Rechtsexperte Gaius bestätigt das: »Ein rechtmäßiger Grund zur Freilassung liegt z. B. vor, wenn jemand … einen Sklaven, den er als Bevollmächtigten
(procurator)
haben will, … vor dem Beirat freiläßt« (
Institutionen
1,19). Dank Sklaven und Freigelassenen konnten die Geschäfte der Elite abgewickelt werden,ohne dass man das Risiko einging, freien Partnern oder Agenten zu vertrauen, oder sich selbst die Finger schmutzig machte.
    Für den Sklaven auf dem Weg zur Freiheit hielt der Herr einen doppelten Ansporn für vollen Einsatz bereit: das Versprechen der Freilassung für gute Arbeit und die Möglichkeit, selbst Geld zu verdienen und zu behalten, einen Spargroschen
(peculium),
der mit Blick auf den Tag der Freiheit zurückgelegt werden durfte. Die anhaltende Beziehung eines Freigelassenen zu seinem Patron war weit verbreitet. Sie konnte völlig fehlen – wenn der Patron starb oder wenn mit der Bezahlung für die Freiheit alle Bindungen durchtrennt waren –, konnte aber auch sehr eng sein, wenn der Freigelassene weiterhin im Haushalt des Patrons verblieb. Doch den Ausgangspunkt hatte der Erfolg eines Freigelassenen direkt in seinem alten Leben – den Erfahrungen unter seinem Herrn und den Chancen, die sie eröffneten.
    Eine erstaunliche Parallele bietet ein Zeugnis aus Brasilien:
     
    Sklaven, die sich in solchen Aufsichtspositionen als geschickt und verantwortungsvoll bewährten, wurden häufig für treue Dienste belohnt. Ihre Besitzer erlaubten ihnen, Eigentum zu eigenem Gebrauch zu erwerben, eingeschlossen Land und andere Sklaven, und sich schließlich durch Kauf ihrer selbst ihre Freiheit zu verdienen. Solche Freigelassenen blieben oft weiterhin in einer Kundenbeziehung zu ihren früheren Besitzern, so dass die Verfügung eines Sklaven oder einer Sklavin über die eigene Person und andere Sklaven für einen Sklavenbesitzer keine Bedrohung darstellte. Vielmehr erhöhte der Erfolg solcher Sklaven eher Status und Stellung des Sklavenbesitzers in der Gesellschaft, denn die Führung von Menschen war eine Funktion von hohem gesellschaftlichen Ansehen. (Karasch,
Slave Life
)
     
    Das Leben eines Freigelassenen begann als Sklave, als Un-Person, im Haushalt seines Herrn, der
familia,
die ihn prägte. Mit der
manumissio
wurde er »wiedergeboren«, und der ihn freiließ, sein Herr, wurde zu seinem »Patron«, ein Wort mit derselben Wurzel wie
pater,
»Vater«. In Rechtstexten ist der Freigelassene einem Sohn gleichgesetzt. Die
Digesten
halten fest: »Durch den Freigelassenen
(liberatus)
oder den Sohn
(filius)
sollte die Person des Patrons oder Vaters immer geehrt und heilig gehalten werden.« Bei der offiziellen Namengebung eines römischen Bürgers ist der Vatersname durch den Namen des Patrons – die
filiatio
durchdie
libertatio
– ersetzt. Die einem Sohn auferlegten Beschränkungen und Pflichten glichen weithin denen für Freigelassene, obwohl diese in wichtigen Belangen freier waren als die Söhne, die der Autorität ihres Vaters unterstanden. Ein Sohn konnte zum Beispiel nicht heiraten oder selbstverdientes Geld behalten oder selbst Eigentümer sein – im Unterschied zu einem Freigelassenen. Beide konnten gegen den Patron bzw. Vater nicht Anklage erheben oder als Zeuge gegen ihn aussagen. Vor allem aber waren beide gehalten, den Vater bzw. Patron als die Quelle ihres Daseins zu ehren und ihm zu gehorchen. Gerade Gehorsam war für den aus dem Sklavenzustand entlassenen Freigelassenen die höchste Pflicht, so wie für Sohn und Tochter. Die enge Bindung an den Haushalt zeigt sich auch bei der Bestattung zusammen mit anderen Mitgliedern der
familia
. Hunderte von Inschriften sind Beispiele für diesen Brauch:
     
    Sextus Rubrius Logismos, Silberschmied, setzte in seinem Testament fest, dass dieses Grabmal errichtet werde für ihn selbst und Rubria Aura, seine Freigelassene, und Sextus Rubrius Saturninus, seinen Sohn, und alle seine Freigelassenen und deren Nachkommen.

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